Diskussion über Ausstiegsprämie für Schweinehalter hält an
Aktuell wird intensiv über die Zukunft der deutschen Schweinehaltung und über eine mögliche Ausstiegsprämie für Schweinehalter diskutiert. ©ISN, ML Niedersachsen, PETA
Aktuell wird angesichts der Preiskrise am Schweinemarkt an vielen Stellen intensiv über die Zukunft der deutschen Schweinehaltung und in diesem Zusammenhang auch über eine mögliche Ausstiegsprämie für Schweinehalter diskutiert. So verlangten die Grünen heute im niedersächsischen Landtag eine Antwort auf die Frage, warum sich die Landesregierung gegen eine solche Fördermaßnahme ausspreche und auch die Tierrechtsorganisation PETA bezeichnete die Ausstiegsprämie in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung als dringend erforderlich.
Auch die ISN fordert eine finanzielle Unterstützung der schweinehaltenden Betriebe, hat sich allerdings deutlich gegen eine reine Ausstiegsprämie nach niederländischem Vorbild positioniert. Kurzfristig sind die Corona-Überbrückungshilfen von enormer Bedeutung, um den Betrieben über die aktuelle finanzielle Notlage hinweg zu helfen. Aber auch mittelfristig brauchen Schweinehalter weitere finanzielle Unterstützung durch Prämien – egal ob sie nun Ausstiegs-, Zukunfts- oder Umstrukturierungsprämien genannt werden. Wichtig für die ISN ist, dass der Fokus dabei auf den auch weiter aktiven schweinehaltenden Betrieben liegt.
Anfrage der Grünen im niedersächsischen Landtag
In einer Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der heutigen Sitzung des Niedersächsischen Landtages ging es vor dem Hintergrund der aktuell desaströsen Lage der Schweinehalter, die maßgeblich durch die Corona-Pandemie und den Ausbruch der Afrikanische Schweinepest (ASP) in Deutschland hervorgerufen wurde, um die Frage, was die Landesregierung tue, um Niedersachsens Schweinebranche zukunftsfähig aufzustellen. Dabei wollten die Grünen konkret wissen, warum die Landesregierung eine Förderung für aus- und umstiegswillige schweinehaltende Betriebe nicht unterstütze. Laut den Grünen solle im Rahmen der öffentlichen Debatte solche möglichen Förderprogramme beispielweise vom niedersächsischen Landvolk und der ISN begrüßt worden sein.
Otte-Kinast: Eine Verlagerung der Erzeugung ins Ausland kann keiner wollen
Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) widersprach der Aussage, die ISN habe eine Ausstiegsprämie gefordert – im Gegenteil habe sie vor den Folgen, nämlich der Verlagerung der Erzeugung ins Ausland, gewarnt. Das kann keiner von uns wollen,
betonte die Ministerin. Otte-Kinast nannte in ihrer Rede im niedersächsischen Landtag drei Gründe, die gegen eine Ausstiegprämie sprächen. Erstens dürfte sie beihilferechtlich nicht machbar sein. Zweitens begünstige sie viele Mitnahmeeffekte. Und Drittens entfalte sie keine marktstabilisierende Wirkung. Ob es stattdessen eine Zukunftsprämie geben werde, sei noch nicht entschieden. Wir stehen mit Blick auf die Zukunft der Schweinehaltung in unserem Lande weiterhin im engen Austausch mit der Landwirtschaftskammer, dem Landvolk und der ISN
, so die Ministerin.
FDP Niedersachen fordert verlässliche Politik
Der agrarpolitische Sprecher der niedersächsischen FDP-Landtagsfraktion, Hermann Grupe, äußerte sich in einem Statement zur Debatte im Landtag wie folgt: Diese Diskussion zeigt die völlige Perspektivlosigkeit, in die die Agrarpolitik die Landwirtschaft durch immer neue, widersprüchliche Forderungen manövriert hat. Ministerin Otte-Kinast hat darauf keine Antwort. Zu ihrem Vorschlag einer 'Zukunftsprämie' kann ich nur sagen: Zukunft gibt es nicht per Prämie. Eine solide, verlässliche Politik wäre vonnöten.
