07.07.2015rss_feed

Antibiotikaeinsatz: Aktueller Stand politischer Diskussionen

Ferkelbehandlung

Das Thema Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ist nicht neu, derzeit aber wieder verstärkt in der öffentlichen Diskussion. Auch auf der politischen Agenda steht das Thema ganz oben. Das zeigte auch der vergangene G7 Gipfel, auf dem die Staats- Regierungschefs über die Frage der Antibiotikaresistenzen diskutierten. In Deutschland erheben Politiker neue Forderungen, über die die ISN einen kurzen Überblick geben möchte.

1. Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft bis 2020 um mindestens 50 Prozent senken

Dieses Ziel hat der Sprecher der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der SPD- Bundestagsfraktion, Wilhelm Priesmeier, in der vergangenen Woche angekündigt. Die Fraktion fordert eine umfassende und verbindliche Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung um mindestens 50 % bis 2020. Um dies zu erreichen, muss laut Priesmeier ein umfangreiches Maßnahmenbündel auf verschiedenen Ebenen umgesetzt werden. Unter anderem sollen Betriebe, die zu viel Antibiotika einsetzen, Konzepte zur Verbesserung des Hygiene- und Gesundheitszustandes der betroffenen Tierbestände erstellen und umsetzen. Priesmeier forderte eine Auflistung aller kritischen bzw. Reserveantibiotika in Deutschland entsprechend der internationalen Vorgaben. Diese Antibiotika dürften ausschließlich in der Humanmedizin angewendet werden.

 

2. Reserveantibiotika stärker reglementieren

Einen umsichtigen Einsatz von Reserveantibiotika in der Tierhaltung kündigte Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt letzte Woche auf einem Kongress der CDU-/CSU- Fraktion zum Thema Antibiotika in der Medizin - Eine Gesundheit für Mensch und Tier in Berlin an. Er werde dazu in den nächsten Monaten ein Eckpunktepapier vorlegen. Schmidt verwies auf eine entsprechende Ermächtigung zur Beschränkung des Einsatzes von Reserveantibiotika in der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes. Gleichzeitig erteilte der Minister einem Verbot von Reserveantibiotika in der Tiermedizin eine Absage. Dies wäre seiner Auffassung nach weder auf der Grundlage des geltenden Arzneimittelgesetzes zulässig, noch mit dem Tierschutz vereinbar. Klar sei, dass Tiere jederzeit die notwendige arzneiliche Versorgung erhalten müssten.

 

3. Niedersachsen bündelt Kräfte gegen Antibiotikaresistenzen

Auch die niedersächsische Landesregierung will mit einer intensiveren, ressortübergreifenden Zusammenarbeit gegen Antibiotikaresistenzen vorgehen. Gesundheitsministerin Cornelia Rundt hat dafür die Einsetzung eines interministeriellen Arbeitskreises beschlossen. Dieser soll die bisherigen Aktivitäten koordinieren und eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen entwickeln. Die Federführung übernimmt das Gesundheitsministerium; beteiligt sind außerdem das Wissenschafts-, das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium.

In NRW hat Landwirtschaftsminister Remmel auch das Thema Antibiotika in seinem kürzlich vorgelegten Handlungspapier Nachhaltige Nutztierhaltung NRW aufgegriffen. Die ISN hat dazu berichtet (siehe Link unten). Unter den fünf genannten Bereichen, in denen sich die Tierhaltung laut Handlungspapier weiterentwickeln müsse, ist das Thema Antibiotika auch als ein zentrales Handlungsfeld genannt.

 

Die ISN meint:

Die Schweinehalter haben ein eigenes Interesse an der Verringerung des Antibiotikaeinsatzes, um deren Wirksamkeit zu erhalten und Resistenzen vorzubeugen. Hierzu hat sich die Branche mehrfach ausdrücklich bekannt. Wer glaubt, Haltungs- oder Managementfehler in der Tierhaltung durch Medikamente ‚beheben‘ zu können, handelt verantwortungslos. Doch Human- und Tiermedizin stehen gleichermaßen in der Pflicht. Es gilt sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen und sich nicht mit Ad hoc Vorschlägen zu überbieten. Und: Ein umfassendes Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung lehnt die ISN ab. Diese Auffassung vertritt auch der der Bundesverband praktizierender Tierhalter (bpt), der ein pauschales Verbot für tierschutzwidrig hält und für diesen Fall einen Therapienotstand prognostiziert.

 

Das Gebot muss lauten: So wenig wie möglich so viel wie unbedingt nötig. Antibiotika sind Medikamente, die mit großer Vorsicht und Bedacht einzusetzen sind. Zur Therapie schwerwiegender bakterieller Erkrankungen müssen sie auch der Tierhaltung zur Verfügung stehen. Das gebietet der Tierschutz. Und das gilt in wichtigen Fällen auch für Reserveantibiotika.


NRW: Remmel legt Handlungspapier "Nachhaltige Nutztierhaltung" vor – Dialogprozess gestartet

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