Junge DLG: Betriebsentwicklung mit knappen Ressourcen
Nahezu 200 landwirtschaftliche Nachwuchskräfte diskutierten drängende Fragen im Rahmen der Jahrestagung der Jungen DLG in Vechta
(DLG). Nahezu 200 landwirtschaftliche Nachwuchskräfte aus ganz Deutschland kamen am zweiten Juniwochenende in der niedersächsischen Veredelungshochburg Vechta zusammen, um sich drängenden Fragen zu den künftigen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft, zu den Herausforderungen wachsender Regionen und den Betriebsentwicklungschancen bei knappen Ressourcen zu widmen. Dabei standen nicht nur Flächenknappheit und Fachkräftemangel im Fokus. Man diskutierte auch darüber, wie es gelingen kann, mehr Akzeptanz bei den Verbrauchern zu gewinnen.
Im Hauptreferat des Vormittags stellte Prof. Harald von Witzke von der Humboldt-Universität Berlin die Herausforderungen wachsender Regionen im internationalen Kontext heraus. Mit seiner These vom Ende der landwirtschaftlichen Tretmühle prognostiziert der Agrarökonom für die kommenden zwei Jahrzehnte deutlich höhere Preise. Rückblick: Die landwirtschaftliche Tretmühle war wirksam zwischen 1870 und 2000. Dem starken Wachstum der globalen Nachfrage nach Nahrungsgütern stand ein noch stärkeres Wachstum des weltweiten Nahrungsmittelangebotes gegenüber. Der Preistrend zeigte nach unten. Das hat sich geändert. Weiteres Bevölkerungswachstum, das in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts stärker ausfallen wird als in der bisherigen Geschichte der Menschheit, und zunehmende Pro-Kopf-Einkommen in Entwicklungsländern lassen die Nachfrage stärker steigen als das Angebot. Die Flächen sind begrenzt und Produktionswachstum muss vorrangig durch Steigerung der Flächenproduktivität erzielt werden. Das Dilemma: Diese Produktivitätsfortschritte sind rückläufig. Steigende Agrarpreise bedeuten auch höhere Futtermittelpreise und damit steigende Kosten für Tierhalter. Diese lasten zunächst auf den Schultern der Schweine-, Milch- und Geflügelproduzenten, werden dann aber mit zeitlicher Verzögerung an die Konsumenten weitergegeben.
In seinem Fazit kommt der Agrarökonom zu dem Schluss, dass die Produktivitätssteigerung der Schlüssel zur Verringerung von Hunger, der Verlangsamung des Klimawandels sowie der Erhaltung natürlicher Lebensräume ist. Weil die Europäische Gemeinschaft (EU) aber dieses Produktivitätswachstum vernachlässigt hat, ist sie weltgrößter Nettoimporteur von Agrarprodukten geworden, noch vor den USA und China. Diese Nettoimporte entsprechen einem Import von 35 Mio. ha virtuellen Ackerlands und damit einer Fläche so groß wie Deutschland. Vor diesem Hintergrund bezeichnet von Witzke den Kommissionsvorschlag zum Greening
als anachronistisch.
Knappheit als Arbeitsauftrag – so lautete der Titel des Vortrages von Silvia Breher. Der Landkreis Vechta ist heute eine Boomregion
, mit diesen Worten begann die Geschäftsführerin des Kreislandvolkverbands Vechta ihren Vortrag. Das war aber längst nicht immer so. Im Gegenteil. Südoldenburg glich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wegen der kargen Sandböden eher einem Armenhaus. Infolgedessen wanderten viele in die USA aus oder arbeiteten als sogenannte Hollandgänger
in den Niederlanden. Das änderte sich erst mit dem Anschluss der Region an das Eisenbahnnetz. Das war der Startschuss für die Veredelung im Oldenburger Münsterland, weil mit der Bahn Getreide aus den nahen Seehäfen herbeigeschafft und Schlachttiere in das Rhein- und Ruhrgebiet geliefert werden konnten. Die Impulse für die Entwicklung eines starken Agribusiness kamen aber aus der Landwirtschaft. Dabei war der Knappheitsfaktor Boden schon immer präsent und drückt sich heute in nüchternen Zahlen so aus: Der durchschnittliche Kaufpreis für landwirtschaftliche Flächen lag 2011 bei durchschnittlich 48.000 €/ha, wobei Höchstgebote auch schon mal in Regionen von 80.000 bis 100.000 €/ha reichten. Preise für Neuverpachtungen liegen im Bereich von 1.500 €/ha oder darüber. Das wirkt zusätzlich als Innovationsmotor. So hat sich in den letzten 25 Jahren die Zahl der Schweine auf knapp 1,5 Mio. Tiere verdoppelt. Das Überraschende dabei so Breher: Trotz der hohen Tierzahlen (mehr als 4 GV/ha) ist die Akzeptanz in der Bevölkerung nach wie vor sehr gut. Bürgerinitiativen bei Stallbauvorhaben kennt man bislang nicht. Die Erkenntnis, dass die Veredelungswirtschaft ein wichtiges Wirtschaftsstandbein der Region darstellt und Wertschöpfung generiert, ist tief verankert. Darüber hinaus besteht bei Bauvorhaben ein guter Dialog mit den Kommunen. Oftmals sind es Falsch- oder Fehlinformationen, die man in einem offenen Dialog ausräumen und so eine eventuelle Verunsicherung der Anwohner ausräumen kann
, ist sich Breher sicher.
