ASP: ISN fordert finanzielle Hilfen für Betriebe in Restriktionszonen - Ein Interview mit ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack
Mit dem aktuellen ASP-Fall bei einem Wildschwein im Rhein-Neckar-Kreis ist Baden-Württemberg nun das sechste Bundesland, in dem durch die Afrikanische Schweinepest (ASP) Restriktionen für Schweinehalter gelten. Vor diesem Hintergrund fordert die ISN Bund und Länder erneut dazu auf, auch diejenigen Schweinehalter, die von staatlich auferlegten Restriktionen zur Umsetzung von Quarantänemaßnahmen betroffen sind, zu unterstützen. Staatliche Beihilfen sind rechtlich möglich, aber politisch scheinbar nicht gewollt.
Im Interview erläutert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack im Detail, warum staatliche ASP-Hilfen dringend notwendig sind.
Warum fordert die ISN Entschädigungen vom Staat?
Einfach gesagt: Es geht um die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen. Ohne Frage brauchen wir im Ausbruchsfall eine schnelle Seuchenbekämpfung. Es kann aber doch nicht sein, dass von staatlicher Seite ausschließlich die Bekämpfung der ASP im Fokus steht – buchstäblich ohne Rücksicht auf Verluste bzw. wirtschaftliche Schäden. Wenn der Staat und die EU Maßnahmen festlegen, die so umfassend und vor allem lang andauernd sind, dass sie erhebliche wirtschaftliche Schäden für schweinehaltende Betriebe bis hin zur Existenznot verursachen, dann ist auch der Staat in der Pflicht, sich um die so entstehenden Begleitschäden zu kümmern!
Aber es gibt doch Entschädigungen?
Ja, aber nur wenn ein Schweinebetrieb direkt von der ASP betroffen ist, d.h. wenn er die Seuche im Stall hat. Dann wird der Bestand geräumt, der Stall desinfiziert und der Betrieb erhält von der Tierseuchenkasse - sofern es keine Mängel bei der Biosicherheit gegeben hat - eine Entschädigung für die entstandenen wirtschaftlichen Schäden. Alle anderen Betriebe, die in den umliegenden Restriktionszonen liegen, gehen leer aus, sofern sie nicht selbst durch eine entsprechende Versicherung vorgesorgt haben.
Im Klartext: Ein schweinehaltender Betrieb, der – obwohl er nichts falsch gemacht hat und alle Biosicherheitsmaßnahmen eingehalten hat – hat immense Schäden durch die staatlich angeordneten Quarantänemaßnahmen zu verkraften, einfach nur, weil er in einer staatlich festgelegten Restriktionszone liegt.
Einige sagen, dass das zum Betriebsrisiko gehört?
Nein, das gehört es ganz und gar nicht. Zudem leisten viele Betriebe bereits heute auf eigene Faust eine weitreichende Vorsorge durch den Abschluss entsprechender Ertragsschadenversicherungen, die sicherlich die erste Wahl sind. Aber selbst diese Absicherungsmöglichkeiten reichen oft aufgrund der ausufernden Dauer der staatlichen Maßnahmen nicht gänzlich aus. Wir reden hier ja durchaus über Maßnahmenzeiträume von über einem oder zwei Jahren! Und genau darum geht es: Für diese allein privatwirtschaftlich nicht zu schließende Absicherungslücke gilt es, eine Lösung zu finden. Bund und Länder müssen nach unserer Auffassung Schweinehaltern, die so unverschuldet in eine Krisensituation kommen, eine finanzielle Entschädigung für die wirtschaftlichen Schäden zahlen. Und genau das geht auch: Staatliche Beihilfen für Primärerzeuger sind in der EU rechtlich möglich und sogar explizit vorgesehen. Grundlage hierfür ist die EU-Rahmenregelung für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten (2022/C 485/01) 'Einkommensverluste aufgrund von Quarantäneauflagen'. In Italien gab es beispielsweise 2022 staatliche Hilfen in Höhe von 25 Mio. € für betroffene Betriebe in ASP-Regionen. In der Region Piemont gibt es daneben noch eine zusätzliche Hilfe für geschädigte Landwirte.
Warum gibt es diese Beihilfen dann noch nicht?
Man muss nüchtern feststellen: Eine Beihilfe für die Schweinehalter ist in Deutschland politisch einfach nicht gewollt! Denn im Gegensatz zu anderen EU-Ländern, wie Italien oder Polen, wo es solche staatlichen Hilfsprogramme bereits gibt, hat man in Deutschland die Betriebe in dieser Hinsicht bislang komplett im Stich gelassen. Und niemand kann sich darauf berufen, dass er noch nichts von dieser Möglichkeit gehört hat. Wir sind immer wieder mit diesem Anliegen an die politischen Vertreter herangetreten. Man merkt dann aber immer wieder deutlich den fehlenden politischen Willen! Das muss sich schnellstens ändern!
Was also tun?
Aktuell ist politische Sommerpause. Viele Politiker nutzen diese für ihre Sommerreisen durch das ganze Land und versuchen der Bevölkerung näher zu kommen. Wir werden unsererseits natürlich alles daran setzen, bei den politischen Entscheidern weiter vorzudringen. Ich appelliere aber auch an alle Schweinehalter: Nutzen Sie jede Gelegenheit, mit einem Politiker, mit Ihrem
Abgeordneten ins Gespräch zu kommen. Fordern auch Sie das beschriebene Augenmaß bei der Seuchenbekämpfung und die Lösung der Entschädigungsfrage ein!