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Nach ALDI-Vorstoß zu Haltungsstufen: Weitere Händler positionieren sich

Nach ALDI-Vorstoß zu Haltungsstufen: Weitere Händler positionieren sich

Aldi hat mit seiner Ankündigung zur zukünftigen Ausrichtung des Frischfleischsegments eine Lawine ins Rollen gebracht. Nachdem Rewe und Penny bereits letzte Woche erklärten, ebenfalls bis 2030 höhere Haltungsstufen für Frischfleisch zu etablieren, ziehen nun auch Kaufland und Lidl mit entsprechenden Erklärungen nach.

ISN: Die klaren Zielvorgaben sind ernstgemeinte und wichtige Signale für die Schweinehalter. Für die Händler muss aber klar sein, der Umbau zu höheren Haltungsstufen ist teuer - ohne einen ordentlichen Preis, der auch Gewinne für Schweinehalter ermöglicht, werden sie ihre Ziele nicht erreichen können. Die Nachfrage ist groß, das Angebot klein – da kann es nur eine Richtung für den Preis geben. Natürlich ist es auch ganz entscheidend, dass die Stallbaubremse von Seiten der Politik nun endlich gelöst wird.

 

Am Freitag vergangene Woche hat Aldi seine Ziele für die zukünftigen Haltungsstufen beim Frischfleisch vorgestellt und damit einen Stein ins Rollen gebracht. Die anderen Lebensmitteleinzelhändler ließen erwartungsgemäß nicht lange warten und zogen bis auf den Marktführer EDEKA nach.

Rewe und Penny: Bis Ende 2030 Haltungsstufen 3 und 4 bei Frischfleisch

So erklärte die REWE Gruppe (Rewe, Penny) ebenfalls am Freitag vergangene Woche in einer Pressemitteilung, ab Juli das Eigenmarken-Schweinefleisch auf Haltungsformstufe 2 und höher umzustellen. Bis Ende 2030 strebe man an, im gesamten Eigenmarken-Frischfleischsortiment (Schwein, Rind und Geflügel) ausschließlich Haltungsformstufe 3 und 4 anzubieten. Zudem werde man an auch verarbeitete Eigenmarkenprodukte (Wurstwaren, Convenience, Konserven und ausgewähltes TK) bei Rewe und Penny ab Juli sukzessive auf ITW Standard und somit die Haltungsform 2 umstellen – bis Ende 2025 sollen 50 Prozent des verarbeiteten Sortiments mindestens der Haltungsform 2 entsprechen, so REWE.

Kaufland und Lidl: Ab sofort kein Schweinefleisch der Stufe 1 mehr

Kaufland erklärte gestern in einer Pressemitteilung, ab sofort kein frisches Schweinefleisch aus Haltungsstufe 1 mehr anzubieten. Ausgenommen seinen Innereien und Filet. Kaufland habe sich bereits 2019 das Ziel gesetzt, die Haltungsform Stufe 2 als Mindeststandard zu etablieren. Nach Unternehmensangaben sei das nächste Ziel, die Kooperationen mit Vertragslandwirten für Schweinefleisch aus Haltungsform Stufe 3 und 4 bis 2023 zu verdoppeln.

Lidl gab ebenfalls gestern bekannt, dass der Lebensmitteleinzelhändler nahezu sein gesamtes Schweinefrischfleischsortiment bis Ende 2021 auf die Haltungsformstufe 2 umstellen werde. Damit nähere sich das Unternehmen maßgeblich seinem im vergangenen Jahr veröffentlichten Ziel, 2025 die Haltungsstufe 2 als Lidl-Mindeststandard im Frischfleischsortiment zu etablieren, so Lidl. Zudem sollen die Haltungsstufen 3 und 4 in seinem Eigenmarkenprodukten weiter ausgebaut werden. Dabei sollen vor allem die Landwirte eingebunden und nicht durch zu hohe Einstiegsstufen beziehungsweise hohe finanzielle Belastungen von einer Weiterentwicklung ausgeschlossen werden. Möglich werde dieser Schritt unter anderem durch die Sonderzahlung von 50 Mio. Euro der Schwarz-Gruppe.

