Bundestag berät über Umsetzung der UTP-Richtlinie – Länder fordern schärferes Recht
Der Bundestag berät heute über den Entwurf der Änderung des Agrarmarktstrukturgesetztes, mit dessen Vorlage die EU-Richtlinie gegen unfaire Praktiken des Lebensmitteleinzelhandels (UTP-Richtlinie) in Deutschland umgesetzt werden soll. Den Ländern geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht weit genug. Wie AgE berichtet, verlangt der Agrarausschuss des Bundesrates konkrete Maßnahmen für mehr Fairness in der Wertschöpfungskette und die Umsetzung der UTP-Richtlinie umfassend zu nutzen, um den Schutz der Primärerzeuger vor unlauteren Handelspraktiken zu verbessern.
ISN: Der Rahmen, in dem sich faire Handelspraktiken bewegen müssen, muss abgesteckt werden – ohne Wenn und Aber. Trotzdem darf die Politik hier aber auch nicht über das Ziel hinaus schießen und die Marktkräfte gänzlich aushebeln. Wie auch immer die Regelungen am Ende aussehen, Markt muss trotzdem stattfinden können, sonst sind sie kontraproduktiv für die Schweinehalter.
Im Bundestag steht heute die Änderung des Agrarmarktstrukturgesetztes auf der Tagesordnung. Mit dem Gesetzentwurf soll die EU-Richtlinie gegen unfaire Praktiken des Lebensmitteleinzelhandels (UTP-Richtlinie) in Deutschland umgesetzt werden. Laut Bundesregierung wird damit ein einheitlicher Mindestschutzstandard zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittellieferkette geschaffen. Bisher gängige Praktiken, wie kurzfristige Stornierungen von Bestellungen oder einseitige Änderungen von Qualitätsstandards und Zahlungsbedingungen sollen damit eingedämmt werden.
Länder fordern weitergehende Maßnahmen zur Stärkung der Lieferanten
Konkrete Maßnahmen für mehr Fairness in der Wertschöpfungskette verlangt der Agrarausschuss des Bundesrates. Nach einem Bericht von Agra Europe (AgE) spricht sich der Ausschuss in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf mit großer Mehrheit dafür aus, die Umsetzung der EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette (UTP-Richtlinie) umfassend zu nutzen, um den Schutz der Primärerzeuger vor solchen Praktiken zu verbessern.
So verlangen die Länder mehr Verbindlichkeit im Zusammenhang mit den im Gesetzentwurf aufgeführten unlauteren Handelspraktiken. Ihrer Auffassung nach sollten sämtliche Handelspraktiken, die in der sogenannten grauen Liste
enthalten sind und nur bei fehlender Vereinbarung zwischen Käufer und Lieferant verboten sein sollen, grundsätzlich untersagt werden. Alle grauen Handelspraktiken
im Gesetzentwurf seien zu verbindlichen Verboten zu erklären, heißt es in der Ausschussempfehlung. Darin kritisieren die Länder außerdem die im Gesetzentwurf vorgesehene Begrenzung der Unternehmen, die unter die geplanten Regelungen fallen sollen, auf einen Jahresumsatz von 350 Mio. Euro. Ihrer Auffassung nach können damit große Teil der Verarbeitungsunternehmen nicht von der Schutzwirkung des Gesetzes profitieren und sind weiterhin gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel in eine deutlich unterlegene Position.
Niedersachsen unterstützt Entschließungsantrag für schärferes Recht
Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium und das Wirtschaftsministerium kündigten in diesem Zusammenhang an, den Druck zu erhöhen, um faire Spielregeln im Verhältnis zwischen Landwirtschaft, Verarbeitern und Handel zu erreichen.
Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast forderte alle Marktpartner auf, Lösungen zu finden und für ein faires und respektvolles Miteinander zu sorgen. Gemeinsam mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann hatte Otte-Kinast am 13.01.21 ein Gespräch mit rund 40 Vertretern von Landwirtschaft, Handel, Verarbeitern und Verbrauchern geführt und einen Forderungskatalog aufgestellt, in den unter anderem die konsequente Umsetzung der UTP-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken aufgenommen wurde.
Die ISN meint:
Der Rahmen, in dem sich faire Handelspraktiken bewegen müssen, muss abgesteckt werden – ohne Wenn und Aber. Trotzdem darf die Politik hier aber auch nicht über das Ziel hinaus schießen und die Marktkräfte gänzlich aushebeln. Wie auch immer die Regelungen am Ende aussehen, Markt muss trotzdem stattfinden können. Beispielsweise sind Preisaktionen, die im Handel maßvoll und ausdrücklich nicht auf Ramschpreisniveau durchgeführt werden, gerade jetzt für den Schweinefleischabsatz elementar wichtig. Ein Preiswerbeverbot wäre also kontraproduktiv für die sich aktuell in einer Notlage befindlichen Schweinehalter. Denn dadurch schlittern sie nur noch mehr vom Schweinestau direkt in einen Vermarktungsstau. Es ist wie bei einem Motor: Wenn an vielen Schrauben gleichzeitig geschraubt wird, dann läuft man Gefahr, dass der Motor abgewürgt wird.