Befremdlich: ZEIT-Artikel Tödliche Keime
mit Journalismus-Preis ausgezeichnet
Die äußerst umstrittene Zeitungsartikel-Serie der ZEIT Tödliche Keime
hat den Ernst-Schneider-Preis 2015 für den besten Wirtschaftsjournalismus in überregionalen Printmedien gewonnen, der von den Industrie- und Handelskammern (IHK) verliehen wird.
Mit Befremden reagiert darauf nicht nur die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann.
Das Autorenteam hinterfrage in der vierteiligen Serie die durchgetaktete, konventionelle Fleischproduktion
und beschreibt die Gefahr dabei entstehender multiresistenter Keime, heißt es auf der Seite der DIHK.
Kein Wort davon, dass der Deutsche Presserat einen Artikel der Reihe, nämlich Die Rache aus dem Stall
gerügt hatte. Er sah einen Verstoß gegen die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht.
Autor vergleicht Agrarverbände mit Nazis
Besonders erschreckend: Einer der ausgezeichneten Autoren, Christian Fuchs, hat im Nachgang zur Preisverleihung auf seiner Facebook-Seite nochmal derbe nachgetreten. Dort hieß es im Original-Wortlaut:
Wer ist krasser als Nazis, Scientologen oder Geheimdienste? Die deutsche Agrarlobby. Nachdem vor einem Jahr unsere Seite über die Greuel in der industriellen Massentierhaltung (ausgebeutete Wanderarbeiter, multiresistente Keime, Geschäftemacherei von Tierärzten, Mästern, Tierpharmaunternehmen etc) erschien, erlebten wir einen bisher nie dagewesenen aggressiven Protest der Bauern.
Die Landwirte demonstrierten vor der Redaktion von DIE ZEIT, die beballerten uns mit über 1000 kritischen Leserbriefen, sammelten Geld für Gegenanzeigen in der ZEIT, versuchten uns beim Presserat mit der Klage eines Top-Medienanwalts zu diskreditieren, erpressten ein Spitzengespräch zwischen Lobby-Verbänden und der Redaktion, logen sich die Realität in ihren eigenen Medien zurecht und denunzierten uns hinter unserem Rücken. Darum war die vergangene Woche so erfreulich für uns. Zitat Ende.
Kurze Zeit später hat der Journalist das Wort Nazis gegen Extremisten ausgetauscht.
Nichts desto trotz: Für die CDU-Politikerin Connemann ist der Nazi-Vergleich einfach nur abstoßend. In einem Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Dr. Eric Schweitzer und dessen Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Wansleben macht sie ihrem Entsetzen Luft. Wenn es nach Fuchs geht, kann sich offenkundig nur ein Teil der Bevölkerung auf das Gut der Meinungsfreiheit berufen. Landwirte scheinen nicht dazu zu gehören. Dies offenbart auch ein bemerkenswertes Demokratieverständnis des Autors
, so Connemann in ihrer Beschwerde an die DIHK-Führung weiter. Sie fragt Dr. Schweitzer und Dr. Wansleben, wessen Geistes Kind hier im Namen aller Kammern unter dem Dach des DIHK ausgezeichnet wurde. Sehen Sie Ihren berechtigten Anspruch an Sachlichkeit und Sorgfalt, den Sie sich für den Umgang mit Kammerbetrieben wünschen, hier gewährt? Können Sie es vertreten, dass der gute Name der Kammern, der hinter dem Ernst-Schneider-Preis steht, durch solche Entgleisungen befleckt wird?
Die Unionsabgeordnete erwartet von der DIHK-Spitze, dass sie sich von den ehrabschneidenden Äußerungen
eines der Autoren distanziert und die Auszeichnung hinterfragt. Mein Verständnis von Qualitätsjournalismus ist etwas anderes
, so Connemann.
Die ISN meint:
Unglaublich! Haben die Juroren – allesamt hochdekorierte Chefredakteure - es nicht besser gewusst? Oder haben Sie die bekannten Umstände billigend in Kauf genommen? Beide Alternativen sind mehr als befremdlich!
Gitta Connemann spricht vielen Schweinehaltern mit ihrem Brandbrief
aus der Seele und hat unsere volle Zustimmung. Danke, dass Sie hier Rückgrat zeigen und nicht einfach dem Mainstream hinterher laufen!
Auch wir fordern eine klare Positionierung der DIHK zu den unverschämten und diffamierenden Äußerungen des Autors. Erst Nazi, jetzt Extremist. In der Aussage ist das kaum besser. Herr Fuchs zeigt einfach nur den Hass auf Bauern, den er offen zur Schau stellt. Er sollte sich selbst hinterfragen, ob nicht er krasser als Nazis und ein Extremist ist. Wer – gerade in diesen Tagen – solch ehrabschneidende Vergleiche zieht, sollte sich morgens vor den Spiegel stellen und fragen, was für ein … er ist.
Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die DIHK ihren Fehler eingesteht. Wir gehen sogar weiter: Die DIHK sollte die Verleihung des Ernst-Schneider-Preises an das Journalistenteam rückgängig machen!