Mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung: SPD und CDU streiten um Verantwortlichkeiten
Kaum hat das neue Jahr begonnen, stehen die Zeichen in der Agrarpolitik auf Vorwahlkampf. Die SPD unterstellte dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) sich in Sachen Tierwohl aus der Verantwortung zu schleichen und forderte mehr Tempo bei der Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission. Das BMEL wies die Kritik zurück und forderte die SPD seinerseits auf, Tierhaltern in Deutschland Perspektiven zur Weiterentwicklung in Sachen Tierwohl zu schaffen.
ISN: Statt im Vorwahlkampf gegenseitig die Verantwortungen hin und her zu schieben und sich in gegenseitigen Vorwürfen zu kritisieren, sollten die Politiker und die Parteien vor ihrer eigenen Haustür kehren und ihre Hausaufgaben machen. Es müssen jetzt zügig Rahmenbedingungen her, damit die Schweinehalter die immer wieder neuen Anforderungen, die an sie gestellt werden, in ihren Betrieben auch umsetzen können und es nicht an genehmigungsrechtlichen Hürden scheitert.
SPD fordert verpflichtendes Tierwohllabel und schnelle Umsetzung der Borchert-Vorschläge
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat sich nach Berichten von AgE erneut für ein verbindliches staatliches Tierwohllabel ausgesprochen. Scharfe Kritik äußerte der SPD-Politiker in diesem Zusammenhang an der Bundesregierung. Diese rede sich mit Hinweisen auf die Europäische Union aus der Verantwortung, sagte Weil gestern der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er habe aber nicht wahrgenommen, dass größere Aktivitäten in Richtung Brüssel oder anderer Mitgliedsländer entwickelt worden seien.
Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze stellte zum Jahresanfang deutliche Forderungen an das BMEL zu mehr Tierwohl. Im Interview mit der dpa appellierte sie an Ministerin Klöckner, mehr Tempo beim Umbau der Tierhaltung zu machen. Für mehr Tierwohl gebe es von der Borchert-Kommission sehr gute Vorschläge. Jetzt müssten konkrete Schritte zur Umsetzung dieser Vorschläge eingeleitet werden. Dazu hätten Bundestag und Bundesrat das Landwirtschaftsministerium schon vor dem Sommerurlaub aufgefordert. Weiterhin forderte sie, die Tierzahlen wieder an die Fläche zu binden, um sowohl dem Tierwohl als auch dem Klimaschutz gerecht zu werden.
CDU weist Kritik zurück und geht auf Angriff
Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, wies die Kritik von Ministerpräsident Weil scharf zurück. Herrn Weil ist offenbar entgangen, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wichtige Weichenstellungen für ein EU-weit einheitliches Tierwohlkennzeichen erreicht hat
, erklärte Stegemann. Auch Ministerin Schulze scheine mit ihren Informationen nicht auf der Höhe der Zeit zu sein. Über ihre Kritik sei man verwundert, schließlich habe die Große Koalition gemeinsam beschlossen, eine Machbarkeitsstudie zu den unterschiedlichen Wegen wie Tierwohlabgabe oder Verbrauchssteuer auf den Weg zu bringen.
Der Agrarsprecher der Unionsfraktion stellte seinerseits Forderungen an die SPD. Zum einen solle die SPD im Bundesratsverfahren zur Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) dafür sorgen, dass die Tierhalter in Deutschland eine Perspektive auch über die Übergangsfristen hinaus erhielten und im europäischen Wettbewerb nicht benachteiligt würden. Zum anderen solle Ministerin Schulze dafür Sorge tragen, dass die SPD der Änderung des Baurechts zustimme.
Landwirte, die zur Weiterentwicklung in Sachen Tierwohl bereit seien, dürften nicht mit überzogenen technischen Anforderungen, übermäßigen bürokratischen Genehmigungsvoraussetzungen und mit fehlender Rechtssicherheit konfrontiert werden.
Die ISN meint:
Statt im Vorwahlkampf gegenseitig die Verantwortungen hin und her zu schieben und sich in gegenseitigen Vorwürfen zu kritisieren, sollten die Politiker und die Parteien vor ihrer eigenen Haustür kehren und ihre Hausaufgaben machen. Die Problemlage der Schweinehalter liegt schon lange klar auf der Hand – Es müssen jetzt zügig Rahmenbedingungen her, damit die Schweinehalter die immer wieder neuen Anforderungen, die an sie gestellt werden, in ihren Betrieben auch umsetzen können und es nicht an genehmigungsrechtlichen Hürden scheitert.
Bei der TA-Luft muss dringend nachgebessert werden, damit sie nicht zum K.O. für die deutsche Schweinehaltung wird. Ebenso muss es endlich auch bei der Anpassung des Baugesetzbuchs vorangehen.
Auch die Einführung eines verpflichtenden Tierwohllabels ist ein wichtiges Puzzlestück. Denn eine durchgängige verpflichtende Kennzeichnung von Haltung und Herkunft - natürlich unter Einbeziehung der gesamten Kette der Fleischerzeugung und ganz wichtig, bereits von der Geburt des Ferkels bis zur Schlachtung – bringt dem Verbraucher Transparenz und ist die Basis für eine Preisdifferenzierung an der Ladentheke.
Wir fordern die verantwortlichen Politiker und Ministerien mit aller Deutlichkeit auf, die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen und dadurch eine wettbewerbsfähige Schweinehaltung in Deutschland zu erhalten und den Betrieben Entwicklungsperspektiven zu geben, statt sich im Wahlkampfmodus in Rangeleien zu verzetteln.