Kastenstand-Urteil – keine Entscheidung für eine bundesweite Umsetzung
Punktsieg für die Behörden in Sachsen-Anhalt in der Auseinandersetzung mit einem Unternehmen des niederländischen Schweinehalters Adrianus Straathof: Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg bestätigte in dieser Woche die tierschutzrechtlichen Auflagen des Veterinäramtes im Landkreis Jerichower Land zur Breite von Kastenständen in einer Anlage der Straathof-Gruppe.
Laut der Behörde müssen alle belegten Kastenstände so gestaltet sein, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Bei der geforderten Kastenstandbreite ist vom Stockmaß der Tiere die Rede. Es geht hierbei um die bis zum 28. Tag nach der Belegung erlaubte Einzelhaltung von Sauen in Kastenständen. Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ist bezüglich der Kastenstandbreiten nicht klar formuliert. Aktuelle Ausführungshinweise, beispielsweise aus Niedersachsen (65 bzw. 70 cm), geben hierzu jedoch eine eindeutige Richtung vor.
Umgehende Reaktion aus der Politik
Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Dr. Onko Aeikens begrüßte das Urteil und bezeichnete es als bundesweit wegweisend.
Sein Amtskollege aus Mecklenburg-Vorpommern Dr. Till Backhaus unterstrich zwar ebenfalls die Bedeutung des Urteils und sah die Empfehlung seines Hauses an die Sauenhalter, außerhalb der Abferkelbereiche auf eine Kastenstandhaltung zu verzichten, bestätigt. Er warnte aber gleichzeitig davor, nun unüberlegt Forderungen aufzustellen, weil gerade kleinere Tierhaltungen die Umstellung auf neue Haltungssysteme nicht finanzieren könnten.
Weitere Rechtswege?
Wie die Anwaltskanzlei von Straathof in einer uns vorliegenden Pressemeldung mitteilt, geht der Rechtsstreit möglicherweise in die nächste Runde. Dort heißt es: Die DEMVA GmbH erwägt beim Bundesverwaltungsgericht die Zulassung der Revision zu beantragen, da es um die Auslegung von Bundesrecht geht und das Verfahren grundsätzliche Bedeutung hat.
Die ISN meint:
Auch wenn von Landwirtschaftsminister Aeikens und verschiedenen anderen Seiten das Urteil bereits als maßgeblich für ganz Deutschland angesehen wird: Das Urteil war ein Punktsieg für die Behörden – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Zunächst handelt es sich um ein den Einzelbetrieb betreffendes Urteil.
Hieraus dürfen nun keine Schnellschüsse bezüglich einer bundesweiten Umsetzung erfolgen, denn diese würden verheerende Folgen für die Sauenhaltung in Deutschland haben. Die Verhältnismäßigkeit muss im Blickfeld bleiben und Vertrauensschutz muss Bestand haben. Denn so gut wie 100 % der Sauenhalter in Deutschland sind in jüngster Vergangenheit im Rahmen der Umsetzung der Gruppenhaltung der Sauen hinsichtlich der rechtmäßigen Umsetzung der Nutztierhaltungsverordnung überprüft worden. Sie haben die Einhaltung der Gesetzesvorgaben also jüngst unter Beweis gestellt. Abgesehen davon sind die bisherigen Ausführungshinweise in den Ländern auch nach wie vor nicht zurück genommen.
Erste Rückmeldungen aus den Behörden und die Stellungnahme von Minister Backhaus stimmen uns zuversichtlich, dass man nun besonnen das Thema weiter diskutiert. Sicherlich werden sich die Fachleute an den verschiedenen runden Tischen zum Tierschutz, aus der Wissenschaft usw. nun damit beschäftigen müssen. Die ISN bringt sich in die fachliche Diskussion in jedem Fall konstruktiv ein.