Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin halbiert
Auch im vergangenen Jahr sind wieder deutlich weniger Antibiotika an Tierärzte in Deutschland abgegeben worden.
Seit dem ersten Erfassungsjahr 2011 hat sich die Antibiotikamenge in der Tiermedizin in Deutschland damit bereits mehr als halbiert, meldet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Gestiegen ist laut BVL allerdings die Abgabemengen von Wirkstoffen mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen
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Ein Drittel weniger Antibiotika allein in 2015
Wie das BVL gestern mitteilte, ging die 2015 Gesamtmenge der an Veterinäre ausgereichten Antibiotika im Vergleich zum Vorjahr um 401 t oder 32 % auf 837 t zurück. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Erfassungsjahr, ergibt sich sogar ein Minus von 51 %. Die höchsten Abgabemengen entfielen 2015 wie zuvor auch laut BVL auf Penicilline mit rund 303 t und auf Tetrazykline mit 221 t, gefolgt von Polypeptidantibiotika (Colistin) mit 82 t, Sulfonamiden mit 73 t und Makroliden mit 53 t.
bpt: Tierärzte weichen nicht auf Reserveantibiotika aus
Während die Antibiotikamengen insgesamt drastisch zurück gingen, registrierte das BVL mit Blick auf die Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen Zuwächse. So wurden 2015 rund 14,9 t Fluorchinolone an Tierärzte abgegeben, was im Vorjahresvergleich ein Plus von 21 % bedeutete. Gleichzeitig erhöhte sich die Abgabemenge von Cephalosporinen der dritten Generation 2015 auf 3,2 t – gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 0,9 t oder 39 %.
Laut Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) ist aus dem staatlichen Monitoring nicht ableiten, in welchen Bereichen diese als kritische Antibiotika bezeichneten Wirkstoffe häufiger eingesetzt wurden. Auch nach den aktuellen Zahlen des privatwirtschaftlichen QS-Monitorings für das Jahr 2015, die weitestgehend den kompletten Geflügel-, Schweine-, und Kälbermastbereich abdecken, ist die Zunahme von Fluorchinolonen und Cephalosporinen nicht nachvollziehbar. Das Gegenteil ist der Fall. Damit ist das Argument, dass Tierärzte auf die kritischen Antibiotika ausweichen, vom Tisch
, kommentiert bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder die Ergebnisse. Gleichzeitig mahnte Moder, dass jenseits der Anstrengungen in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern weniger Antibiotika einzusetzen der Verbrauch Weltweit geradezu explodiere.
Die ISN meint:
Die Landwirte und deren Hoftierärzte arbeiten mit Erfolg und unter Hochdruck an der Reduzierung des Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung. Es wird Zeit, dass dieses hohe Engagement auch von Seiten der Politik – insbesondere auch von den Tierhaltungskritikern öffentlich gewürdigt wird. Dass sich der Einsatz der sogenannten kritischen Antibiotika in der Tierhaltung zurzeit bei 2,3% der Gesamtmenge bewegt (zum Vergeich: in der Humanmedizin ca. 50 %) , zeigt, dass Tierärzte und Landwirte verantwortungsbewusst mit diesen Medikamenten umgehen. Da diese Reserveantibiotika für die Tierhaltung aus Gründen des Tierschutzes bei schwerwiegenden bakteriellen Erkrankungen zum Teil notwendig sind, lehnt die ISN ein umfassendes Verbot dieser Wirkstoffgruppen ab. Es ist im Interesse aller, die Wirksamkeit der Antibiotika zu erhalten und Resistenzen zu vermeiden. Das geht nur in einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem nicht nur die Tiermedizin sondern insbesondere auch die Humanmedizin einzubeziehen ist. Und natürlich dürfen die Anstrengungen an Staatsgrenzen nicht aufhören.