24.02.2021rss_feed

EDEKA wegen real-Übernahme nun auch im Fokus von Politik und Kartellamt

EDEKA wegen real-Übernahme nun auch im Fokus von Politik und Kartellamt © Bundeskartellamt, EDEKA, real

EDEKA wegen real-Übernahme nun auch im Fokus von Politik und Kartellamt © Bundeskartellamt, EDEKA, real

EDEKA will nach einem Bericht der Lebensmittelzeitung (LZ) aus der vergangenen Woche die Lieferanten bei der Übernahme von real-Märkten mitzahlen lassen. Inzwischen hatte die CDU-Bundestagsabgeordnete und Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Gitta Connemann, das Kartellamt um Einordnung des Vorgehens gebeten. Nun will das Kartellamt nach einer neuen Meldung der Lebensmittelzeitung eine Prüfung einleiten. EDEKA bestreitet die Vorwürfe. Schon bei der Plus-Übernahme wurde EDEKA für ein ähnliches Vorgehen gegenüber den Lieferanten durch das Bundeskartellamt gerüffelt.
ISN: Es ist genau richtig, dass die Agrarexpertin Connemann beim Kartellamt nachgebohrt hat. Richtig ist auch, dass die Bundesbehörde nun reagiert. Letztere darf sich nämlich nicht von EDEKA am Nasenring führen lassen und muss unverschämten Handelsgebaren – so sich diese bestätigen sollten – Einhalt gebieten.

 


Gitta Connemann hakt beim Kartellamt nach

In der vergangenen Woche hatten wir den Lebensmitteleinzelhändler EDEKA scharf dafür kritisiert, dass er angeblich in Zusammenhang mit der Übernahmeabsicht einer erheblichen Anzahl von real-Märkten seine Lieferanten zur Unterstützung bei der kaufmännischen Abbildung der Übernahme von Real-Standorten auffordere. Im Klartext, die Lieferanten sollen die Übernahme mitbezahlen. Nun kommt auch Kritik aus den Reihen der Politik. So hat sich die CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Gitta Connemann, in einem uns vorliegenden Brief an den Präsidenten des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, gewandt. In dem Schreiben heißt es, trotz der noch ausstehenden Prüfung des Kartellamtes bereite EDEKA bereits die Übernahme der real-Häuser vor und schaffe Fakten. Connemann bezieht sich dabei auf eine Meldung der Lebensmittelzeitung. Sie fragt u.a., wie das Bundeskartellamt das Vorgehen beurteile und wie das weitere Vorgehen der Behörde geplant sei. Zudem bittet Sie das Kartellamt zu bewerten, ob das Vorgehen des Lebensmitteleinzelhändlers eine Umgehung des Hochzeitsrabattverbotes darstelle. Es ist genau richtig und ein wichtiges Signal für die Bauern, dass Frau Connemann vom Bundeskartellamt eine Einordnung des Handelsgebarens der EDEKA einfordert, lobt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack den Brief.

 

Kartellamt reagiert – EDEKA streitet ab

Heute meldete die Lebensmittelzeitung (LZ) dann, dass das Kartellamt gegen EDEKA nun wegen der Sonderverhandlungsrunde mit den Lieferanten ein Verfahren einleite. Der Präsident des Kartellamtes habe gegenüber der LZ erklärt, dass man die Konditionenforderungen im Hinblick auf Anzapfverbot und Verstoß gegen Vollzugsverbot prüfen und mit Nachdruck verfolgen werde. Dies habe man EDEKA mitgeteilt. EDEKA habe die Sonderverhandlungen nun erst einmal gestoppt, so Mundt gegenüber der LZ. Und EDEKA habe inzwischen erklärt, dass ein Großteil der Anschuldigungen nicht zutreffend sei und man den pauschalen Verdacht der Verhandlung von Hochzeitsrabatten deutlich zurückweise, heißt es in der LZ.

