BMEL stellt Konzept für ein nationales Tierwohlmonitoring vor
Im Rahmen des BMEL-Projekts Nationales Tierwohl-Monitoring
(NaTiMon) hat ein Konsortium von insgesamt zehn Institutionen ein Konzept für eine regelmäßige und systematische Messung des Tierwohls in der Nutztierhaltung entwickelt.
ISN: Der Grundgedanke, Tierwohl faktenbasiert abzubilden, ist richtig, wenn man dies auf der Basis tierbezogener Indikatoren vollzieht. Entscheidend ist es nun, nicht über das Ziel hinauszuschießen und nicht der Dokumentation und Kontrolle Vorrang vor dem eigentlichen Ziel – dem Tierwohl zu geben. Ein neues Bürokratiemonster wäre garantiert kontraproduktiv.
Ziel: Tierwohl faktenbasiert beurteilen
Tierwohl muss messbar sein, wenn man das Staatsziel nach Tierschutz verfolgt
, sagte der Präsident des Thünen-Instituts, Prof. Folkhard Isermeyer, bei der Vorstellung des Abschlussberichts zu einem Nationalen-Tierwohl-Monitorings (NaTiMon) gestern in Berlin. Mit dem vorliegenden Konzept sei es möglich, faktenbasiert zu beurteilen, wie es den Tieren gehe und wie sich Maßnahmen zur Verbesserung der Tierhaltung auswirken. Im Rahmen des NaTiMon-Projektes wurde von Wissenschaftlern gemeinsam mit Vertretern aus Landwirtschaft, Tier- und Umweltschutz eine Liste an geeigneten Indikatoren für die Tierwohl-Messung erarbeitet, berichtet Agra Europe.
Bestehende Audits erweitern und Aufwand gering halten
Der Leiter des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tierschutz und Tierhaltung (ITT), Prof. Lars Schrader, betonte die Notwendigkeit, den mit dem Monitoring verbundenen Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Es sei in dem Projekt nicht darum gegangen, einen zusätzlichen Audit bei den Betrieben einzuführen. Stattdessen habe man analysiert, welche Daten bereits vorhanden sind und welche Daten noch für ein möglichst genaues Bild des Tierwohls benötigt werden.
Zudem wurde diskutiert, wie die Daten anonymisiert erhoben und rechtssicher ausgewertet werden können.
Haltungssystem darf nicht zum Indikator werden
Grundsätzliche Zustimmung zu einem Nationalen Tierwohlmonitoring signalisierte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken. Nichts braucht die Tierwohldebatte dringender und nötiger als ein belastbares und objektivierbares Monitoringsystem mit einem klaren Set an Indikatoren
, sagte Krüsken. Damit das System funktioniere und von den Betrieben angenommen werde, müssten allerdings bestimmte Anforderungen erfüllt sein.
Der DBV-Generalsekretär warnte davor, einzelne Haltungssysteme zu einem Indikator für Tierwohl zu erheben. Stattdessen sollten sich die verwendeten Indikatoren zuallererst auf die Tiergesundheit beziehen. Zudem sollten die angewandten Kriterien objektiv sein und bei verschiedenen Auditoren auch zu vergleichbaren und wiederholbaren Ergebnissen führen müssen. Krüsken gab ferner zu bedenken, die Betriebe nicht mit weiteren Audits zu belasten. Stattdessen plädiere der DBV dafür, dass bei einer Umsetzung des Monitorings die Kontrollen im Rahmen der bestehenden Systeme wie QM, QS oder ITW erfolgen müssten.
Umsetzung und Finanzierung wird noch geprüft
Das NaTiMon-Projekt war 2018 vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) als Teil der Nutztierstrategie in Auftrag gegeben worden. Der nun vorliegende Empfehlungsbericht fasst wertvolle Erkenntnisse zusammen, die wir für uns und die weitere Arbeit auswerten
, erklärte die Parlamentarische Staatsekretärin im BMEL, Dr. Ophelia Nick, die den Abschlussbericht entgegennahm.
Die Bundesregierung habe den Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl eingeleitet, betonte die Grünen-Politikerin. Ein begleitendes Monitoring für die Erfassung des Gesundheitszustandes von Tieren schätzt sie daher als sehr wichtig ein. Mit Blick auf die knappen Haushaltsressourcen müsse sie jedoch die Erwartung an eine schnelle Umsetzung des Monitorings dämpfen, räumte Nick ein. Die Möglichkeit einer Finanzierung des Konzepte muss noch geprüft werden.
Die ISN meint:
Der Grundgedanke, Tierwohl faktenbasiert abzubilden, ist richtig, wenn man dies auf der Basis tierbezogener Indikatoren vollzieht. Richtig ist es auch, den Betrieben Instrumentarien an die Hand zu geben, um die Situation im eigenen Betrieb einordnen und verbessern zu können. Es gibt bereits eine Reihe etablierter Systeme, mit denen Daten gesammelt werden und mit denen ein Monitoring umgesetzt wird. Beispielhaft seien hier das Salmonellen- und Antibiotikamonitoring und die Erfassung der Schlachthofbefunddaten genannt. Weitere Indikatoren fließen oftmals auch in betriebliche und überbetriebliche Benchmark-Systeme ein. Diese Systeme müssen weiter Berücksichtigung finden. Entscheidend ist es nun, nicht über das Ziel hinauszuschießen und nicht der Dokumentation und Kontrolle Vorrang vor dem eigentlichen Ziel – dem Tierwohl zu geben. Fortschritt gibt es nur zusammen mit den Tierhaltern und nicht gegen sie, deshalb wäre ein neues Bürokratiemonster garantiert kontraproduktiv.