06.02.2023rss_feed

Faktencheck: Fleischwirtschaft kritisiert LiDL

Lidl will zukünftig weniger Fleisch anbieten, um den Planeten zu retten. Fokus Fleisch kritisiert das.

Lidl will zukünftig weniger Fleisch anbieten, um den Planeten zu retten. Fokus Fleisch kritisiert das.

Lidl will zukünftig weniger Fleisch anbieten. Um den Planeten zu retten, sollen tierische Proteine im Sortiment durch pflanzliche ersetzt werden, erklärte der Discounter vor zwei Wochen auf der Grünen Woche in Berlin. Fokus Fleisch kritisiert diese Darstellung als nicht faktenbasiert und erklärt, warum der Verzicht auf Fleisch viel weniger fürs Klima bringt, als viele denken.

 

Weniger Fleisch essen fürs Klima? Das predigen landauf, landab seit Jahren vermeintliche Tier- und Umweltschützer. Auch der Discounter Lidl springt auf den Zug auf und versprach im Januar bei einem Gespräch mit der Lebensmittelzeitung auf der Grünen Woche in Berlin eine Reduktion tierischer Proteine im Sortiment. Das Ziel: Bis 2025 soll der Anteil pflanzlicher Proteine kontinuierlich erhöht werden. Der Grund: Weil es keinen zweiten Planeten gibt. Ein Wandel sei laut Christoph Graf, Lidl-Chefeinkäufer für den deutschen Markt, alternativlos. Wir brauchen auf der ganzen Welt eine bewusstere Ernährung, um uns in unseren planetaren Grenzen zu ernähren, so Graf. Doch basiert diese Darstellung auf Fakten? Das fragt sich Fokus Fleisch und macht den Faktencheck.

 

Fakten 1 - Verbraucherverhalten

Verbraucher möchten laut Fokus Fleisch auch weiterhin Fleisch einkaufen können. Das zeigen Daten der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung). Zwar ist die Nachfrage privater Haushalte nach Fleisch und Fleischprodukten in den letzten Jahren gesunken, doch die eingekaufte Menge betrug im Jahr 2021 noch immer beachtliche 3 Mio. t. Im selben Zeitraum machten Fleischersatzprodukten an diesen Einkäufen nur einen geringen Prozentsatz aus. In den letzten Jahren ist der Anteil von Ersatzprodukten von 0,8% in 2017 nur leicht gestiegen auf 2,2 % im Jahr 2021.

 

Fakten 2 - Landwirtschaft und Klima

Die Landwirtschaft hat 2021 im Vergleich zu anderen Emittenten mächtig Treibhausgase reduziert. Zwei Prozent weniger CO2-Ausstoß – das macht 1,2 Millionen Tonnen weniger im Jahresvergleich. Nach der Bilanz des Bundesumweltamtes für das Jahr 2021 unterschreitet die Landwirtschaft deutlich die im Bundesklimagesetz festgelegte maximale Jahresemissionsmenge von 68 Millionen Tonnen CO2. Andere Sektoren sollen dagegen laut UBA-Präsident Dirk Messner die Klimaziele größtenteils gravierend verfehlt haben und sogar starke Anstiege verzeichnen.

 

Fakten 3 - Wissenschaftliche Evidenz

744 Wissenschaftler aus der ganzen Welt haben bisher die Dublin Declaration unterschrieben, die der Nutztierhaltung eine existentielle Bedeutung für die Ernährung der Menschen zumisst. Nach Angaben eines der Initiatoren, Prof. Dr. Peer Ederer aus Friedrichshafen, hätten die Fachleute ausschließlich auf evidenter Basis eine Strategie verfasst, um Tierhaltung, Tierschutz, Klimaschutz und eine ausreichende Ernährung verantwortlich und ressourcenschonend zusammenzubringen.

 

Fakten 4 - Kreislaufwirtschaft

In der Dubliner Erklärung heißt es zudem: Nutz- und Herdentiere sind unersetzlich für die Aufrechterhaltung des Stoffkreislaufs in der Landwirtschaft, indem sie die großen Mengen an ungenießbarer Biomasse, die als Nebenprodukte bei der Herstellung von Nahrungsmitteln für die menschliche Ernährung anfallen, auf verschiedene Weise wiederverwerten. Nutztiere sind optimal in der Lage, diese Stoffe in den natürlichen Kreislauf zurückzuführen und gleichzeitig hochwertige Lebensmittel zu produzieren. Zudem sind ihre Klimagasemissionen Bestandteil eines biogenen Kreislaufs.

 

Fakten 5 - Weltweite Ernährung

Im Jahr 2050 werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Um diese ausreichend zu ernähren, muss sich die Nahrungsmittelproduktion auf der Erde laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) nahezu verdoppeln. Der Nahrungsmittelbedarf wird laut der FAO nicht nur wegen des Bevölkerungswachstums steigen. Die Urbanisierung und der damit oft verbesserte Lebensstandard der Menschen werden mit veränderten Ernährungsgewohnheiten in Schwellen- und Entwicklungsländern einhergehen. Die Nachfrage nach Getreide und anderen traditionellen Grundnahrungsmitteln wird sich hin zu tierischen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten verschieben.

 

Fakten 6 - Heimische Produktion

Die aktuelle Politik der Bundesregierung hat dramatische Folgen für die Landwirtschaft in Deutschland. Im Jahr 2022 sind allein 1.900 Bauern in Deutschland aus der Schweinehaltung ausgestiegen, die meisten von ihnen haben die landwirtschaftliche Produktion gänzlich aufgegeben. Es droht ein Strukturbruch. Die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln wird so nicht mehr gewährleistet, wenn sich der Trend fortsetzt. Bedrückende Zahlen: das statistische Bundesamt hat 2022 mit 21,3 Millionen Tieren den geringsten Schweinebestand seit 30 Jahren registriert.


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