EU-Industrieemissionsrichtlinie: EU-Umweltrat für deutliche Anhebung der GV-Schwellenwerte
Nach Auffassung der EU-Mitgliedstaaten müssen die Schwellenwerte für die Tierhaltung bei der Novellierung der EU-Industrieemissionsrichtlinie (IED) deutlich angehoben werden. Für die Schweinehaltung einigten sich die Umweltminister auf einen Schwellenwert von 350 GV, berichtet AgE.
ISN: Der Umweltrat greift einen wichtigen Kritikpunkt an den Vorschlägen zur Überarbeitung der EU-Industrieemissionsrichtlinie auf und geht einen Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem besteht weiterer erheblicher Anpassungsbedarf, um nicht noch mehr Schweinehalter durch die hohen Mehrbelastungen zur Betriebsaufgabe zu zwingen.
Wie eine Sprecherin des Rates gestern Abend gegenüber AGRA-EUROPE bestätigte, soll laut großer Mehrheit der Umweltminister u.a. für Schweine ein Grenzwert von jeweils 350 Großvieheinheiten (GV) gelten, ebenso für Gemischtbetriebe mit Schweine-, Rinder- und Geflügelhaltung. Diese Werte hatte die schwedische Ratspräsidentschaft als Kompromiss eingebracht. Die Brüsseler Kommission hatte in ihrem Richtlinienentwurf bekanntlich eine deutlich niedrigere Anwendungsgrenze von jeweils nur 150 GV vorgeschlagen. Nach dem Umweltrat muss sich nun noch das Europaparlament auf ein Verhandlungsmandat zur der IED verständigen. Im Anschluss können die Trilog-Gespräche starten.
GV-Berechnungsschlüssel weicht von deutschen Kennzahlen ab
Die im schwedischen Kompromiss herangezogenen GV-Berechnungsschlüssel des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) unterscheiden sich teilweise deutlich von den in der Bundesrepublik genutzten Werten des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL). So werden von Eurostat beispielsweise alle Schweine - außer Sauen sowie Ferkel unter 20 kg - mit 0,3 GV bewertet. Derweil sieht der in Deutschland übliche KTBL-Schlüssel nur 0,13 GV für Mastschweine im Gewichtsbereich zwischen 25 kg und 115 kg vor.
Extensive Haltung soll ausgenommen werden
Die Mitgliedstaaten einigten sich laut ihres beschlossenen Kompromisstextes zudem darauf, dass die Aufzucht von Rindern oder Schweinen in extensiver Haltung von der IED ausgenommen wird. Begründet wird dies mit deren positiven Beitrag zur Landschaftspflege, zur Verhütung von Waldbränden und zum Schutz der biologischen Vielfalt
. Hierzu zählt unter anderem die weidebasierte Rinder- oder Schweinehaltung mit geringer Besatzdichte, in denen die Tiere einen großen Teil des Jahres im Freien gehalten werden
.
Die ISN meint:
Der Umweltrat greift mit der Anhebung der vorgeschlagenen Schwellenwerte der EU-Kommission einen wichtigen Kritikpunkt an den Vorschlägen zur Überarbeitung der EU-Industrieemissionsrichtlinie auf und geht damit einen Schritt in die richtige Richtung. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vorschläge der EU-Kommission zu den erweiterten Vorgaben bei der Emissionsrichtlinie für die Tierhalter in der gesamten EU nach wie vor einen riesigen Brocken bedeuten. Nicht hinnehmbar ist insbesondere auch der geplante GV-Berechnungsschlüssel der EU, der bei gleicher Tierzahl in vielen Fällen zu einer mehr als doppelt so hohen Anzahl an Großvieheinheiten (GV) führen würde.
Von Eurostat werden beispielsweise alle Schweine - außer Sauen sowie Ferkel unter 20 kg - mit jeweils 0,3 GV bewertet. Dies bedeutet, dass die Obergrenze, ab der Betriebe nicht unter die IED fallen, gemäß dem möglichen Ratskompromiss von 350 GV bei 1.166 Mastschweinen liegen würde. Derweil sieht der in Deutschland übliche KTBL-Schlüssel aber nur 0,13 GV für Mastschweine im Gewichtsbereich zwischen 25 kg und 115 kg vor. Auf der Grundlage des deutschen Systems läge der Schwellenwert für einen Mastbetrieb mit rund 2.695 Schweinen mehr als doppelt so hoch.
Die enormen Kosten der Emissionsminderungsmaßnahmen sind für die Familienbetriebe wirtschaftlich schlicht nicht umsetzbar und würden zu einer weiteren Verstärkung der Ausstiegswelle aus der Nutztierhaltung führen. Obendrein bremsen die geplanten Änderungen den Transformationsprozess der Tierhaltung völlig aus, denn zwischen den vorgesehenen Verschärfungen und einem Mehr an Tierwohl besteht eine erhebliche Diskrepanz.