04.07.2022rss_feed

Wirtschaftsdünger als Wertstoff - Abschlussveranstaltung des Praktikernetzwerks Wirtschaftsdünger

Wirtschaftsdünger als Wertstoff - unter diesem Motto fand am 29.06.2022 in Bakum die Abschlussveranstaltung des Praktikernetzwerks Wirtschaftsdünger statt. ©ISN

Wirtschaftsdünger als Wertstoff - unter diesem Motto fand am 29.06.2022 in Bakum die Abschlussveranstaltung des Praktikernetzwerks Wirtschaftsdünger statt. ©ISN

Organischer Dünger gewinnt durch die angespannte Situation an den Rohstoffmärkten zunehmend an Bedeutung und wandelt sich spürbar vom Abfall- zum Wertstoff. Welche Potentiale im Einsatz von Wirtschaftsdünger stecken und welche Rolle er als Ersatz für den mineralischen Dünger und zur Energiegewinnung spielt, wurde am Mittwoch vergangene Woche bei der Vortrags- und Abschlussveranstaltung des Praktikernetzwerks Wirtschaftsdünger in Bakum thematisiert und rege diskutiert. Zudem berichtete ein Landwirt über seine Erfahrungen mit der Planung und dem Bau seines Schweinestalles mit Kot-Harn-Trennung.


Am Anfang gab es auch Bedenken, aber es hat sich gezeigt, wir sind bei dem Thema ganz vorne mit dabei, eröffnete ISN-Vorsitzender Heinrich Dierkes am Mittwoch letzte Woche die Vortrags- und gleichzeitig Abschlussveranstaltung des Praktikernetzwerks Wirtschaftsdünger. Vor dreieinhalb Jahren wurde das Netzwerk von Fachexperten, Wissenschaftlern und natürlich Landwirten gegründet, mit dem Ziel die Nährstoffbilanz in der Modellregion Oldenburger Münsterland zu verbessern. In ca. 40 Veranstaltungen, die im Rahmen des Projekts durchgeführt wurden, standen der Wissenstransfer und der Erfahrungsaustausch sowie Hilfestellungen für Tierhalter in der Frage der Nährstoffverwertung in ihren Betrieben im Fokus. Wir haben in diesem Bereich sehr viel geschafft, resümierte Dierkes die Arbeit der letzten Jahre. Doch es gibt immer noch viele Herausforderungen und Probleme, die wir deutlich besser lösen können. Deshalb werde man auch nach Auslaufen des Projekts an dem Thema dran bleiben. Dierkes bedankte sich bei allen Beteiligten für ihre engagierte Arbeit im Netzwerk. Wir können viel erreichen, wenn man uns nur die Bürokratie vom Hals hält, lautete sein Abschlussfazit mit einem Augenzwinkern.

So ist die Marktlage am Düngemittelmarkt

Seit Herbst letzten Jahres steigen die Preise für Düngemittel rapide an. Die Gründe dafür erläuterte Stephanie Stöver-Cordes von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) in ihrem Vortrag und ging dabei konkret auf die aktuellen Entwicklungen am Düngemittelmarkt ein. Turbulenzen am Energiemarkt haben bereits vor dem Ukraine-Krieg zu steigenden Mineraldüngerpreisen geführt. Durch den Krieg habe sich die Situation weiter verschärft. Allein von Januar bis April 2022 sind die Düngemittelpreise um 35 % gestiegen. Inzwischen wurde in Deutschland die Alarmstufe des Notfallplans-Gas ausgerufen, Energie ist ein knappes Gut, die Erdgaslieferungen wurden um 60% eingestellt. Die Folge für den Düngemittelmarkt: Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa reduzieren Werke ihre Produktion oder gehen vorrübergehend außer Betrieb. Das Thema wird den Düngemittelmarkt noch sehr beschäftigen, lautete Stöver-Cordes Resümee. Die Expertin rät den Landwirten sich dieser Situation anzupassen, zum Beispiel bei der Wahl der Kulturen und der genauen Ermittlung des Bedarfs und gezielter Ausbringung. Daneben werde auch der Einsatz von organischem Dünger als Ersatz von mineralischem Dünger zunehmend interessanter und sinnvoll.

