BMEL legt Eckpunkte des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung vor
Nachdem der Haushaltsausschuss die Pläne des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) für ein Bundesprogramm zum Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung Mitte November bestätigt hat, legt das BMEL nun die Eckpunkte zur Ausgestaltung des Programms und zur finanziellen Förderung der Betriebe vor.
ISN: Finanzielle Förderung brauchen die Schweinehalter ohne Zweifel für den Umbau ihrer Tierhaltung – aber mit diesen Zugangsvoraussetzungen ist sie für die meisten von ihnen kaum erreichbar. So werden überwiegend lediglich Mitnahmeeffekte für wenige Betriebe – u.a. Biobetriebe – generiert.
Förderprogramm mit bis zu zehn Jahren Laufzeit
Laut BMEL-Pressemitteilung soll das Bundesprogramm als Anschubfinanzierung eine Milliarde Euro im Zeitraum 2023 bis 2026 umfassen. Es sollen die Investitionen in zukunftsfeste Stallbaumaßnahmen und die laufenden Mehrkosten, die durch eine besonders tier- und umweltgerechte Tierhaltung entstehen, gefördert werden. Neben der Erfüllung von haltungsbezogenen Kriterien sollen insbesondere auch Tierwohlindikatoren wie beispielsweise ein intakter Ringelschwanz berücksichtigt werden.
Durch die vorgesehene Unterstützung bei den laufenden Mehrkosten orientiert sich das BMEL nach eigener Darstellung in einem zentralen Punkt an den Vorschlägen der Borchert-Kommission. Darüber hinaus seien die Regelungen mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren angestrebt, um Landwirtinnen und Landwirten Planungssicherheit zu geben.
Aufgrund der akuten Herausforderungen in der Schweinehaltung soll in diesem Bereich begonnen und auch die tiergerechte Sauenhaltung unterstützt werden.
Das BMEL stellt folgende Eckpunkte der Förderung vor
- Gefördert werden soll die Einhaltung von Tierhaltungsstandards, die deutlich über den zwingenden gesetzlichen Vorgaben liegen.
- Die Förderung soll zunächst in der Schweinehaltung angeboten werden – konkret für Sauen, Absatzferkel und Mastschweine.
- Dazu soll eine Förderung in zwei Bereichen angeboten werden:
- Förderung tier- und umweltgerechter Stallneubauten und Stallumbauten.
- zukunftsfeste Ställe, die Platz bieten und einen Zugang zu Außenklima, Auslauf oder Freiland.
- Es ist ein Fördersatz von 50 Prozent vorgesehen, der auf die tatsächlichen Gesamtbaukosten angewendet werden soll.
- Die Investitionsförderung soll mit Bezug auf das EU-Beihilferecht auf 600.000 € je Betrieb gedeckelt werden.
- Förderung für laufende Mehrkosten, die durch eine besonders tier- und umweltgerechte Haltung von Schweinen verursacht werden.
- Diese Mehrkosten sollen auf der Grundlage eines typischen Betriebs ermittelt werden.
- Es ist vorgesehen, auf diesen Pauschalbetrag einen Fördersatz von 65 Prozent anzuwenden.
- Die Förderung der laufenden Mehrkosten soll auf jährlich max. 3000 erzeugte Mastschweine und 200 Sauen begrenzt werden.
- Politisches Ziel seien laut BMEL Regelungen mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren.
- Die Überwachung der Einhaltung der Standards soll bürokratiearm und mit schlanken staatlichen Verwaltungsstrukturen umgesetzt werden. Das BMEL will dabei auf bereits bestehende Initiativen und Strukturen aufbauen: Es sollen Organisationen und Kontrollstrukturen anerkannt werden können, wenn sie die Einhaltung der geforderten Kriterien durch ihre Mitglieder bzw. Teilnehmer sicherstellen. Dieses System soll durch eine Kontrolle der Kontrolle abgerundet werden.
- In die Förderung (für sollen grundsätzlich nur die Betriebe einbezogen werden, die über eine Flächenausstattung verfügen, die dem Tierbestand entspricht (max. 2,0 GV/ha). Bei der Berechnung der Viehbesatzdichte können Flächen im Betriebsverbund und vertraglich vereinbarte Ausbringungsflächen angerechnet werden. Diese Bedingung der Förderung sei laut BMEL eine unmittelbare Umsetzung des Koalitionsvertrages. Hier wurde festgelegt, dass die Entwicklung der Tierbestände sich an der Fläche orientieren soll.
- Das Bundesprogramm soll durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) verwaltet werden.
Förderprogramm soll bis Herbst 2023 stehen
Laut BMEL gehen die Eckpunkte jetzt den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zu. Parallel zu diesem Prozess bereitet das BMEL die Förderrichtlinien vor, die mit den betroffenen Ressorts abgestimmt werden. Im Anschluss ist die Notifizierung bei der Europäischen Kommission vorzunehmen. Voraussichtlich im Herbst 2023 soll das Bundesprogramm veröffentlicht werden.
Die ISN meint:
Ohne Frage, der Umbau der Tierhaltung kostet viel Geld – Geld, das die Schweine haltenden Betriebe angesichts der schon über zwei Jahre andauernden Krise nicht haben. Und der Markt wird die Mehrkosten nicht tragen. Deshalb ist die finanzielle Unterstützung der Betriebe bei den Investitionen und bei den entstehenden laufenden Mehrkosten richtig und wichtig. Klar ist, dass das in Aussicht gestellte Fördervolumen bei weitem nicht ausreichen wird, um die zusätzlichen Kosten für die Betriebe angemessen zu unterstützen. Aber selbst dieses begrenzte Fördervolumen wird nicht abgerufen werden, wenn die Zugangsvoraussetzungen derart begrenzend sind.
Beispielsweise sind die betrieblichen Obergrenzen für Förderung viel zu niedrig gewählt. Damit werden die angesichts der aktuellen Kostensteigerungen ohnehin noch zu niedrig angesetzten Förderquoten vollkommen ausgehebelt. Auch die aus fachlicher Sicht unsinnige 2 GV-Grenze (der Flächenbezug ist durch die Düngegesetzgebung bereits klar geregelt) wird die meisten Betriebe von der Förderung ausschließen. Abgesehen davon ist die Messlatte der Kriterien für den Umbau sehr hoch gelegt. So werden überwiegend lediglich Mitnahmeeffekte für wenige Betriebe – u.a. Biobetriebe – generiert.
Hinzu kommen die Genehmigungshürden, die nach wie vor nicht ausgeräumt sind und die einen Umbau ohnehin weiter blockieren
, so ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Wer eine Förderung in den Raum stellt, die für die meisten Schweinehalter kaum erreichbar ist, täuscht lediglich Unterstützung vor. Das hatten wir jüngst schon einmal bei der Investitionsförderung für den Stallumbau in der Sauenhaltung, die nur wenige Schweinehalter nutzen konnten. Für diese Schaufensterpolitik ist keine Zeit, denn die aktuellen Viehzählungsergebnisse zeigen eine gigantische Ausstiegswelle in der Schweinehaltung.
Auf die weiteren Details und Kritikpunkte werden wir im Rahmen der Verbändeanhörung zum Förderprogramm in unserer Stellungnahme näher eingehen.