Strengere EU-Vorgaben für Tiertransporte – ISN: Nicht praktikable Regelungen befeuern Strukturwandel
Die EU-Kommission will die gesetzlichen Vorgaben für Tiertransporte in der EU weiter verschärfen und mehr Tierwohl umsetzen. Der Entwurf einer EU-Durchführungsverordnung wurde Ende 2023 veröffentlicht. So sollen u.a. die Transportzeiten reduziert werden und für Transporte bei hohen Temperaturen Nachttransporte verpflichtend sein. Die ISN hat im Rahmen des Konsultationsprozess der EU-Kommission zur Reform der Vorgaben beim Tiertransport eine Stellungnahme bei der EU und auch beim Bundeslandwirtschaftsministerium abgegeben.
ISN: Grundsätzlich ist es wichtig, bei den rechtlichen Vorschriften für Tiertransporte auf EU-Ebene eine Einheitlichkeit herzustellen, denn nur so ist eine Wettbewerbsgleichheit möglich. In Deutschland sind verschiedene Vorgaben zum Tiertransport bereits heute strenger geregelt, als es das EU-Recht vorsieht. Problematisch sind aber weitere Verschärfungen und nicht praxistaugliche Lösungen, die insbesondere in marktfernen Regionen den Strukturwandel weiter befeuern.
Schlachttransporte sollen auf 9 Stunden begrenzt werden
Erklärtes Ziel der EU ist es, mit der Reform der Transportvorgaben das Tierwohl zu verbessern. Daneben sollen die gesetzlichen Vorgaben an neueste wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst und besser durchsetzbar werden. Transporte von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Pferden zum Schlachthof sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission künftig grundsätzlich nicht länger als neun Stunden dauern. Sollen Schweine zu anderen Zwecken als der Schlachtung per Straße transportiert werden, so will die Kommission die Dauer auf 21 Stunden begrenzen, wobei nach zehn Stunden eine Pause eingelegt werden muss.
Bei hohen Temperaturen nur noch Nachttransporte
Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sieht der Kommissionsvorschlag vor, dass Straßenfahrzeuge abgedeckt werden und die Luftzirkulation kontrolliert werden muss, um die Tiere vor Unterkühlung zu schützen. Sollten die Temperaturen auf minus 5° oder tiefer fallen, so will die Kommission die Transportzeit zusätzlich auf neun Stunden begrenzen. Dasselbe Zeitlimit soll für Transporte zwischen 10 Uhr und 21 Uhr gelten, sobald die Temperaturen zwischen 25°C und 30°C liegen. Sollte es noch wärmer werden, dürfen die Tiere nur noch zwischen 21 Uhr und 10 Uhr verbracht werden.
Die ISN meint:
Einheitliche rechtliche Vorschriften für Tiertransporte in der gesamten EU sind grundsätzlich richtig und wichtig um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Deutschland durch die nationale Tierschutztransportverordnung manche Vorgaben schon heute strenger sind, als das EU-Recht vorsieht. Beispielsweise dürfen hierzulande Nutztiere seit der neu geregelten Tierschutztransportverordnung Anfang 2022 im Rahmen innerstaatlicher Transporte bereits heute nicht länger als acht Stunden zu einem Schlachtbetrieb befördert werden. Auch liegen die innerstaatlichen Regeln in Deutschland für Transporte bei hohen Außentemperaturen schon deutlich über den angestrebten Vorgaben der EU-Kommission. Diese Wettbewerbsverzerrung muss also erst einmal abgebaut werden.
Problematisch bei der Neugestaltung der EU-Vorgaben sind aber vorgesehene Regelungen, die schlicht unpraktikabel sind. Ein Beispiel ist die Verlegung der Tiertransporte auf die Nachtzeiten, wenn hohe Temperaturen herrschen. Transporte von Schlachtschweinen und Ferkeln müssen in der Praxis auch zukünftig noch möglich sein. Denn sonst werden die neuen Vorgaben den Strukturwandel in der Schweinehaltung weiter befeuern. Erhebliche Nachteile drohen vor allem Schweinehaltern in marktfernen Regionen mit geringer Schlachthofdichte, die durch weitere Einschränkungen vom Marktgeschehen und jeglichen Handelsmöglichkeiten quasi abgehängt würden.
Die Politik muss unbedingt Augenmaß bewahren – in der Schweinehaltung und damit auch in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen wurden und werden in Deutschland Strukturen bereits im großen Ausmaß abgerissen. Strukturen, die so schnell nicht mehr wieder aufgebaut werden können. Diese Punkte haben wir in unserer Stellungnahme an die EU deutlich gemacht.