15.07.2014rss_feed

ARD-Exclusiv Deutschlands Ferkelfabriken - Stellungnahme der ISN

Erschreckende Bilder wurden in der gestrigen Sendung ARD-Exclusiv Deutschlands Ferkelfabriken gezeigt. Die ISN meint dazu: Was zu sehen war, ist abschreckend und nicht akzeptabel!

 

Insbesondere die Bilder zur Nottötung entsprachen nicht unserer Vorstellung einer ordnungsgemäßen Praxis. Wenn hier nicht nach Gesetz und Ordnung gehandelt wurde, dann müssen unverzüglich die verantwortlichen Ordnungsbehörden einschreiten und Missstände rigoros abstellen. Ohne Wenn und Aber gilt: Recht und Gesetz gelten für alle! Wer sich daran nicht hält, schadet nicht nur sich selbst, sondern unserer ganzen Branche. An dieser Stelle ist die Verantwortung jedes einzelnen Tierhalters gefragt!


Keine sachliche Berichterstattung

Doch waren die Bilder beispielgebend für die ganze Branche? Nein! Auch wenn der Anschein einer sachlichen und neutralen Berichterstattung erweckt und scheinbar ein Querschnitt der deutschen Schweinehaltung gezeigt wurde, ist das mitnichten so. Es handelt sich hier um verschiedene Einzelfälle, die zugegeben erschreckend, aber nicht beispielhaft für alle Sauenhalter sind.

 

Erschreckend ist aber auch, dass illegale Filmaufnahmen, die durch Einbrüche in Ställe realisiert wurden, mit einer Selbstverständlichkeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden. Während doch sonst die Wahrung der Persönlichkeitsrechte in Deutschland so hoch gehalten wird, scheint das für Tierhalter in keiner Weise zu gelten. Kontrolle ist richtig, aber dann doch bitte von den zuständigen Behörden und nicht durch selbsternannte Gutmenschen, die die Gesetze ohne Hemmungen brechen. Ist das sachliche Berichterstattung, wenn schon das Drehbuch Massentierhaltung = schlecht den Inhalt der zu erzählenden Geschichte vorgibt? Die Zuschauer eines öffentlich-rechtlichen Senders dürfen mehr verlangen, als einseitig verurteilende Berichte.

 

Nüchterne Analyse gefordert

Die Branche ist sicherlich nicht frei von Fehlern, hier ist eine nüchterne Analyse angebracht. So hinterfragt die Branche schon seit Längerem, ob der Weg zu immer mehr geborenen Ferkeln je Wurf der Richtige ist. Die meisten Zuchtunternehmen haben bereits reagiert und den Zuchtschwerpunkt auf andere Merkmale wie z.B. Tierverhalten verlagert. Wenn hier insbesondere eine Zuchtrichtung den Weg in Richtung Wurfgröße unbeirrt weitergeht, ist das auch von Seiten der Schweinehalter zu kritisieren.

 

Was in der Berichterstattung aber ganz fehlt, sind Lösungsansätze und bereits laufende Aktivitäten: Beispielsweise hätte man auch erörtern können,
- wann, warum und wie die Nottötung korrekt durchgeführt werden muss.
- wie sich die Tierhaltung in punkto Tierverluste verbessert hat
- was alles getan wird, um so viele Ferkel zu retten, wie es eben geht. Es ist ein Irrglaube, dass nur in der Schweiz alle Möglichkeiten (z.B. technische Ammen) ausgenutzt werden.

 

Wünschenswert wäre in der Berichterstattung aber auch die Anerkennung, dass die Branche bei vielen Themen in Sachen Tierschutz und Tierhaltung bereits vorangegangen ist: Beispielhaft sei hier die Düsseldorfer Erklärung zum Ausstieg aus der Ferkelkastration, die breit angelegte Initiative Tierwohl, aber auch die gemeinsamen Bemühungen der vergangenen Monate in Niedersachsen, um ein wirksames, praktikables und rechtssicheres Nottötungsverfahren für Ferkel, genannt. Was die Ankündigung zur Sendung zeigt, ist eine nicht gerechtfertigte und pauschale Verunglimpfung aller Sauenhalter in Deutschland!

