21.08.2023rss_feed

Die Genehmigungshürden sind längst nicht aufgehoben

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Wie können die Genehmigungshürden beim Stallbau gemeistert werden? Zu dieser Fragestellung hatte Prof. Dr. Jörg Oldenburg, Inhaber des gleichnamigen Ingenieur- und Planungsbüro aus Niedersachsen im Juni beim Dialogforum anlässlich unserer Mitgliederversammlung in Münster referiert. Wir haben ihm fünf zentrale Fragen zu diesem Thema gestellt.

 

Herr Prof. Oldenburg, der Bundestag hat vor seiner Sommerpause beschlossen, das Baugesetzbuch zu ändern. Was wird mit der Änderung erreicht? Ist das nun die Lösung zur Auflösung der Genehmigungshürden beim Stall(um)bau?

Prof. Oldenburg: Die Änderung des Baugesetzbuches, der der Bundestag am 16. Juni 2023 mehrheitlich zugestimmt hat, betrifft Schweine haltende Betriebe im Geltungsbereich des BImSchG ohne ausreichende Flächenausstattung, also Betriebe mit gewerblicher Tierhaltung. Es soll der Umbau der Ställe zu höheren Haltungsstufen (ab der staatlich festgelegten Stufe Frischluftstall) ohne Bestandsaufstockung auch ohne die Notwendigkeit der Schaffung eines Bebauungsplans oder der entsprechenden Flächenerweiterung z.B. Zupacht ermöglicht werden. Die Hürden bei der Genehmigung sind dadurch längst nicht aufgehoben. Denn zum Einen betrifft die Regelung nur einen kleinen Teil der Betriebe und zum Anderen sind die Vorgaben aus anderen Rechtsbereichen (z.B. Umweltrecht, Emissionsrecht etc.) davon unberührt.

 

Was sind die großen Genehmigungshürden, wenn ein Betrieb seinen Schweinestall hin zu einer höheren Haltungsstufe umbauen will?

Prof. Oldenburg: Ein genehmigungspflichtiger Umbau der Ställe führt zunächst einmal dazu, dass dann auch alle seit der Erteilung der bestehenden Genehmigung angezogenen Genehmigungs- bzw. Rechtsanforderungen anzuwenden sind. Allein das führt zum erheblichen Aufwand und ggf. zu Schwierigkeiten bei der Umbaugenehmigung (zum Beispiel wenn sich seit der letzten Genehmigung schutzwürdige Biotope entwickelt haben oder ein Schutzgebiet ausgewiesen worden ist). Hinzu kommt, wenn der Umbau eines Stalles mit der Öffnung hin zu einer natürlichen Lüftung verbunden ist – und genau das ist politisch gefordert - können im Nahbereich der Anlage höhere Immissionen entstehen. Das kann, je nach Vorhandensein von Schutzgütern wie Wohnhäusern oder Biotopen, zu erheblichen genehmigungsrechtlichen Schwierigkeiten führen und je nach den Voraussetzungen im Umfeld einen solchen Umbau unter den derzeitigen Vorgaben unmöglich machen.

 


Prof. Dr. Jörg Oldenburg auf dem ISN-Dialogforum in Münster

Prof. Dr. Jörg Oldenburg auf dem ISN-Dialogforum in Münster

Was muss die Politik tun, um den Umbau der Ställe wirksam zu erleichtern?

Prof. Oldenburg: Mit der aktuellen Änderung des § 245 a (6) wird die Entprivilegierung aus 2013 für alle Haltungsstufen der Schweinehaltung nach dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz oberhalb der reinen Stallhaltung wieder aufgehoben. Damit sind nicht nur Umbauten zur Umsetzung der neuen Haltungsvorgaben in der Sauenhaltung möglich, sondern nun auch Umbauten in der Schweinemast zu höheren Haltungsstufen. Das Problem, dass Ställe mit Auslauf und freier Lüftung, resp. Außenklima-, resp. sog. Frischluftställe im Nahbereich grundsätzlich höhere Immissionen aufweisen als Ställe mit Zwangslüftung und ohne Auslauf ist durch diese Gesetzesänderung jedoch nicht gelöst. Der Gesetzgeber könnte Nachteile gegenüber der Umwelt zugunsten politisch gewollter Haltungssysteme wie schon in der TA-Luft zum Teil verbal genannt geringer wichten und gegeneinander abwägen. Ob ein solches Vorgehen zu Lasten der Umwelt jedoch verfassungsrechtlich Bestand haben wird, ist zu prüfen.

 

Was kommt im Rahmen der geänderten TA-Luft auf die Schweinehaltenden Betriebe zu?

Prof. Oldenburg: Die kostenträchtigen erhöhten technischen Auflagen müssen umgesetzt werden, auch wenn damit keine unmittelbare Verbesserung für die nachbarlichen Schutzgüter wie Mensch und Natur einhergeht, wie z.B. die Nachrüstung mit Abluftreinigungsanlagen, wenn gar keine Schutzgüter betroffen sind - weil schon alle aktuellen Immissionsgrenz- und -richtwerte eingehalten werden. Es führt im internationalen Kontext zu Wettbewerbsnachteilen ohne in jedem Fall das Schutzniveau für die Umwelt zu erhöhen. In vielen Fällen gehen die Wettbewerbsnachteile sogar mit einer grundsätzlichen Absenkung des Schutzniveaus einher, zum Beispiel immer dann, wenn mit der Umsetzung der geforderten technischen Maßnahmen mehr Beton und Stahl (z.B. durch mehr Fläche für die Tiere) und/oder Wasser und Energie (z.B. bei der Abluftreinigung) verbraucht wird.

 

Ist es sinnvoll einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu erstellen? Was ist dabei zu beachten?

Prof. Oldenburg: Der Vorteil eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes ist, dass dann die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den (Um)bau eines Stalles ohne die Notwendigkeit von weiteren Flächenpachten oder Flächenzukauf geschaffen werden können. Die Planungshoheit liegt jedoch immer bei der Kommune und damit ist der Vorhabenträger auf politische Mehrheiten angewiesen, ohne sich auf die Umsetzung von Rechtsgrundlagen wie zum Beispiel im BImSchG berufen zu können.


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