11.07.2024rss_feed

100ster Antrag zur Investitionsförderung des Bundes – ISN: Es gibt keinen Grund zum Feiern

Beim Bundesprogramm Umbau Tierhaltung wurde der 100. Antrag eingereicht - Kein Grund zum Feiern, findet die ISN ©ISN,Canva

Beim Bundesprogramm Umbau Tierhaltung wurde der 100. Antrag eingereicht - Kein Grund zum Feiern, findet die ISN ©ISN,Canva

Seit dem Start des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung Anfang März haben 100 Betriebe Mittel für eine investive Förderung für Stallum- oder -neubauten beantragt. Das teilte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am gestrigen Mittwoch (10.07.2024) mit und freute sich über die rege Beteiligung.

ISN: Das Feiern des 100sten Antrages zur Investitionsförderung des Bundes durch den Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat angesichts der Relation zur Zahl der deutschen Schweinehalter und angesichts des Zustandekommens der Anzahl ein Geschmäckle. Das Programm des Bundes zur Förderung der laufenden Kosten ist sogar reine Klientelförderung.

 

Seit dem Start des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung am 01. März 2024 haben 100 Betriebe Mittel für eine investive Förderung beantragt. Das gab das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gestern (10.07.2024) in einer Pressemitteilung bekannt. Zum Stichtag 9. Juli 2024 stammten die meisten Anträge aus Niedersachsen (36), es folgen Baden-Württemberg und Bayern (je 18) sowie Nordrhein-Westfalen (11).

Knapp 80 Prozent der Anträge wurden von konventionell arbeitenden Betrieben gestellt. Die Summe der insgesamt beantragten investiven Förderung beträgt bislang rund 63 Millionen Euro. Im Jahr 2024 stehen dafür bis zu 150 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung.

 

Freude beim Bundeslandwirtschaftsminister

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir äußerte sich zum 100sten Antragseingang bei der Investitionsförderung: Ich will, dass auch künftig gutes Fleisch aus Deutschland kommt. Vor allem die deutsche Schweinehaltung hat krasse Strukturbrüche hinter sich, zudem müssen die Betriebe mit einem sinkenden Fleischkonsum und den Verbraucherwünschen an eine artgerechtere Haltung umgehen. Die Landwirtinnen und Landwirte brauchen wirtschaftliche Perspektiven und Planungssicherheit – wir unterstützen unsere Landwirtinnen und Landwirte darum verlässlich dabei, ihre Tierhaltung zukunftsfest aufzustellen. Denn mehr Platz oder Auslauf für die Tiere und bessere Haltungsbedingungen kosten Geld. Ich freue mich über die rege Beteiligung der Betriebe an unserem Förderprogramm und setze mich weiter für eine gute finanzielle Ausstattung für die notwendige Weiterentwicklung unserer Landwirtschaft ein.

 

Über 300 Anträge auf Förderung laufender Mehrkosten

Seit Anfang Juni können Betriebe zudem Anträge auf die Feststellung ihrer Förderfähigkeit im Rahmen der zweiten Säule des Bundesprogramms Umbau Tierhaltung stellen. Damit die Betriebe als förderfähig anerkannt werden können, müssen sie Mitglied in einer ebenfalls zuvor anerkannten Organisation sein oder an einem anerkannten Kontrollsystem teilnehmen. Bisher wurden 26 Organisationen bzw. Kontrollsysteme durch die Bundesanstalt und Landwirtschaft und Ernährung (BLE) anerkannt, 325 Betriebe haben Anträge auf Förderung für die laufenden Mehrkosten gestellt.

 

Die ISN meint:

Das Feiern des 100sten Antrages bei der Investitionsförderung des Bundes durch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir können wir nicht nachvollziehen, denn die Anzahl liegt in Relation zur Anzahl der Schweinehalter in Deutschland verschwindend gering im Promillebereich. Das Ganze bekommt ein Geschmäckle, wenn man sieht, dass über ein Drittel der wenigen Anträge aus Niedersachsen kommt. Denn dort hat die grüne Parteikollegin von Bundesminister Cem Özdemir, Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte, die ELER-Förderung für die Schweinehalter passend gestrichen, so dass Betriebe, die dort nicht mehr rechtzeitig ihre Umbaugenehmigung bekommen haben, es nun bei der Bundesförderung versuchen, so die Einordnung des ISN-Geschäftsführers Dr. Torsten Staack. Auch wir bezeichnen ein Glas lieber als halb voll und ungern als halb leer. Das passt aber nicht, wenn nicht einmal der Boden des Glases bedeckt ist, bringt es Staack auf den Punkt.

Er führt aus: Unabhängig davon, dass die Beantragung der Investitionsförderung für den einzelnen Betrieb sinnvoll sein kann und auch einzelbetrieblich geprüft werden sollte, zeigt die Tatsache von erst 100 Anträgen zur Investitionsförderung, dass die Zugangsvoraussetzungen sehr hoch sind und die Genehmigungshürden nach wie vor den Umbau auf den meisten Betrieben verhindern. Zudem reden wir hier über Förderanträge, von denen nicht klar ist, ob sie auch genehmigt werden.

Staack geht auch auf die Förderung der laufenden Kosten durch den Bund ein: Hier bekommt das Ganze ein noch bittereres Geschmäckle. Diese Förderung ist aus unserer Sicht ganz klar eine Klientelförderung für die alternativ wirtschaftenden Betriebe. Konventionelle Betriebe sind hier nur zu einem sehr geringen Anteil aufgehoben, weil die Kriterien nur schwer erreichbar und auf die ohnehin alternativen wirtschaftenden (Bio-)Betriebe zugeschnitten sind, die diese Förderung dankend mitnehmen. Konventionelle Betriebe haben dagegen große Schwierigkeiten, die notwendige Umbaugenehmigung zu bekommen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die hoch gesteckten Ziele der Politik zum Umbau der Tierhaltung so nur verfehlt werden können. Auf der einen Seite geht man mit der Bundesförderung einen ganz kleinen Schritt nach vorne, auf der anderen Seite geht man gleich mehrere Schritte zurück und legt den Schweinehaltern immer mehr Steine auf den ohnehin steinigen Weg. Nicht umsonst schreibt der Bundesrat in seinen Empfehlungen zur Novelle des Tierschutzgesetzes: Die immer weiter hochgeschraubten Anforderungen und geradezu explodierende Bürokratie überfordert die Betriebe längst. Da hilft es auch nicht, wenn der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in seine Pressemeldung durch warme Worte Schönwetter macht, aber auf der anderen Seite entgegengesetzt handelt.


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