Baurecht: Koalitionsfraktionen im Bundestag einigen sich auf Erleichterungen für Sauenhalter
Für Sauenhalter gibt es nun baurechtliche Erleichterungen für Stallumbauten, doch was ist mit der Schweinemast?
Die Koalitionsfraktionen haben sich gestern doch noch auf Erleichterungen im Baurecht für Sauenhalter zur Umsetzung der neuen Haltungsvorgaben geeinigt.
ISN: Ein guter, aber nur erster kleiner Schritt zu mehr Tierwohl, der auch für die Schweinemast folgen muss. Und auch für die Sauenhalter bleibt ein Dilemma der Umsetzbarkeit. Die Kommentierung des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch ist der blanke Hohn.
Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich gestern auf baurechtliche Erleichterungen für Stallumbauten geeinigt. Anders als im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen, soll die Neuregelung allerdings nur für Sauenställe gelten. Mit dem erzielten Kompromiss sollen Umbauten ermöglicht werden, die durch den beschlossenen Ausstieg aus der Kastenstandhaltung notwendig geworden sind, meldet AgraEurope.
Die vorgesehene Neuregelung betrifft Anlagen zur Haltung von Jungsauen und Sauen, die infolge der Änderung des Baugesetzbuchs von 2013 ihre baurechtliche Privilegierung im Außenbereich verloren haben. Für diese Ställe soll nunmehr ein Bestandsschutz gelten. Das bedeutet, dass Umbauten, die der Anpassung an die mit der Novelle der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geänderten Vorschriften für die Sauenhaltung dienen, zulässig sind, ohne dass ein Bebauungsplan oder Vorhaben- und Erschließungsplan vorliegt. Voraussetzung ist, dass die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht wird und weiterhin Sauen gehalten werden.
Ergebnis zumindest für Sauenhalter in letzter Sekunde
Damit habe man am Ende nach intensiven Verhandlungen einen Kompromiss für die Sauenhalter erzielt, so die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Gitta Connemann. Diese müssten investieren, so Connemann, weil sich das Recht geändert habe. So könnten nach Aussage Connemanns auch die Mittel aus dem 300 Millionen Euro Förderpaket abfließen, die man bereitgestellt habe. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass das nur der erste Schritt gewesen sein könne und auch anderen Tierhaltern diese Tür geöffnet werden müsse.
Auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch bezeichnete die nun beabsichtigte Änderung im Baurecht als einen kleinen Mosaikstein und folgerte, dass noch viel passieren müsse. Um Planungssicherheit für die Landwirte zu erreichen, bedürfe es eines gesellschaftlichen Konsenses, der über Legislaturperioden trage. Leider lägen bislang keine geeinten Kriterien für die Nutztierhaltung aus der Borchert-Kommission vor.
Die ISN meint:
Ein bitter notwendiger Minimalkonsens, der zumindest einigen Sauenhaltern ein Stück weit bei der Umsetzung der neuen Haltungsvorgaben helfen wird – das ist zunächst einmal gut so. Diese Einigung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weit mehr braucht, wie es die stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen Connemann und Miersch richtigerweise darstellen. Zum einen bleibt z.B. die Schweinemast bei Tierwohlmaßnahmen außen vor und zum anderen befinden sich die Sauenhalter weiter in einem Dilemma, weil es auch für sie kein Gesamtkonzept gibt. Denn auch, wenn sie durch die nun erzielte Einigung vielleicht noch an den besagten Fördertopf kommen können, so ist auch dort – unabhängig vom begrenzten Volumen des Topfes – nur maximal 40 % Förderung möglich. Ein Betrieb, der also beispielsweise eine Millionen Euro für die Umsetzung der Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung investieren muss, hat von dieser Summe immerhin noch 600.000 Euro selbst zu tragen. Da er gleichzeitig den Bestand nicht erweitern darf, werden die Kosten zur Erzeugung der Ferkel logischerweise teurer (in diesem Beispiel um mindestens 5 € je Ferkel) – Geld, das der Sauenhalter aktuell am Markt nicht wieder erlösen kann. Wen wundert es da, dass viele Sauenhalter trotz der Fördermöglichkeit dennoch aussteigen.
Als blanken Hohn muss aus Sicht der Schweinehalter aber die Kommentierung des SPD-Abgeordneten Miersch betrachtet werden. Denn auf der einen Seite spricht er von Planungssicherheit und auf der anderen Seite von bislang nicht geeinten Tierwohlkriterien aus der Borchert-Kommission. Dabei war es doch gerade das von der SPD geführte Umweltressort, das mit eigenen Wunschkriterien die Vorstellungen der Borchert-Kommission torpediert hat. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass schon vor fast einem Jahr ein Entschließungsantrag mit den Stimmen von CDU/CSU und insbesondere auch SPD im Bundestag verabschiedet wurde, in dem es heißt: Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel sowie der Zuständigkeit des Bundes, die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung in Konsequenz und in Gänze aufzugreifen und als Grundlage für die zukünftige Ausrichtung der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zu nutzen…
Mit einem solchen Eiertanz, wie ihn die SPD hier veranstaltet, schafft man keine Planungssicherheit für die Landwirte. Im Gegenteil, dieser legt geradezu die Vermutung nahe, dass man auf einen Konsens zu mehr Tierwohl überhaupt nicht aus ist – und das auch schon vor Beginn des Bundestagswahlkampfes. Schade, dass mehr Tierwohl – z.B. in der Schweinemast, so weiter verzögert wird, weil dort die Stallbaubremse weiter greift.