Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung legt Vorschläge vor
Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung hat in dieser Woche seinen Abschlussbericht offiziell an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner übergeben. (Bildquelle: BMEL)
Das vom früheren Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert geleitete Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung hat in dieser Woche seinen Abschlussbericht offiziell an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner übergeben. Den Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes zufolge steht der deutschen Nutztierhaltung ein großer Umbauprozess bevor.
ISN: Es ist ein durchdachter Ansatz, mit dem man sich beschäftigen muss. Es droht ein Strukturbruch in der Schweinehaltung, deswegen brauchen wir dringend ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie die Nutztierhaltung in Deutschland weiterentwickelt werden kann.
Nutztierhaltung vs. Gesellschaftliche Akzeptanz
In seiner Darstellung der aktuellen Situation der deutschen Landwirtschaft, sieht das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung die Kritik an den Bedingungen in der intensiven Nutztierhaltung als eine der drei größten Herausforderungen. Sowohl die Haltungsverfahren wie auch die Züchtung aus Tierschutzgründen werden zunehmend und teilweise massiv sowohl von fachwissenschaftlicher Seite als auch aus der Mitte der Gesellschaft heraus kritisiert, heißt es im Positionspapier. Das Beratergremium des Bundeslandwirtschaftsministeriums vertritt die Meinung, dass sich die Situation für die Tierhalter weiter verschärfen wird und die derzeitigen Haltungsverfahren auf dem Rechtsweg als auch politisch zunehmend unter Druck geraten werden.
Hier sieht das Kompetenznetzwerk großen Handlungsbedarf und empfiehlt einen deutlichen Umbau der Nutztierhaltung, unter der Prämisse den fachlichen und gesellschaftlichen Ansprüchen an den Tier- und Umweltschutz zu entsprechen und trotzdem wettbewerbsfähig zu bleiben.
Umstellung der gesamten Nutztierhaltung auf höheren Tierwohlstandard
Konkret schlägt das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung für die Haltungsvorschriften ein Stufensystem vor, wie es auch in der geplanten Tierwohlkennzeichnung des Bundeslandwirtschaftsministerium vorgesehen ist:
- Stufe 1/Stall plus: mehr Platz, mehr Beschäftigungsmaterialien u. a.
- Stufe 2/verbesserte Ställe: zusätzlicher Platz, Strukturierung, Klimazonen möglichst mit Kontakt zu Außenklima, teilweise Planbefestigung u. a., Neubauten mit Kontakt zum Außenklima, Umbauten möglichst mit Kontakt zu Außenklima.
- Stufe 3/Premium: mehr Platz als in den Stufen 1 und 2, Auslauf bzw. Weidehaltung (Rinder, Geflügel) u. a. Das Niveau dieser Stufe orientiert sich weitgehend an den Haltungskriterien des ökologischen Landbaus.
Längerfristig soll erreicht werden, dass die deutschen Nutztierhaltung komplett in Stufe 2 überführt wird. Dass das nicht von heute auf morgen passieren kann, wurde bei der Zielführung berücksichtigt. In langen Übergangszeiträumen soll die Umstellung erfolgen und dabei ausschließlich auf freiwilliger Basis und durch Förderanreize erfolgen. Der Zeitplan im Positionspapier sieht vor, dass im Jahr 2040 die oben aufgeführte Haltungsstufe 2 als gesetzlicher Standard gelten soll. Stufe 3 solle zu einem Marktanteil von mindestens 10 % vorhanden sein.
Finanzierung über Verbrauchssteuer?
Für die Umsetzung schlägt das Beratergremium Kosten in Milliardenhöhe an. Die entstehende Finanzierungslücke für den Erzeuger soll durch eine Kombination aus Prämien zur Abdeckung der laufenden Kosten und einer Investitionsförderung nahezu ganz geschlossen werden. Da das nicht allein aus dem Haushalt des BMEL finanziert werden kann, wurden folgende alternative Finanzierungsoptionen diskutiert:
- Ein Rückgriff auf allgemeine Steuermittel.
- Eine Umwandlung der EU-Direktzahlungen.
- Steuern/Abgaben, die tierische Produkte für die Endverbraucherinnen und Endverbraucher verteuern und pro Produkteinheit erhoben werden
Die Mitglieder des Gremiums waren nach Abwägung der diskutierten Vor- und Nachteile der Meinung, dass eine mengenbezogene Abgabe auf tierische Produkte im Sinne einer Verbrauchssteuer die am besten geeignete Lösung sei. Dabei seien Sätze von 40 Cent pro kg Fleisch und Fleischverarbeitungsprodukte, 2 Cent pro kg Milch und Frischmilchprodukte sowie Eier und 15 Cent pro kg Käse, Butter und Milchpulver denkbar.
ISN meint:
Alles in allem, hat das Kompetenzwerk in seinem Bericht einen durchdachten Ansatz, der es wert ist, dass man sich eingehend mit ihm beschäftigt! Unserer Meinung nach wäre es sogar fahrlässig das nicht zu tun, denn wir haben schlicht keine Zeit mehr. Die Schweinehalter brauchen endlich wieder Planungssicherheit und Perspektive, sonst droht ein Strukturbruch in der Schweinehaltung. Gut ist: Es ist das erste Gutachten, dass von realistischen Kosten für die Umsetzung ausgeht und diese jährlich benötigten Milliardenbeträge auch ungeschönt nennt.
Bei der Finanzierungsfrage muss klar sein, dass der Marktpreis auch weiterhin am freien Markt erzielt werden muss. Marktpreis plus Tierwohlzuschlag, darum geht es. Wir müssen uns also etwas überlegen, wie das laufen kann. Und dabei sollte es keine Denkverbote geben! Eine pauschale Ablehnung einzelner Wege aufgrund von Begrifflichkeiten und mit Totschlagargumenten ist wenig zielführend. Am Ende müssen die Lösungsansätze nebeneinandergelegt und die Vor- und Nachteile bewertet werden. Erst dann kann eine Entscheidung getroffen werden, welcher Weg am besten ist.
Neben den finanziellen Aspekten spielt ganz besonders auch die Umsetzbarkeit eine Rolle. Ausgangsbasis sind im weit überwiegenden Teil unsere bestehenden Ställe. Hier kommt es dann auf die genaue Ausgestaltung der Kriterien und auf die Genehmigungsfähigkeit der notwendigen Anpassungsmaßnahmen an.