Bundesregierung will Beiratsempfehlungen nicht kurzfristig umsetzen
Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, Empfehlungen aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung
kurzfristig umzusetzen.
Zwar biete das Gutachten ein Bündel von Maßnahmen, mit denen die gesellschaftliche Akzeptanz der Nutztierhaltung deutlich verbessert werden könne, räumt die Regierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion ein. Allerdings seien diese Maßnahmen nicht durchweg als unmittelbare Handlungsanleitung geeignet
. Sie enthielten jedoch Ansätze, die längerfristig bei politischen Entscheidung berücksichtigt werden sollten
, heißt es in der Antwort.
Großer Aufwand, Zielkonflikt, oder Armutszeugnis?
Die Regierung hält dem Beirat vor, er berücksichtige bei vielen seiner Empfehlungen nicht hinreichend den Aufwand, der mit deren Umsetzung verbunden sei. Dies gelte nicht nur für die finanzielle Belastung der Landwirtschaft, sondern insbesondere auch für den Verwaltungsaufwand. Zielkonflikte wie etwa zwischen Tier- und Umweltschutz würden in dem Gutachten nicht ausgeräumt. Schließlich überschätze der Beirat den Einfluss der deutschen Politik im europäischen und internationalen Kontext, kritisiert die Bundesregierung.
Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff warf Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt daraufhin vor, er missachte die Empfehlungen seines eigenen Beirats. Sein Ressort halte Maßnahmen nicht für sinnvoll, nicht für machbar oder weist die Zuständigkeiten von sich
. Für Ostendorff ist offensichtlich, dass die Bundesregierung den Aufwand scheue, den die Umsetzung der Empfehlungen mit sich bringen würde, ebenso die notwendige Konfrontation mit dem Bauernverband und Wirtschaftsverbänden
. Für Schmidt sei das ein Armutszeugnis
.
Die ISN meint:
Die ISN unterstützt die Sichtweise der Bundesregierung zum Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik. Denn das Gutachten benennt aus Sicht der ISN viele Themen, welche die Wirtschaft bereits aufgegriffen hat. Zu nennen sind hier verschiedenste Kriterien, die u.a. Bestandteil der wirtschaftsgetragenen Initiative Tierwohl sind – angefangen beim Antibiotikamonitoring, über mehr Platz für die Tiere bis hin zu den nicht kurativen Eingriffen.
Hierbei ist es aus Sicht der ISN wichtig, dass kurzfristig Barrieren, die aufgrund von Zielkonflikten verschiedener gesetzlicher Vorgaben entstehen, abgebaut werden. Beispielsweise wird die Innovationskraft der Betriebe bei der Entwicklung alternativer Haltungsverfahren, oft durch das Genehmigungsrecht oder den Immissionsschutz ausgebremst. Bereits kleine bauliche Änderungen, z.B. der Einbau von neuen Fenstern erfordern eine neue Betriebsgenehmigung für den betreffenden Stall, welches zum einen mit hohen Kosten (Gutachten etc.) und zum anderen mit kaum zu schulternden Auflagen verbunden (z.B. Abluftfilter, Brandschutzauflagen) ist.
Vor diesem Hintergrund, begrüßt die ISN den ebenfalls von den Wissenschaftlern eingeforderten Dialog mit der Gesellschaft und die entsprechende Kommunikation in Richtung der Gesellschaft.