EDEKA lässt warten

Der EDEKA-Verbund (Edeka, Netto) hat sich bisher nicht offiziell geäußert. Laut einem Bericht des Tagesspiegel von letzter Woche soll Edeka auf Anfrage erklärt haben, eine ähnliche Vorgehensweise zu planen, konkrete Ziele aber aus Wettbewerbsgründen aktuell noch nicht nennen zu wollen.

 

Die ISN meint:

Die Schweinehaltung in Deutschland befindet sich aktuell im Umbruch. Was wir jetzt brauchen, sind klare Ansagen. Wenn Marktteilnehmer ihre Vorstellungen offenlegen, dann ist das bei aller Kritik ein wichtiges Signal an die Landwirte. Nur mit der nötigen Planungssicherheit können sich die Schweinehalter weiterentwickeln und erst mit klaren Zielvorgaben und der entsprechenden Nachfrage wird sich ein Markt für Schweine aus höheren Tierwohlstufen bilden, kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die aktuellen Entwicklungen. Dass es sich bei den Zielvorgaben aus dem LEH lediglich um ein Werbegag handelt, wie zum Teil vermutet wird, davon ist nicht auszugehen. Denn einige Häuser – beispielsweise Kaufland – haben sich längst schon sehr intensiv mit Fleisch aus höheren Haltungsstufen auf den Weg gemacht. Von ihren Zielvorgaben werden sie nur schwer abrücken können – im Gegenteil, am Ende wird man sie alle am Erreichen genau dieser Zielvorgaben messen.

Doch was man bei den ganzen vollmundigen Versprechungen nicht vergessen darf: Die Umstellung auf die Haltungsform Stufen 3 und 4 wird richtig teuer! Schweine aus höheren Haltungsstufen sind derzeit noch rar gesät. Bislang fehlen dafür nämlich zum einen die entsprechenden Marktimpulse und zum anderen gibt es beim Stallumbau erhebliche Genehmigungshemmnisse, erläutert Dr. Torsten Staack. Und auch in diesem Fall gilt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Die Nachfrage ist groß und das Angebot an Schweinen aus höheren Haltungsstufen ist klein. Was die Händler jetzt also vor allem anbieten müssen, ist ein ordentlicher Preis! Dabei muss eines klar sein: Schweinehalter müssen wie alle Unternehmer auch Gewinne machen, um ihre Betriebe langfristig weiterentwickeln zu können. Nur mit den entsprechenden finanziellen Anreizen können die Händler also die nötigen Impulse setzen können, damit Schweinehalter ihre Ställe auf höhere Haltungsstufen umbauen. Zugleich muss die Politik der Wirtschaft auf diesem Weg folgen und die Stallbaubremse lösen. Sonst werden die erforderlichen Umbauten der Ställe nicht zu realisieren sein.

Zudem muss die Umsetzung mit einem klaren Bekenntnis zur heimischen Erzeugung einhergehen – und zwar von der Geburt des Tieres an. Stellen Sie sich mal vor, das Fleisch aus den höheren Haltungsstufen und die dafür benötigten Ferkel kommen dann nicht mehr aus Deutschland, sondern aus anderen Ländern. Für mich wäre das ein äußerst scheinheiliges und alles andere als nachhaltiges Verhalten, so Staack. Auch wenn ich so etwas von Aldi, Rewe, Kaufland und Co. nicht erwarte, kann ich jetzt schon versprechen, dass die Antwort hiesiger Landwirte zusammen mit NGOs darauf deutlich wäre!


Ein aktuelles Interview mit dem Aldi-Management finden Sie heute bei top agrar. Im Interview verteidigt Aldi seinen Vorstoß bis 2030 nur noch Frischfleisch aus Außenklima- und Biohaltung verkaufen zu wollen. Den Bauern soll der höhere Aufwand bezahlt werden.

top agrar Interview mit Aldi-Management: „Das Ding, drehen wir nicht mehr zurück“

Lesen Sie dazu auch unsere Meldung:


ALDI: Bis 2030 nur noch höhere Haltungsstufen für Frischfleisch

Mehr Infos auch unter: www.stallbaubremse-loesen.de

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