 

Nicht zum ersten Mal

Man darf nicht vergessen – sollte sich der Inhalt des jüngsten Schreibens der EDEKA an die Lieferanten – wie von der LZ dargelegt – bewahrheiten, dann wäre EDEKA hinsichtlich dieser Verhandlungspraktiken ein Wiederholungstäter, so Staack. Bereits bei der Übernahme der Plus-Märkte im Jahr 2008 hatte EDEKA eine ähnliche Beteiligung der Lieferanten gefordert, ergänzt Staack. Das Bundeskartellamt hatte 2013 eine Abmahnung gegen EDEKA ausgesprochen. Laut einer Pressemeldung des Kartellamtes vom 29.01.2018 hat im Januar 2018 sogar der Bundesgerichtshof das Bundeskartellamt in entscheidenden Punkten seiner Missbrauchsverfügung gegen EDEKA zu den sogenannten Hochzeitsrabatten bestätigt und einige Grundsatzfragen beim Anzapfverbot geklärt. Dies betraf laut Pressemeldung die Forderungen der EDEKA nach einem Bestwertabgleich, einer Anpassung der Zahlungsziele und einer Partnerschaftsvergütung. Der Bundesgerichtshof habe hier ebenso wie das Bundeskartellamt gegen eine zu weitgehende Abwälzung des unternehmerischen Risikos von marktmächtigen Händlern auf Hersteller entschieden. Der Präsident des Kartellamtes, Andreas Mund, wurde in der Pressemeldung zitiert: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat gezeigt, dass das kartellrechtliche Verbot des Missbrauchs von Verhandlungsmacht greift. Der Gesetzgeber hat dieses Verbot mehrfach nachgeschärft. Nun hat der Bundesgerichtshof weitere Steine aus dem Weg geräumt. Das ist ein wichtiges Signal für die Branche. Hartes Verhandeln ist möglich, Missbrauch von Marktmacht ist verboten.

Zum Hintergrund (Zitat aus der Pressemeldung des Kartellamtes vom 29.1.2018):

Nach der Übernahme von Plus im Jahr 2008 hatte EDEKA einige einseitige Forderungen gegenüber seinen Lieferanten gestellt. Das Bundeskartellamt hatte dabei exemplarisch die Forderungen gegenüber den Herstellern von Sekt herausgegriffen und diese in einer Grundsatzentscheidung 2014 untersagt (vgl. Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 3. Juli 2014). Auf die Beschwerde der EDEKA hatte das OLG Düsseldorf 2015 die Untersagungsverfügung des Amtes vollständig aufgehoben, weil es keinen Missbrauch der Marktmacht und keine unzulässigen Forderungen der EDEKA für gegeben sah (vgl. Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 18. November 2015). In drei entscheidenden Punkten hatte das Amt Rechtsmittel eingelegt. In diesen Punkten hat sich der BGH nun auf die Seite des Amtes gestellt."

 

Kartellamt muss klare Kante zeigen

Angesichts der Abmahnung durch das Kartellamt und deren höchstrichterliche Bestätigung im Zusammenhang mit der Plus-Übernahme wäre es einfach nur dreist, wenn sich nun bestätigen sollte, dass EDEKA erneut die Lieferanten unter Druck gesetzt hat. Das Bundeskartellamt darf sich jetzt nicht von EDEKA am Nasenring führen lassen. Denn solange das aktuelle Übernahmeverfahren noch nicht abgeschlossen ist, hat das Kartellamt alle Fäden selbst in der Hand, um EDEKA gehörig auf die Finger zu klopfen. Gut, dass das Kartellamt hier scheinbar klare Kante zeigt, mahnt Staack.

 


EDEKA will Lieferanten für real-Übernahme zahlen lassen. ISN: Unverschämt!

Bundeskartellamt (29.01.2018): Bundesgerichtshof bestätigt Musterentscheidung des Bundeskartellamtes zum Anzapfverbot in entscheidenden Punkten

Bundeskartellamt (03.07.2014): Bundeskartellamt trifft Grundsatzentscheidung zum „Anzapfverbot“ - Forderungen der EDEKA gegenüber Lieferanten waren missbräuchlich

OLG Düsseldorf (18.11.2015): EDEKA/Plus-Übernahme: „Hochzeitrabatte“ nicht kartellrechtswidrig

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