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ISN-Schlachthofranking 2014 - Teil 1: Wie Deutschlands Top 4-Schweineschlachter auf die Herausforderungen reagieren

Kaum eine andere Branche steht aktuell ähnlich stark in der öffentlichen Kritik wie die Schlachtbranche. Tierwohl, Regionalität und Nachhaltigkeit, aber auch Mindestlohn und Arbeitsbedingungen sind die Themen, mit denen sich die Unternehmen auseinandersetzen und für die sie Lösungen präsentieren müssen.

In einem Markt, in dem vor allem der Preis das entscheidende Kaufkriterium ist, stellt dies die Unternehmen vor eine nahezu unlösbare Aufgabe. Mit Folgen: Der Strukturwandel in der Schlachtbranche geht in großen Schritten weiter.


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Platz 1: Tönnies schlachtet jedes 4. Schwein

Insbesondere der Branchenprimus Tönnies setzte im vergangenen Jahr seinen Wachstumskurs fort. Mit europaweit über 17 Mio. Schlachtungen ist er der Konkurrenz in Deutschland scheinbar um Längen voraus. Jüngstes Mitglied in der Tönnies-Familie soll der Thomsen-Schlachthof im schleswig-holsteinischen Kellinghusen werden. Aber der Konzern investiert nicht nur kräftig in die Schlachtung und Zerlegung, sondern stellte bereits Ende 2014 ein neues Werk zur Heparinherstellung in Rheda-Wiedenbrück fertig. Daneben verfolgt Clemens Tönnies mit Nachdruck sein Ziel, eine Schweinefleischproduktion in Russland und Serbien aufzubauen. Auch mit der Zur-Mühlen Gruppe ging Tönnies auf Einkaufstour. Zuletzt wurde das Versmolder Fleischwarenunternehmen Heinrich Nölke mit den bekannten Marken wie Gutfried, Menzefricke und Müritzer übernommen.


Platz 2: Vion – Endlich Bewegung

Gänzlich anders stellt sich die Situation bei Vion dar, wo erhebliche Kapazitäten abgebaut wurden. Doch scheinen die Umbau- und Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre langsam Früchte zu tragen. Unter neuer Führung konnte der Sanierungskurs endlich konsequent fortgesetzt werden: Der Standort in Lingen wurde aufgegeben. Die Convenience Retail Sparte wurde verkauft. Ein Restrukturierungsprogramm für Bayern ist in Aussicht gestellt.

 


Westfleisch Logo neu

Platz 3: Frisches Geld in die Westfleisch-Kassen?

Bei der westfälischen Westfleisch standen die Vorzeichen im vergangenen Jahr weiter auf Wachstum, insbesondere in eine höhere Verarbeitungstiefe. Mit der Übernahme des Wurstherstellers Aldenhoven ist Westfleisch nach eigenen Angaben zu einem der größten Fleisch- und Wurstwarenhersteller Deutschlands aufgestiegen. Die Umwandlung in eine europäische Genossenschaft (SCE) soll das Unternehmen für ausländische Anteilseigner öffnen. Wohl auch, um Geld in die Kassen zu spülen und damit nicht vom rasanten Wachstumskurs der Konkurrenz abgehängt zu werden.


Platz 4: Danish Crown – Weitere Übernahmen geplant

Als schlafender Riese scheint Danish Crown in Deutschland in Lauerstellung zu liegen. In Dänemark kämpft Europas größtes Schlachtunternehmen seit Jahren mit abnehmenden Tierbeständen und schlecht ausgelasteten Standorten. Dennoch hat kein anderes europäisches Unternehmen Zugang zu vergleichbar lukrativen Exportmärkten, wie z.B. in Japan. Die Verantwortlichen wollen diese Marktstellung natürlich nicht aufgeben und kündigten auch nach der Übernahme des dänischen Konkurrenten Tican weitere Akquisitionen, Joint Ventures und Fusionen an, auch über Ländergrenzen hinweg. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland ein passender Partner gefunden wird.


Schlachtunternehmen reagieren auf hohen Konzentrationsgrad im Lebensmittelhandel

Beschleunigt wird der Strukturwandel vom noch stärker auf wenige Handelskonzerne konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel. Dort halten nur noch vier Unternehmen einen Marktanteil von 85 %. Es ist kein Geheimnis, dass die Einkäufer im Lebensmitteleinzelhandel sich ihrer exponierten Wettbewerbsstellung sehr bewusst sind und enormen Preisdruck ausüben. Nicht nur Tönnies hält eine Mindestgröße daher für notwendig. Die großen drei der Branche können nur aufgrund ihrer Größe mit dem LEH auf Augenhöhe verhandeln, so der Unternehmer auf der ISN-Mitgliederversammlung.

 

Wachsen oder weichen?!

Verstärkt wird dieser Trend noch einmal durch die immer höhere Messlatte der sonstigen Rahmenbedingungen, die in den Jahres- bzw. Halbjahresgesprächen festgelegt werden. Salmonellenstatus, Tierwohl und Herkunft der Tiere sind nur einige Schlagwörter, die für die Handelskonzerne immer mehr Bedeutung einnehmen. Das alles soll es natürlich möglichst zum Nulltarif geben.

Daher scheint ein Trend in der Schlachtbranche nicht aufzuhalten zu sein: Eine immer weiter zunehmende Marktspaltung. Mit jedem weiteren Sortierkriterium, wie z.B. Geschlecht, Aufzuchtland oder Salmonellenkategorie, nehmen die Chargengröße und damit die Wettbewerbsstellung der anbietenden Schlachtunternehmen ab. Gerade für die kleineren Unternehmen der Branche ist diese Aufgabe kaum zu stemmen. Für sie bleibt nur, eine Nische zu bedienen oder sich den Großen der Branche anzuschließen.

In Kürze veröffentlichen wir den zweiten Teil mit der Gesamtauswertung zu den TOP 10 des ISN-Schlachthofrankings.

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