07.06.2013rss_feed

Bauern, hört die Signale…ein Kommentar von Philipp Schulze Esking, ISN-Vorstand

2. ISN-Vorsitzender Philipp Schulze Esking

2. ISN-Vorsitzender Philipp Schulze Esking

… so ist der Kommentar des stellvertretenden Chefredakteurs der Lebensmittelzeitung, Bernd Biehl, in dessen aktuellen Fachblatt überschrieben.

 

Darin nimmt er Stellung zur Kritik an den Preissenkungen des Discounters Aldi, die unter anderem nachdrücklich von der ISN geäußert wurde. Biehl verteidigt darin die Preissenkung der Discounter, nennt Subventionen als Grund für die geringen Preise, bezichtigt indirekt die Bauern, nur zu jammern, ordnet die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft als vernachlässigbar ein usw.

 

Sehr einseitig nimmt Biehl aus meiner Sicht Stellung zu Gunsten der kritisierten Discounter. Wenn ein vergleichbarer Kommentar aus dem Hause des Discounters käme, wäre das zu verstehen. Ein Kommentar gibt die eigene Meinung wieder, mit der muss nicht jeder konform gehen. Vom stellvertretenden Chefredakteur einer Fachzeitschrift erwarte ich aber eine fachliche und ausgewogene Kommentierung, die unabhängig von Interessen aus der Wirtschaft ist.

Ihre Argumente stimmen nicht, Herr Biehl.

 

Hier einige Beispiele, warum Biehl aus meiner Sicht nicht richtig argumentiert.

Zitat Bernd Biehl: Der Preis ist Ausdruck einer aktuellen Marktsituation, nicht ihr Auslöser.

Richtig ist, der Preis muss sich nach dem tatsächlichen Angebot und der tatsächlichen Nachfrage richten. Das gilt aber nur für funktionierende Märkte mit vergleichbaren Marktkräften. Die Kräfteverhältnisse zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel, den Fleischvermarktern und den Bauern sind aber nicht vergleichbar. Insofern haben große Einzelhändler auch großen Einfluss auf die Preisgestaltung. Angesicht der anziehenden Marktsituation ist die Aussage des Kommentators, dass es gar unmoralisch wäre, wenn Aldi sich trotz geringerer Einkaufspreise an den Kunden schadlos halten würde, geradezu zynisch.

 

Übrigens der Schlachtschweinepreis, der wöchentlich von der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften veröffentlicht wird, ist gerade um 8 Cent je kg Schlachtgewicht angehoben worden. Hebt Aldi die Preise jetzt auch wieder an?

 

Zitat Bernd Biehl: Zur Situation, dass der Fleischpreis so niedrig ist, gehört, dass er die realen Kosten gar nicht widerspiegelt. Subventionen auf allen Erzeugungsstufen vom Futtermittel bis zur Vermarktung halten den Preis künstlich niedrig.

Landwirte erhalten Direktzahlungen für die Bewirtschaftung von Flächen. Die Schweinehaltung wird nicht subventioniert! Weit über 80% der Zahlungen sind entkoppelt, d.h. sie sind unabhängig von der Produktion und haben damit auch keinen oder nur sehr geringen Einfluss auf die Marktpreise, sondern weit mehr auf die Flächenpreise.

 

Zitat Bernd Biehl: …Bauern trotz höchster politischer und finanzieller Aufmerksamkeit das Verlierer-Image haben und deshalb weiterhin als besonders schützenswert gelten.

Der Strukturwandel zeigt deutlich, dass die wirtschaftliche Lage auf vielen Betrieben kein auskömmliches Einkommen ermöglicht.

 

Zitat Bernd Biehl: Stellten sie 1950 mit rund 7 Millionen Wählern noch eine Kraft dar, so ist die verbliebene Million Beschäftigter in der Landwirtschaft heute fast vernachlässigbar.

Richtig ist, die Zahl der Beschäftigten im Primärsektor Landwirtschaft liegt deutlich unter einer Million. Das gesamte Agrarbusiness, also inklusive der vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche liegt jedoch bei über 4,5 Mio. Beschäftigten – entsprechend 11 % der Beschäftigten in Deutschland. Ohne Landwirtschaft wird es keine hochwertigen Nahrungsmittel geben. Die Lebensmittelerzeugung hört nicht hinter der Ladentheke auf. Es zeugt schon von sehr viel Arroganz des Autors zu behauten die Landwirtschaft sei vernachlässigbar.

 

Zitat Bernd Biehl: Wird das Ziel Tierwohl Allgemeingut, wäre eine gesetzliche Formulierung von höheren Standards richtig, die dann für alle ausnahmslos gilt. Bestrebungen, branchenweit einen Obolus für solche Investitionen zu erheben und dies den Bauern direkt zukommen zu lassen, stehen noch unter starkem kartellrechtlichem Vorbehalt.

Dabei hat auch Aldi die Brancheninitiative zu mehr Tierwohl unterschrieben. Klar ist, mehr Auflagen müssen sich in den Erlösen widerspiegeln – andernfalls wird die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft massiv verschlechtert und der Strukturwandel befeuert. Wir deutschen Bauern befinden uns schließlich im europäischen und globalen Wettbewerb. Wie extrem der Strukturwandel durch überzogene Anforderungen ohne Kostenausgleich befeuert wird, sehen wir am Beispiel der Legehennenhaltung. Ist das im Sinne der Discounter?

 

Welche Signale sollen wir hören?

Welche Signale sollen die Bauern denn nun hören? Macht mehr für Tierwohl, Umwelt usw. – Geld bekommt Ihr dafür aber nicht? Oder soll es gar das Signal sein: Wir brauchen euch deutsche Bauern nicht?

Ich lade Herrn Biehl gerne in meinen Betrieb ein, um sich die Realität in unseren Ställen anzusehen! Wir wollen, dass mit uns Bauern geredet wird und nicht nur über uns!


Hier geht es zur Plattform "Bauernhöfe statt Bauernopfer"

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