Deutsche Schweinefleischerzeugung schrumpft in Rekordtempo – ISN: Kahlschlag einer ganzen Branche
Die neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen einen drastischen Rückgang der deutschen Schweinefleischerzeugung in Folge des Abbaus der inländischen Viehbestände. Das Tempo des Rückgangs der Schweinefleischerzeugung ist dabei beispiellos. Seit Beginn der Aufzeichnung der Schlachtdaten im Jahr 1993 durch das Statistische Bundesamt hat es noch keinen derart deutlichen Rückgang im Jahresvergleich gegeben.
ISN: Was aber einmal abgerissen ist, lässt sich so schnell nicht wieder aufbauen. Die Schweinehalter brauchen dringend eine Perspektive. Wo bleibt der direkte Dialog mit den Schweinehaltern, Minister Özdemir?
Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes wurde in Deutschland in den ersten acht Monaten dieses Jahres 9,7 % weniger Schweinefleisch erzeugt als im Vorjahr. Stückzahlenmäßig wurden von Januar bis August mit 31,5 Mio. Schweinen ca. 3 Mio. Schweine bzw. 8,9 % weniger als 2021 geschlachtet. Aufgrund der niedrigeren Schlachtgewichte ging die erzeugte Menge in Tonnen stärker zurück als die Stückzahlen. Ausschlaggebend für den starken Rückgang ist der starke Abbau der inländischen Schweinebestände. Zwischen Januar und August wurden nur noch ca. 30,7 Mio. Schweine aus dem Inland geschlachtet. Das waren etwa 3 Mio. bzw. 9,1 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Menge an Schweinen aus dem Ausland, die in Deutschland geschlachtet wurden, blieb mit rund 800.000 Stück bzw. -1,0 % derweil relativ konstant.
Die ISN meint:
Die Gegner der Nutztierhaltung werden sich angesichts der drastisch sinkenden Tierbestände freuen. Und zuletzt wurden auch in der Politik immer deutlicher Forderungen nach einem Abbau der Tierbestände formuliert. So hatte beispielsweise Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, auf der ISN-Mitgliederversammlung im Juni eine Halbierung als erstrebenswertes Ziel genannt. Dieses Ziel wird nun schneller erreicht als erwartet und es ist zu befürchten, dass es sogar noch weit übertroffen wird. Das, was hier passiert, ist der Kahlschlag in einer ganzen Branche. Abriss ist einfach – was aber einmal abgerissen ist, lässt sich so schnell nicht wieder aufbauen
, mahnt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.
Wenn Aussagen des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir wie beispielsweise Wir wollen auch zukünftig gutes Fleisch aus Deutschland haben
oder Gemüse braucht Tierhaltung
, die er so oder so ähnlich getätigt hat, ehrlich gemeint und nicht nur Nebelkerzen waren, dann kann dieser Kahlschlag in der Schweinehaltung auch in der Politik nicht gewollt sein.
Die drastisch gesunkenen Schlachtungen spiegeln die dramatische Strukturkrise in der Schweinehaltung deutlich wider. Die Anzahl der insgesamt gehaltenen Schweine in Deutschland befindet sich derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Und auch die letzten Viehzählungsergebnisse im Mai haben gezeigt, dass die Ausstiegswelle immer weiter rollt und auch die kommende November-Viehzählung lässt ein mindestens genauso erschreckendes Bild erwarten.
Besonders beängstigend ist das derzeitige Tempo des Abbaus. Innerhalb eines Jahres schrumpft die deutsche Schweinefleischerzeugung aktuell um etwa 10 %. Solche Rückgänge hat es seit Beginn der Aufzeichnung der Schlachtdaten im Jahr 1993 durch das Statistische Bundesamt nicht einmal ansatzweise gegeben. Die größten Rückgänge im Jahresvergleich lagen bisher um die 3 %.
Ohne Frage, um den rasanten Ausstieg der Betriebe aus der Schweinehaltung und das Wegbrechen der heimische Versorgung mit Schweinfleisch abzubremsen, müssen endlich wieder auskömmliche Ferkel- und Mastschweinepreise her, die den extrem gestiegenen Kosten Rechnung tragen. Es braucht am Ende eine Notierung um 2,50 € je kg Schlachtgewicht, damit sowohl Ferkelerzeuger als auch Schweinemäster kostendeckend wirtschaften können. Aktuell fehlen also rund 60 € am Schwein
, so die Einschätzung von ISN-Marktexperte Klaus Kessing. Die Verluste haben natürlich mit den extrem gestiegenen Futter- und Energiekosten zu tun. Darüber sehen wir aber auch eine wirtschaftsfeindliche Politik, die immer stärker auf Ordnungsrecht setzt und die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schweinehaltung stetig weiter verschlechtert. Stattdessen brauchen die deutschen Schweinehalter endlich wieder eine Perspektive
, ergänzt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack und führt weiter aus: Das heißt, es braucht eine Nutztierstrategie, die diesen Namen auch verdient. Es muss Schluss sein mit immer mehr Ordnungsrecht und Scheinlösungen. Der Bundeslandwirtschaftsminister muss endlich zu seinem Wort stehen und die Schweinehalter in Deutschland durch echte Lösungen unterstützen – und zwar Lösungen, die den Schweinehaltern endlich wieder die Möglichkeit geben, in einem hart umkämpften und nach außen offenen Fleischmarkt zu bestehen und Lösungen, die den Schweinehaltern wieder Entwicklungsmöglichkeiten für ihre Betriebe mit der notwendigen Planungssicherheit bringen. Dazu muss Minister Özdemir endlich in den direkten Dialog mit den Schweinehaltern treten!