 

Gülle – das braune Gold!?

Auf die weiteren Vorteile beim Einsatz von Wirtschaftsdüngern ging Lüder Cordes von der LWK Niedersachsen im zweiten Teil des Vortrags genauer ein. Schon 1959 wusste man, dass sich durch organische Düngung die Ertragsstabilität erhöht – das gilt auch heute noch, führte Cordes in das Thema ein und belegte anhand einiger Praxisbeispiele und Versuchsergebnisse die positiven Eigenschaften von Wirtschaftsdünger, wie die Verfügbarkeit von Nährstoffen und Spurenelementen, den Humusaufbau, eine verbesserte Wasserspeicherkapazität und ein aktives Bodenleben. Besonders auf leichten Böden könnten organische Dünger so zu einer Verbesserung des Standorts beitragen. Organische Dünger sind wertvoll. Sie können mineralische Dünger ersetzen und mit ihnen lassen sich hohe Erträge erzielen, lautete das Fazit des Vortrags.

Einsatz von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen: Potential vorhanden

Einen weiteren Einsatzbereich von Wirtschaftsdüngern stellte Joost Kuhlenkamp vom Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen e.V. vor, und zwar den zur Energiegewinnung. Derzeit würden in Niedersachsen nur 17 % des anfallenden Wirtschaftsdüngers in Biogasanlagen eingesetzt. Dies sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Bestand primär auf den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen geplant und gebaut wurde, aber auch genehmigungsrechtliche Hürden sowie die Lager- und Verbringungsproblematik durch die Düngeverordnung spielen eine Rolle. Zudem sei der Mehreinsatz von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen politisch nicht gewollt gewesen. Doch: Ein steigender Einsatz von Reststoffen und Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen ist notwendig und zu erwarten, so Kuhlenkamps Einschätzung, insbesondere vor dem Hintergrund der aufkeimenden Tank-Teller-Diskussion. Daneben könnten Kosten und Fläche eingespart sowie Emissionen gemindert werden. Nun ist die Politik unter Zugzwang, längerfristige Perspektiven zu schaffen!

 

Praktikerbericht: Planung und Bau einer Kot-Harn-Trennung

Im einem weiteren Vortrag der Veranstaltung erzählte Arnd Frilling, Landwirt aus Goldenstedt, von seinen Erfahrungen mit der Planung und dem Bau eines Schweinestalls mit Kot-Harn-Trennung. Warum gerade Kot-Harn-Trennung? Auf diese Frage hatte Frilling gleich mehrere Antworten. Eine Genehmigung für einen konventionellen Maststall mit Luftwäscher lag bereits vor, doch Frilling wollte mit dem Neubau künftigen Tierwohlanforderungen gerecht werden und vor allem das Güllekonzept schon jetzt anpassen. Da der Bau eines Strohstalls aufgrund des Standorts nicht in Frage kam, musste eine andere Lösung her. Ausschlaggebend für die Kot-Harn-Trennung waren auch die hohen Abgabepreise für Gülle, daneben waren durch die Hühnerhaltung bereits die besseren Vermarktungsmöglichkeiten der festen Phase bekannt. Obwohl deutlich geringere Emissionen zu erwarten sind, musste ein Luftwäscher eingebaut werden. Dieser kann allerdings nach erwiesener Emissionsminderung wieder entfernt werden. Ob das jetzt der Stein der Weisen ist, weiß ich nicht, aber wir haben A gesagt und werden jetzt auch B sagen. Ob sich das durchsetzt, wird sich in 2 Jahren zeigen, antwortete Frilling ehrlich auf die vielen interessierten Rückfragen aus dem Publikum.


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