Niedersachsen: Landtag debattiert über Zukunft der Schweinehaltung
Am heutigen Freitag, 27.01.23, geht die erste Plenarwoche dieses Jahres im niedersächsischen Landtag mit einem essenziellen Thema für die Schweinehaltung im Land zu Ende. Auf einen Antrag der Regierungsfraktionen hin wurde über das Zukunftsprogramm Diversifizierung
beraten. Damit sollen Schweinehalter bei der Umstrukturierung ihrer Betriebe unterstützt werden.
ISN: Die in Aussicht gestellte Unterstützung der Schweinehalter bei der Weiterentwicklung ihrer Betriebe ist ausdrücklich zu begrüßen. Wichtig ist es nun, gemeinsam mit der Branche in einen strukturierten Arbeitsprozess einzusteigen
Das Bundesland Niedersachsen ist durch intensive Tierhaltung geprägt. Doch genau diese befindet sich im Umbruch. Allein im letzten Jahr ist die Zahl der gehaltenen Schweine in Niedersachsen um fast 9 % zurückgegangen und befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren.
Die niedersächsischen Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen betrachten diese Entwicklung mit Sorge und warnen vor einem ungeordneten Strukturbruch, bei dem viele Höfe nicht nur die Tierhaltung aufgeben, sondern den ganzen Betrieb einstellen. Dies sei nicht nur ein Verlust für die niedersächsische Landwirtschaft, sondern oftmals auch mit menschlichen Tragödien verbunden, betonen SPD und Grüne in einem Entschließungsantrag zum Zukunftsprogramm Diversifizierung
, der heute im Landtag beraten wurde.
SPD und Grüne: Höfe erhalten – neue Betriebszweige erschließen
Konkret heißt es im Antrag, dass der Abbau der Schweinehaltung in Niedersachsen politisch begleitet werden soll, um Betriebe und Wertschöpfung im ländlichen Raum weitestmöglich zu erhalten. Die Landesregierung soll daher ein Zukunftsprogramm Diversifizierung
erarbeiten und umsetzen, um veränderungsbereiten schweinehaltenden Betrieben den Umstieg auf andere Betriebszweige zu ermöglichen. Profitieren sollen insbesondere die Betriebe, die nicht ihre ganzen Bestände tierwohlgerecht umbauen wollen oder können, gleichzeitig aber einen landwirtschaftlichen Betrieb erhalten möchten. Diese werden von den aktuell vorliegenden Entwürfen einer Bundesförderung zum Stallumbau vollkommen ausgeklammert, da die finanzielle Unterstützung hier an eine Weiterführung der Tierhaltung geknüpft ist. Diese Lücke soll das niedersächsische Zukunftsprogramm Diversifizierung
schließen.
Folgende Punkte sollen bei der Erarbeitung einer Förderrichtlinie berücksichtigt werden:
- Gefördert werden sollen Investitionen in räumlicher Nähe des bisherigen Standorts, um Betriebsverlagerungen in andere (Bundes-)Länder zu vermeiden.
- Regionale Gegebenheiten sowie die örtlich vorherrschende Tierdichte sind als Kriterium der Förderwürdigkeit zu berücksichtigen.
- Investitionen zum Einstieg oder Ausbau in die Haltung anderer Tierarten dürfen nicht zu einer gesamtbetrieblichen Erhöhung des Viehbesatzes führen. Grundsätzlich ist die Tierhaltung nur bis zur Grenze von 2 GV/ha als förderfähig einzuschätzen.
- Eine Förderung von Vorhaben sollte bis zu 80% der Investitionssumme möglich sein, wobei mindestens die Hälfte der vom Land bereitgestellten Summe als nicht rückzahlbarer Zuschuss gezahlt werden sollte.
- In Abhängigkeit des Haushaltansatzes ist pro Betrieb eine Deckelung auf ein maximal förderfähiges Investitionsvolumen vorzunehmen, um möglichst vielen Betrieben eine Teilnahme am Diversifizierungsprogramm zu ermöglichen.
Die ISN meint:
Wir begrüßen ausdrücklich die in Aussicht gestellte Unterstützung der Schweinehalter bei der Weiterentwicklung ihrer Betriebe, um die ungeordnete Ausstiegswelle zu bremsen
, so die Einordnung des ISN-Geschäftsführers Dr. Torsten Staack. Er führt weiter aus: Es mag für Außenstehende paradox klingen, aber das Zukunftsprogramm Diversifizierung macht auch für Schweinehalter Sinn, die zukünftig weiter Schweinehaltung betreiben wollen. Und zwar dann, wenn z.B. mit Umstrukturierungsprämien Betriebsentwicklungen in der Schweinehaltung ermöglicht werden – beispielsweise wenn der nötige Freiraum zur Betriebsentwicklung des einen Betriebes durch eine Diversifizierung des Nachbarbetriebes geschaffen wird. Natürlich haben wir auch Kritikpunkte, die es zu besprechen gilt. Zu nennen sind hier beispielhaft die 2-GV-Genze und der Selbstversorgungsgrad als Bemessungsgrenze. Entscheidend wird am Ende auch sein, dass die Zugangsvoraussetzungen zu den Fördermitteln so gesetzt werden, dass nicht nur wenige Betriebe diese in Anspruch nehmen können
Aus Sicht der ISN ist es wichtig, dass man nun gemeinsam mit der Branche in einen strukturierten Arbeitsprozess einsteigt und an den Aktivitäten anknüpft, die auf Bundesebene und insbesondere auch in Niedersachsen bereits bestehen und angeschoben wurden. Schließlich hat man sich u.a. im niedersächsischen Koalitionsvertrag zum Borchert-Konzept bekannt und schon zu Zeiten des Landwirtschaftsministers Christian Meyer einen interministeriellen Arbeitskreis gegründet, um die Genehmigungshürden aufzulösen. Nicht zuletzt ist hier auch der niedersächsische Tierschutzplan aufzuführen. Wichtig ist ganz besonders auch die Abstimmung mit den Aktivitäten des Bundes.