10.07.2023rss_feed

Niedersachsen: Landtag stimmt Zukunftsprogramm Diversifizierung zu

Der Niedersächsische Landtag hat dem "Zukunftsprogramm Diversifizierung" zugestimmt. ©Focke Strangmann

Der Niedersächsische Landtag hat dem "Zukunftsprogramm Diversifizierung" zugestimmt. ©Focke Strangmann

Der Niedersächsische Landtag hat Ende Juni dem Zukunftsprogramm Diversifizierung in geänderter Fassung zugestimmt. Damit sollen Schweinehalter bei der Umstrukturierung ihrer Betriebe unterstützt und ein weiteres Höfesterben verhindert werden.

ISN: Eine Bewertung des Zukunftsprogramms Diversifizierung hängt von dessen Ausgestaltung ab. Sinn macht es dann, wenn es nicht nur um die Reduzierung der ohnehin schon stark schrumpfenden Schweinehaltung geht, sondern Schweinehalter bei der Ausrichtung dieses Betriebszweiges auf die Zukunft unterstützt werden. Bei der Gestaltung des Programms müssen die Schweinehalter unbedingt eingebunden werden.

 

Das Bundesland Niedersachsen ist durch intensive Tierhaltung geprägt. Doch genau diese befindet sich im Umbruch. Die niedersächsischen Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen betrachten diese Entwicklung mit Sorge und warnen vor einem ungeordneten Strukturbruch, bei dem viele Höfe nicht nur die Tierhaltung aufgeben, sondern den ganzen Betrieb einstellen. Dies sei nicht nur ein Verlust für die niedersächsische Landwirtschaft, sondern oftmals auch mit menschlichen Tragödien verbunden, heißt es in einem Entschließungsantrag zum Zukunftsprogramm Diversifizierung, dem der Niedersächsische Landtag Ende Juni zugestimmt hat. Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung, wurde im nun angenommenen Antrag die Fördergrenze von 2 GV/ha gestrichen. Ergänzt wurden die Punkte, dass der Reduzierung des Schweinebestands nachweisbar von Dauer sein muss und ein Wechsel in andere Tierarten nur in Ausnahmen erlaubt ist und nicht zur Erhöhung des Viehbesatzes führen darf.

 

Höfe erhalten – Neue Betriebszweige erschließen

Der Landtag hält es für notwendig, dass der Abbau der Schweinehaltung in Niedersachsen politisch begleitet werden soll, um ein weiteres Höfesterben zu verhindern. Betriebe und Wertschöpfung im ländlichen Raum sollen weitestmöglich erhalten bleiben und der Einstieg in andere landwirtschaftliche Betriebszweige oder der Landwirtschaft vor- bzw. nachgelagerte Bereiche erleichtert werden. Bei der Begleitung dieses Wandels solle sich am Selbstversorgungsgrad sowie den Selbstversorgungsgrenzen auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette Schwein orientiert werden. Die Landesregierung soll daher ein Zukunftsprogramm Diversifizierung erarbeiten und umsetzen, um veränderungsbereiten schweinehaltenden Betrieben den (Teil-)Umstieg auf andere Betriebszweige zu ermöglichen. Darüber hinaus soll die Landesregierung prüfen, ob zusätzliche Mittel des Bundes oder der Europäischen Union zur Umsetzung nötig sind.

 

Folgende Punkte sollen bei der Erarbeitung einer Förderrichtlinie berücksichtigt werden:

  1. Gefördert werden sollen Investitionen in räumlicher Nähe des bisherigen Standorts, um Betriebsverlagerungen in andere (Bundes-)Länder zu vermeiden,
  2. regionale Gegebenheiten sowie die örtlich vorherrschende Tierdichte sind als Kriterium der Förderwürdigkeit zu berücksichtigen,
  3. Investitionen in den Einstieg oder Ausbau der Haltung anderer Tierarten sind nur ausnahmsweise förderwürdig und dürfen nicht zu einer gesamtbetrieblichen Erhöhung des Viehbesatzes (GV/ha) führen,
  4. eine Förderung von Vorhaben sollte bis zu 80 % der Investitionssumme möglich sein, wobei mindestens die Hälfte der vom Land bereitgestellten Summe als nicht rückzahlbarer Zuschuss gezahlt werden sollte,
  5. in Abhängigkeit vom Haushaltsansatz ist pro Betrieb eine Deckelung auf ein maximal förderfähiges Investitionsvolumen vorzunehmen, um möglichst vielen Betrieben eine Teilnahme am Diversifizierungsprogramm zu ermöglichen,
  6. eine Teilnahme am Förderprogramm kann nur erfolgen, wenn eine dauerhafte Reduzierung des Schweinebestandes nachgewiesen wird, wobei für Sauen-, Mastschweine- und Ferkelplätze jeweils ein eigenständiges Förderäquivalent errechnet wird,
  7. bestehende Förderprogramme aus anderen Bereichen sind dahin gehend zu prüfen, ob sie sich für eine Öffnung und Anpassung speziell für umstiegswillige schweinehaltende Betriebe eignen.

 

Die ISN meint:

Die Bewertung des Zukunftsprogramms Diversifizierung hängt von der Ausgestaltung ab. Wenig Sinn würde es dann machen, wenn es allein um die Reduzierung der Schweinehaltung ginge, denn das würde die ohnehin schon dramatischen Ausstiegswelle nur noch verstärken. Sinn kann ein Zukunftsprogramm Diversifizierung aber trotzdem auch für Schweinehalter, die zukünftig weiter Schweinehaltung betreiben wollen. Und zwar dann, wenn z.B. mit Umstrukturierungsprämien Betriebsentwicklungen in der Schweinehaltung ermöglicht werden – beispielsweise wenn der nötige Freiraum zur Betriebsentwicklung des einen Betriebes durch eine Diversifizierung des Nachbarbetriebes geschaffen wird. Für die Schweine haltenden Betriebe wird es letztlich entscheidend sein, dass die Zugangsvoraussetzungen zu den Fördermitteln so gesetzt werden, dass die Förderung für die Betrieb auch erreichbar sein wird und nicht nur wenige Betriebe diese in Anspruch nehmen können.

Nun ist es wichtig, dass die Landesregierung zusammen mit allen Beteiligten einschließlich der Schweinebranche zeitnah die notwendigen weiteren Schritte abstimmt und dann auch beschließt. Dies muss eng verzahnt werden mit den Aktivitäten, die auf Bundesebene und insbesondere auch in Niedersachsen bereits bestehen und angeschoben wurden. Schließlich hat man sich u.a. im niedersächsischen Koalitionsvertrag zum Borchert-Konzept bekannt und schon zu Zeiten des Landwirtschaftsministers Christian Meyer einen interministeriellen Arbeitskreis gegründet, um die Genehmigungshürden aufzulösen. Nicht zuletzt ist hier auch der niedersächsische Tierschutzplan aufzuführen.

 


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