 

Kein Töten aus wirtschaftlichem Interesse

Eine zentrale Botschaft in dem Beitrag war, dass Ferkel aus wirtschaftlichen Interessen getötet werden – weil zu viele da sind und es sich nicht lohnt diese aufzuziehen.

Diese Aussage widerspricht dem ureigenen Bestreben aller Ferkelerzeuger, möglichst viele seiner Ferkel aufzuziehen – aus Tierschutz- und auch aus ökonomischen Gründen. Nur an Ferkeln, die auch aufgezogen werden, ist auch Geld zu verdienen. Die Kennzahlen der Ferkelerzeugung beweisen eindrucksvoll, wie erfolgreich dieses Ziel gerade in den vergangenen Jahren erreicht wurde. Wenn hier einzelne Tierhalter anders vorgehen, ist das nicht akzeptabel!

 

Ohne Zweifel: Die Ferkelzahlen je Sau sind bedingt durch die Zucht in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Mindestens ebenso haben sich Management, Versorgung der Tiere und die Haltungsbedingungen verbessert. Sonst wären die Verlustraten bei steigenden Ferkelzahlen nicht trotzdem noch gesunken. Und die Leistungen haben sich nicht nur deshalb verbessert, weil die Zahl der geborenen Ferkel gestiegen ist sondern auch, weil die Verluste geringer geworden sind. Klar ist natürlich, dass dort, wo mehr Ferkel gehalten werden, auch mehr Ferkel verenden – ein rein mathematischer Zusammenhang.

Übrigens: Die im Film gezeigten toten Ferkel sind überwiegend nicht durch eine Nottötung verendet, sondern waren Totgeburten, wurden durch die Sau erdrückt oder hatten andere Erkrankungen. Im Film wurde aber ein anderer Eindruck erweckt.

 

Wann ist die Nottötung aus Tierschutzgründen geboten?

Das Nottöten von Tieren ist niemals ein schön anzusehender Akt - auch nicht, wenn dieses nach den gesetzlichen Vorgaben passiert. Und trotzdem ist das Nottöten von Tieren bei Bedarf bei nicht überlebensfähigen Ferkeln erlaubt, ja sogar aus Tierschutzgründen unbedingt geboten um unnötiges Leiden und Schmerzen zu verhindern. In einer aktuellen Stellungnahme der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V., in einem Merkblatt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie in einem neuen niedersächsischen Erlass wurden das Vorgehen und die Rechtslage zur Nottötung von Saugferkeln genau beschrieben.

 

Als Gründe für die Nottötung werden beispielsweise im niedersächsischen Erlass folgende benannt: Die Tötung lediglich ‚lebensschwacher‘ Ferkel mit einem Lebendgewicht von bis zu 5 kg ist grundsätzlich nicht zulässig. Nur nicht überlebensfähige Ferkel dürfen ausnahmsweise unter bestimmten Bedingungen getötet werden. Als Gründe werden beispielsweise Afterlosigkeit, eitrige Gelenksentzündungen oder andere unheilbare Erkrankungen genannt.

 

Management großer Würfe

Wer sich für hoch fruchtbare Sauen in seinem Betrieb entscheidet, muss den ganzen Weg gehen – er muss sich auf das Management der großen Würfe einstellen. Wer das nicht will, hat die Finger von einer solchen Genetik zu lassen! Denn oberstes Ziel muss es sein, die geborenen Ferkel auch zu einem Qualitätsferkel aufzuziehen.

Dazu gehört u.a. die Schaffung geeigneter Haltungsbedingungen sowie ein ausgeklügeltes Wurfmanagement mit Wurfausgleich, Ammensauen, technischen Ammen, Zusatzversorgung der Ferkel u.v.m.

Einen guten Überblick über die Maßnahmen gibt beispielsweise das DLG-Merkblatt Management großer Würfe www.dlg.org/fileadmin/downloads/merkblaetter/dlg-merkblatt_370.pdf

 


Hier können Sie die Reportage in voller Länge ansehen

"Verantwortung übernehmen!" – Ein Kommentar von Kilian Henne, Sauenhalter und Mitglied im Junge ISN-Beraterteam

Schweinehalter aufgepasst: Niedersachsen veröffentlicht Erlass zur Nottötung - NRW zieht nach

TVT-Merkblatt zum Nottöten von Saugferkeln

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