EU-Agrarrat: Minister kritisieren EU-Emissionsrichtlinie
Die Gesetzesinitiative der EU-Kommission zur Ausweitung der EU-Industrieemissionsrichtlinie hat von den EU-Landwirtschaftsministern erneut Kritik erfahren, berichtet Agra Europe (AgE).
ISN: Die in Brüssel diskutierten Vorgaben zur Emissionsrichtlinie sind für die Landwirtschaft einschneidend. Die enormen Kosten der Emissionsminderungsmaßnahmen sind für normale familiengeführte Betriebe wirtschaftlich schlicht nicht umsetzbar.
Erhebliche Auswirkungen auf Tierhalter
Die EU-Landwirtschaftsminister ließen kürzlich an der von Brüssel geplanten Ausweitung der EU-Industrieemissionsrichtlinie auf bestimmte Nutztierhaltungen kein gutes Haar. Der amtierende EU-Agrarratspräsident, Tschechiens Landwirtschaftsminister Zdeněk Nekula, gab zu bedenken, dass die vorgesehenen Anpassungen erhebliche Auswirkungen auf viele Tierhalter hätten. Kritisch sieht Nekula, dass die Unterschiede zwischen der ökologischen Tierhaltung sowie der Freiland- und Weidetierhaltung nicht berücksichtigt werden.
Deutschland sieht Berechnungsschlüssel für Großvieheinheiten problematisch
Bekanntlich sollen die Regelungen laut Kommission für weitere Schweine- und Geflügelhaltungen sowie erstmals auch für große Rinderbetriebe gelten, und zwar sobald ein Schwellenwert von 150 Großvieheinheiten (GVE) überschritten wird. Gemäß dem Vorschlag sollen die neuen Vorschriften schrittweise ausgedehnt werden und schließlich für etwa 185.000 Betriebe in der gesamten Gemeinschaft gelten; derzeit sind es rund 20.000 Betriebe.
Bedenken auf deutscher Seite gibt es vor allem beim Berechnungsschlüssel für die Großvieheinheiten (GVE). So setzt der in der Bundesrepublik gebräuchliche Schlüssel bei 0,06 GVE bis 0,16 GVE je Schwein an. Der EU-Berechnungsschlüssel liegt hingegen bei 0,3 GVE.
Federführend für die Gesetzesinitiative sind die EU-Umweltminister; die Agrarminister können nur eine entsprechende Stellungnahme für den Umweltrat abgeben.
Die ISN meint:
Der Kritik aus dem EU-Agrarrat können wir nur zustimmen. Die Vorschläge der EU-Kommission zu den erweiterten Vorgaben bei der Emissionsrichtlinie bedeuten für die Tierhalter in der gesamten EU einen weiteren riesigen Brocken. Sollten die Vorschläge der EU-Kommission so durchgesetzt werden, würde dies das Aus für einen Großteil der schweinehaltenden Familienbetriebe bedeuten. Die enormen Kosten der Emissionsminderungsmaßnahmen sind für familiengeführte Betriebe wirtschaftlich schlicht nicht umsetzbar und würden zu einer weiteren Verstärkung der Ausstiegswelle aus der Nutztierhaltung führen. Statt die bisherigen Genehmigungshürden abzubauen, werden sie durch die vorgesehene Anpassung der EU-Emissionsrichtlinie weiter verschärft.
Auch wenn bis zum erwarteten Inkrafttreten der neuen Regelungen noch etwas Zeit verstreichen wird, müssen schon jetzt die Weichen richtig gestellt werden. Die Vorschläge der EU-Kommission dürfen so nicht umgesetzt werden!
Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir es ernst meint mit der Transformation der Nutztierhaltung und vor allem familiengeführte Betriebe in Deutschland halten will, dann muss er sich in Brüssel dringend mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Vorschläge der EU-Kommission so nicht umgesetzt werden! Oder will sich Minister Özdemir vorwerfen lassen, dass er so das erklärte politische Ziel – die Nutztierbestände zu reduzieren – durch die Hintertür erreichen will? Dahinter steht die Kernfrage an den Minister: Wollen Sie Haltung vor Ort oder Schweineimport? Im Moment sieht es nach Letzterem aus – zum Schaden der Schweinehalter, der Tiere und des Klimas.