Berliner Koalitionsvertrag: Was kommt auf die Schweinehaltung zu?
Steht er, oder steht er nicht? Der Vertrag der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD ist zwar verfasst, ob er die Zustimmung der SPD-Parteimitglieder bekommt, ist noch mit einem größeren Fragezeichen versehen.
ISN: Unabhängig ob der Vertrag letztendlich zur Umsetzung kommt, es ist ein dickes Paket, welches in weiten Teilen die richtigen Akzente setzt. Bis aus dem jeweiligen Akzent eine umsetzbare Regelung wird, ist es aber noch ein weiter Weg. Es kommt nun - wie so oft- auf die Details an, damit aus dem, was sich zunächst gut anhört, am Ende keine zusätzliche Bürokratie wird, die die Bauern an ihrer Arbeit hindert!
Was lange währt wird endlich gut?
Viereinhalb Monate nach der Bundestagswahl steht nun der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD in Berlin. Ob er denn nun wirklich steht, bleibt abzuwarten, denn ob der Koalitionsvertrag die Zustimmung der SPD-Parteimitglieder bekommt, ist noch mit einem größeren Fragezeichen versehen. Trotzdem haben wir die für die Schweinehaltung wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Tierwohllabel: Bis zur Mitte der Legislaturperiode sollen die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für ein mehrstufiges staatliches Tierwohllabel mit verbindlichen Kriterien geschaffen werden. Im Nachsatz heißt es:
Der Mehraufwand soll honoriert werden,
ohne konkret darauf einzugehen. - Nutztierstrategie: Die nationale Nutztierstrategie soll weiter entwickelt werden. Um das Ziel der Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung zu erreichen, seien Modernisierungen der Ställe notwendig.
Wir wollen einen Bestandsschutz genehmigter Tierhaltungsanlagen bei Modernisierungen zu Tierhaltungszwecken
, heißt es zu diesem Punkt weiter. - Tierhaltungs-Tüv:
Wir werden ein bundeseinheitliches Prüf- und Zulassungsverfahren für serienmäßig hergestellte Tierhaltungssysteme bei Nutz- und Heimtieren vorlegen und dabei auf die Besonderheiten kleiner und mittlerer Hersteller und ihre Innovationsfähigkeit Rücksicht nehmen.
- Tierschutzrecht: Die designierten Koalitionspartner wollen
Lücken in den Haltungsnormen im Tierschutzrecht schließen.
Hier wird u.a. angeführt, die rechtlichen Voraussetzungen für weitere tierschutz- und praxisgerechte Alternativen zur Ferkelkastration schaffen zu wollen. - Antibiotika: Der Weg der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung soll im Sinne der
Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie
und des One-Health-Ansatzes konsequent fortgesetzt und ggf. angepasst werden. - Stalleinbrüche: Einbrüche in Tierställe sollen als Straftatbestand geahndet werden.
- Tierseuchen: Hier soll die Forschung verstärkt und Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung und Bekämpfung der Erreger ergriffen werden. Die Organisation der Tierseuchenvorsorge und -bekämpfung in Deutschland soll überprüft und mit den Ländern optimiert werden.
- Digitalisierung: Die Potenziale der Digitalisierung sollen stärker gefördert werden, beispielsweise beim Medikamenteneinsatz in der Tierhaltung und bei der Erhebung meldepflichtiger Angaben. Es soll verhindert werden, dass sensible und betriebsspezifische Daten unkontrolliert an Dritte weitergegeben werden.
Die ISN meint:
Unabhängig ob der Koalitionsvertrag letztendlich zur Umsetzung kommt, es ist ein dickes Paket, welches in weiten Teilen die richtigen Akzente setzt. Bis aus dem jeweiligen Akzent eine umsetzbare Regelung wird, ist es aber noch ein weiter Weg. Es kommt nun - wie so oft- auf die Details an, damit aus dem, was sich zunächst gut anhört, am Ende keine zusätzliche Bürokratie wird, die die Bauern an ihrer Arbeit hindert! Die Schweinehalter brauchen Rechts-und Planungssicherheit.
Deshalb ist es genau richtig, dass die nationale Nutztierstrategie weiterentwickelt und Lücken im Tierschutzrecht geschlossen werden sollen. Eine genaue Bewertung der Maßnahmen lässt sich allerdings erst vornehmen, wenn es an die Details geht und klar ist, was genau angedacht ist. Besonders gilt das auch für ein staatliches Tierwohllabel. Hier kommt es letztendlich auf ein schlüssiges Gesamtkonzept an.
Beim Tierschutz-Tüv besteht nach wie vor die große Gefahr, dass er zur Innovationsbremse wird. Wenn man bei der Ausgestaltung jedoch den notwendigen Spielraum für Innovation lässt und ein zugelassenes Haltungssystem zu einfacheren Genehmigungsverfahren führt, sieht eine Bewertung möglicherweise auch positiv aus. Dass die Koalitionspartner Stalleinbrüche als Straftatbestand ahnden wollen, ist zunächst Balsam für die Seelen der Schweinehalter. Am Ende wird es aber entscheidender sein, ob man die Persönlichkeitsrechte der Tierhalter – insbesondere auch bei der Verbreitung von Bildmaterial und Anfeindungen im digitalen Raum – besser schützen kann.
Auch für eine zukünftige Bundesregierung gilt: Nicht an den Worten, sondern an den Taten wird man sie messen.