Knappe Ressource Boden
Steuerberater Johannes Fortmann stellte in seinem Vortrag Flächenoptimierung am Schreibtisch
an verschiedenen Beispielen die steuerlichen Folgen gewerblicher Tierhaltung dar. Übersteigt ein Schweinemastbetrieb die Vieheinheitengrenze und fällt in die Regelbesteuerung, ergibt sich daraus ein Steuernachteil von über 4 € pro Mastschwein. Die Lösung könnte eine Teilung des bisherigen Unternehmens in mehrere selbständige Betriebe sein. Oder man gründet eine Tierhaltungskooperation (§ 51a Bewertungsgesetz/BewG) mit einem Ackerbaubetrieb, der die fehlenden Vieheinheiten bereitstellen kann. Natürlich gibt es diese Lösungen nicht zum Nulltarif. Neben Kosten für die eigenständige Buchführung, Sozialbeiträge und Tierseuchenkasse entsteht auch ein höherer Managementaufwand. Deshalb wirkt sich der Pauschalierungsvorteil auch auf die mögliche Pacht aus, die ein Viehhalter bereit ist zu zahlen. Das führt neben der Verknappung zusätzlich zur Verteuerung des Produktionsfaktors Boden. Das ist aber nur ein Aspekt, den Veredelungsbetriebe zusätzlich in ihre Kalkulation einbeziehen. Ein weiterer ist die Verwertung der anfallenden Gülle.
Heinz-Hermann Wilkens von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen führte in seinem Vortrag zusätzlich den Gärresteanfall aus Biogasanlagen ins Feld, die den Druck auf den Flächenmarkt zusätzlich verschärft haben. Der Nährstoffanfall an sich ist nicht das Problem. Auf Niedersachsen gesamt gesehen sind das 117 kg N pro ha LF. Die Verteilung ist das Problem! Deshalb rät Wilkens, die Transportwürdigkeit der Gülle z.B. durch Innovationen in neue Technik der Separierung zu verbessern. Einen weiteren Ansatz sieht er in der Entwicklung eines Logistiksystems zur Verbringung der Gülle und Gärreste in Bedarfsregionen.
Wie ein Betrieb mit Pachten jenseits der 1.000 €-Marke zurecht kommt, schilderte Praktiker Ludger Deters, der Produktionsleiter Ackerbau auf dem Betrieb Teepker in Handrup ist. Im Emsland laufen Neuverpachtungen überwiegend über Makler und der persönliche Bezug zum Verpächter geht zusehends verloren. Flächengröße, Zuschnitt und Bodenqualität spielen kaum mehr eine Rolle. Zudem werden zunehmend nur noch kurze Laufzeiten von bis zu fünf Jahren abgeschlossen, was den Bewirtschaftern wenig Planungssicherheit schafft. Die Folge: Die Grenzkosten der Pacht werden immer mehr zu Durchschnittskosten, und das bei steigenden Pachtanteilen. Das macht einen intensiven Ackerbau notwendig, bei dem im Prinzip nichts schiefgehen darf. Der Betrieb Teepker mit Ferkelproduktion und Schweinemast, Geflügelmast, Ackerbau und Biogas setzt neben der optimalen Ausnutzung der Vieheinheiten durch Betriebsteilungen auf Kooperationen mit anderen Landwirten. Außerdem lautet die Betriebsphilosophie: Spezialisierung. So werden neue Betriebszweige nur mit tragfähiger Betriebsgröße als zusätzliches Standbein etabliert. Den eingeschlagenen Weg der Intensivierung will man konsequent weiter beschreiten.
Das Get-together
zum Ausklang des Tages gab den Teilnehmern nicht nur die Möglichkeit zum Weiterdenken der Thesen des Tages und zum Austausch, sondern bot auch die Möglichkeit zum Netzwerken
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Den Abschluss der Jahrestagung bildeten am Sonntagmorgen Besichtigungen von Praxisbetrieben in der Region .Die Exkursionen führten zur Teichwirtschaft Ahlhorn, zum Milchviehbetrieb Kriesmann, zum Beerenobst Moormann und zum Hof Teepker (Ferkelproduktion, Schweine- und Hähnchenmast, Biogas sowie Ackerbau).