Bauministerium legt Referentenentwurf zur Änderung des Baugesetzbuchs vor
Häufig steht das Bau- und Planungsrecht der Umsetzung höherer Tierwohlstandards bisher im Weg - Der vorgelegte Gesetzesentwurf soll daher Erleichterungen bringen.
Die Bundesregierung plant, dass Stallumbauten zu Tierwohlzwecken bauplanungsrechtlich erleichtert werden sollen. Das Bundesbauministerium hat dazu nun einen Vorschlag für eine Änderung der Baugesetzbuchs (BauGB) vorgelegt und die Verbände um Stellungnahme gebeten.
ISN: Die beabsichtigte Änderung des BauGB ist einer von mehreren notwendigen Bausteinen, bei dem aber noch erhebliche Nachbesserungen erforderlich sind.
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat die Verbände um Stellungnahme zu einem Referentenentwurf für eine Formulierungshilfe eines Gesetzes zur Novellierung des Baugesetzbuchs aufgefordert. Auch die ISN hat den Entwurf bewertet und eine Stellungnahme abgegeben. Der Entwurf soll insbesondere den Umbau von bestimmten gewerblichen Tierhaltungsanlagen ermöglichen bzw. erleichtern. Die Erleichterungen sollen sich auf zwei Bereiche beziehen. Zum einen geht es um den Umbau der Sauenhaltung, der durch die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung im Bereich des Deckzentrums und des Abferkelbereiches notwendig wird. Zum anderen sollen Umbauten von Ställen hin zu höheren Haltungsstufen im Sinne des geplanten Tierhaltungskennzeichengesetzes ermöglicht werden.
Erleichterung des Umbaus in der Sauenhaltung
Die vom Bauministerium erarbeitete Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen knüpft an die im vergangenen Jahr von der damaligen Großen Koalition beschlossenen Baurechtsänderung zur Erleichterung des Umbaus für Sauen und Jungsauen an. Mit einer neuerlichen Änderung von § 245 a Baugesetzbuch soll erreicht werden, dass vor 2013 errichtete Ställe zu Tierwohlzwecken umgebaut werden dürfen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So darf beispielsweise der Tierbestand nicht erhöht und die Tierart nicht gewechselt werden.
Anforderungen an Tierhaltungskennzeichengesetz gekoppelt
Zum Zweiten geht es in dem Entwurf um den Umbau von Tierhaltungsanlagen hin zu Ställen, welche die Anforderungen der im geplanten Tierhaltungskennzeichnungsgesetz genannten Haltungsformen Frischluftstall, Auslauf/Freiland oder Bio erfüllen. Außen vor bleibt die Haltungsform Stall+Platz. Im Zuge des Umbaus soll auch hier die Zahl der Tierplätze nicht erhöht werden dürfen und ein Wechsel der Tierart ausgeschlossen sein. Schließlich soll gewährleistet sein, dass weder die Grundfläche noch die Höhe des Stalles erweitert werden. Bei den Haltungsformen geforderte Auslaufflächen sollen allerdings nicht eingerechnet werden. Das heißt, Ausläufe könnten ergänzt werden. Anstatt eines Umbaus soll ein Neubau zulässig sein, wenn die bestehende Anlage zurückgebaut wird und der Neubau an gleicher Stelle erfolgt sowie auch die genannten Bedingungen für den Umbau eingehalten werden.
Die ISN meint:
Die beabsichtigte Änderung des BauGB ist einer von mehreren notwendigen Bausteinen, bei dem aber noch erhebliche Nachbesserungen erforderlich sind. Zum einen betrifft die vorgesehene Erleichterung nur einen kleineren (wenn auch nicht unwichtigen) Teil der Schweine haltenden Betriebe. Zum anderen können die Erleichterungen nur wirken, wenn auch weitere Rechtsbereiche angepasst werden. Es müssen jetzt zügig weitere Rechtsanpassungen folgen, denn Rechts- und Planungssicherheit fehlen trotz der vorgesehenen Änderungen im Baurecht nach wie vor auch noch in den Bereichen Umwelt- und Immissionsschutzrecht. Das Gesamtpaket ist die Grundvoraussetzungen für eine Weiterentwicklung der Schweinehaltung in Deutschland und um die bestehende ‚Tierwohl-Stallumbaubremse‘ endlich zu lösen
, mahnt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.
Die vorgeschlagenen Änderungen im BauGB betreffen hinsichtlich des Umbaus zu höheren Haltungsstufen zunächst nur bestimmte gewerbliche Schweinemastbetriebe und das auch nur, wenn sie mindestens zur Haltungsstufe Frischluft umbauen. Durch die Kopplung an das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sind weitere Tierarten zunächst noch außen vor. Abgesehen davon sind die Sauenhaltung und die Ferkelaufzucht – mit Ausnahme der Bio-Stufe – im Entwurf des Kennzeichnungsgesetzes in keinerlei Weise berücksichtigt, so dass durch die Kopplung zum Baurecht auch dort eine Regelungslücke bestehen bleibt.
Besonders kritisch ist, dass eine Änderung der Stallgrundfläche bei Tierwohlställen von der beabsichtigten Öffnung des BauGB nicht erfasst werden soll. Dadurch geraten Betriebe, die an einer höheren Haltungsstufe teilnehmen wollen, unter doppelten wirtschaftlichen Druck. Zum einen entstehen durch die höheren Anforderungen erhöhte Investitions- und laufende Kosten. Zum anderen sind die Betriebe durch das notwendige größere Platzangebot gezwungen, ihren Tierbestand abzustocken. Die Bereitschaft der Schweinehalter zur Teilnahme an Tierwohlprogrammen und höheren Haltungsstufen dürfte hierdurch deutlich abgebremst werden.
Es muss zudem für den Einzelbetrieb möglich sein, innerhalb der Tierartgruppe zu wechseln, sofern dadurch kein zusätzliches Emissionspotenzial entsteht. Für einen Schweine haltenden Betrieb muss es beispielsweise möglich sein, seinen Maststall für die Haltung von Sauen umzurüsten, um dort den nötigen Mehrplatz für seine Sauen zu schaffen – und umgekehrt. Gleiches gilt für Verschiebungen zwischen Sauen- und Ferkelaufzuchtplätzen usw. Zudem ist auch mehr Flexibilität am jeweiligen Betriebsstandort gefragt, wenn es um einen Ersatzbau an gleicher Stelle
geht.