14.11.2022rss_feed

Kupierverzicht in Finnland - ein genauer Blick über den Tellerrand

Header Exkursion Finnland

Das routinemäßige Schwanzkupieren beim Schwein ist europaweit verboten. Die Umsetzung ist in Deutschland – wie in den meisten anderen EU-Staaten auch – eine riesige Herausforderung für die Schweinehalter. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Projekte in Wissenschaft und Praxis durchgeführt und Modell- und Demonstrationsbetriebe sind als Vorreiter voran gegangen. In einzelnen EU-Staaten wird der Kupierverzicht dagegen seit vielen Jahren erfolgreich umgesetzt – beispielsweise in Finnland. Warum geht dort, was sich in anderen EU-Staaten als äußerst schwierig gestaltet? Das unter der Projektträgerschaft der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung geförderte Nationale Wissensnetzwerk Kupierverzicht hat sich nun zusammen mit verschiedenen Fachexperten einen Überblick über die Schweinehaltung und die Bedingungen in den Schweineställen in Finnland gemacht. Die Erkenntnisse wurde in verschiedenen Kurzfilmen zusammengefasst.

 

Der Wissenstransfer zur Umsetzung des Kupierverzichts beim Schwein und zur Haltung unkupierter Schweine ist Kernauftrag des vom Bund unter der Projektträgerschaft der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung geförderten Projektes Nationales Wissensnetzwerk Kupierverzicht. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, auch über die Grenzen hinweg dort hinzuschauen, wo seit Jahren keine Schwänze bei Schweinen mehr kupiert werden – nach Finnland. Eine Woche lang reiste Expertengruppe mit einem Kameramann durch das Land und besuchte dabei verschiedene schweinehaltende Betriebe. Dabei arbeiteten die Fachleute Gemeinsamkeiten und Unterschiede u.a. zu den Themen Fütterung, Stallklima, Buchtenstruktur und Tiergesundheit Unterschiede zur Schweinehaltung in Deutschland heraus. In Finnland wurde bereits vor 20 Jahren ein Gesetz zum ausnahmslosen Kupierverzicht erlassen. Seitdem sind Ausnahmen vom Kupierverbot für finnische Schweinehalter nicht mehr möglich.

 

Kühlere Ställe, Beschäftigungsfutter und stabile Tiergesundheit

Finnische Schweinehalter arbeiten, schon aufgrund der vergleichsweise geringen Außentemperaturen, vermehrt mit Mikroklimazonen in der Bucht. Insgesamt wurde die Abteiltemperatur in allen besichtigten Betrieben deshalb kälter gefahren, als man es aus deutschen Ställen kennt. Zudem setzte man in allen Bereichen Heu bzw. Stroh in Raufen oder anderes Beschäftigungsfutter ein. Was von den Finnen außerdem betont wurde, war die hohe Relevanz einer stabilen Tiergesundheit für den Kupierverzicht. Diese wird in Finnland unter anderem durch eine geringe Mykotoxinbelastung im Futter und weite Distanzen zwischen den Betrieben erreicht. Das Land ist frei von PRRS und Salmonellen.

Auch Parallelen zu Deutschland erkennbar

In den meisten Ställen bestand die Buchtenstruktur aus einem Liegebereich, einem Fress- und Aktivitätsbereich mit Langtrog, sowie einem Kotbereich mit Kontaktgitter zur Nachbarbucht. Ähnliche Buchtenstrukturen wurden in deutschen Projekten bereits erforscht und finden sich teilweise auch auf schweinehaltenden Betrieben wieder. Vollspaltenbuchten waren die Ausnahme, allerdings hingen in den meisten Ställen ebenfalls klassische Beschäftigungsobjekte wie Ketten oder Bite Rites.

Trotz zwanzigjähriger Erfahrung mit dem totalen Kupierverzicht, ist die Haltung von unkupierten Schweinen nach wie vor Teil wissenschaftlicher Forschung im Land und es herrscht ein reger Austausch unter den Landwirten zu der Thematik. Dies zeigte sich auf der Exkursion besonders bei einem Gespräch mit der Universität Helsinki und einem Tagungsbesuch des finnischen Schweinehaltervereins. Neben dem Kupierverzicht werden auch in Finnland aktuell weitere Tierwohlthemen diskutiert, wie der Verzicht auf chirurgische Ferkelkastration und präventive Maßnahmen gegen eine drohende ASP-Einschleppung.

 

Sehen Sie selbst in die Filme zur Exkursion hinein

Im Sinne des Wissenstransfers wurden alle Stationen der Reise gefilmt und verschiedene Filme dazu angefertigt. Die Videos sind inzwischen bei YouTube und unter www.ringelschwanz.info/videos zu sehen.

 

Projektnehmer und Kooperationspartner sind der Förderverein Bioökonomieforschung e.V. (FBF), die ISN-Projekt GmbH (ISN) und die IQ Agrar Service GmbH (IQA). Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert und wird im Rahmen der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz in der Projektphase Wissen Dialog Praxis durchgeführt. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).


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