PETA will die Ausstiegsprämie
Auch die Tierrechtsorganisation PETA mischt sich aktuell in die Diskussion um eine Ausstiegsprämie für Schweinehalter ein und bezieht sich dabei unter anderem auf eine Studie der Universität Kiel, wonach sich 60 Prozent der 445 Befragten solch einen bezahlten Ausstieg aus der Schweinehaltung vorstellen könnten. Und diese Maßnahme ist auch dringend notwendig – vor allem, wenn wir nicht nur den wirtschaftlichen Aspekt betrachten
, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung. Weiter schreibt PETA: Jedes der über 55 Millionen Schweine in Deutschland ist ein Individuum mit eigenem Charakter. Und für jedes von ihnen ist es essenziell, dass eine Ausstiegsprämie aus der Schweinehaltung etabliert wird.
Deutschland solle den Fortschritt nicht länger mit Ausreden blockieren und davor warnen, dass sich die Tierhaltung ins Ausland verlagern könnte. Wir müssen eine Vorreiterrolle einnehmen und eine tierfreundliche, nachhaltige und gesunde Landwirtschaft voranbringen,
lautet das Fazit der Tierrechtsorganisation.
ISN fordert Gesamtmaßnahmenpaket plus Finanzierungsbaustein
Eines ist ohne Zweifel klar: Schweinehalter brauchen angesichts der aktuellen Preismisere finanzielle Unterstützung. Kurzfristig sind die Corona-Überbrückungshilfen von enormer Bedeutung, um den Betrieben über die aktuelle finanzielle Notlage hinweg zu helfen. Mittelfristig brauchen die Schweinebetriebe weitere finanzielle Unterstützung durch Prämien – egal ob sie nun Ausstiegs-, Zukunfts- oder Umstrukturierungsprämien genannt werden.
Vor dem Hintergrund unserer Umfrageergebnisse zur Zukunft der Schweinehaltung ist eine Diskussion um Ausstiegsprämien gut nachvollziehbar. Wir haben uns intensiv damit befasst und in unseren Gremien diskutiert. Dabei hat sich die Meinung gebildet, dass der Fokus auf den weiterhin aktiven Betrieben liegen muss. Eine reine Ausstiegsprämie nach dem niederländischen Vorbild wird dem nicht gerecht. Sie würde lediglich zur Verlagerung der Erzeugung ins Ausland führen. Trotzdem gilt: Das eine tun und das andere nicht lassen.
Deshalb wäre eine differenzierte Zukunftsprämie sinnvoll, durch die vorrangig die zukünftig weiter aktiven Schweinehalter finanziell unterstützt werden sollen. Sie könnte aber je nach regionaler Einordnung durchaus auch Ausstiegskomponenten enthalten, durch die auch aussteigende Betriebe profitieren würden. Damit könnte nämlich mit Blick auf unüberwindbare Genehmigungshürden eine Chance auf notwendige Betriebsentwicklungen ermöglicht werden.
Eine zukunftsfähige deutsche Schweinehaltung kann aber nur funktionieren, wenn die einzelnen Maßnahmen wie Zahnräder ineinandergreifen. Ganz wichtig ist hierbei ein Gesamtkonzept, das zwingend auch eine konsequente Herkunftskennzeichnung bis zur Geburt der Ferkel für alle Schweinefleischprodukte beinhalten muss. Natürlich kann es auch nur funktionieren, wenn Ferkelerzeuger und Schweinemäster schnell auskömmliche Preise bekommen und zwar solche, die auch Unternehmensgewinne möglich machen.
Fingerzeig nach Berlin
Die Debatte ist zudem ein klarer Fingerzeig nach Berlin. Zumindest mit seiner Forderung nach einer soliden, verlässlichen Politik, hat Hermann Grupe völlig recht. Daran werden sich die FDP sowie die anderen Ampel-Parteien aber auch messen lassen müssen – sei es im Rahmen ihrer voraussichtlichen Regierungsbeteiligung im Bund oder auch in einzelnen Bundesländern. So ist beispielsweise die FDP unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein an der Landesregierung beteiligt – beides sind Bundesländer mit einer hohen Dichte an schweinehaltenden Betrieben.
Die verschiedenen Parteien und Ministerien haben sich viel zu lange, wo es nur ging, gegenseitig Sand ins Getriebe gestreut und es sich mit Schuldzuweisungen leicht gemacht. Damit muss Schluss sein! Sonst sind am Ende wieder die Schweinehalter die Leidtragenden.