11.08.2023rss_feed

Novelle der EU-Tierschutzgesetzgebung: Frankreich plädiert für einheitliche Tierschutzvorgaben

© Canva

© Canva

Das europäische Tierschutzrecht soll novelliert und damit auch vereinheitlicht werden, was die Tierschutzstandards in den EU- Mitgliedsstaaten angeht. Frankreichs Regierung hat sich im Hinblick auf die Novellierung u.a. für einheitliche Vorgaben zur Schmerzbehandlung bei der Ferkelkastration und für eine freiwillige Tierwohlkennzeichnung ausgesprochen.

ISN: Die Harmonisierung der EU-Vorgaben ist grundsätzlich wichtig und richtig, denn gerade deutsche Schweinehalter trifft das national zusätzlich verschärfte Ordnungsrecht hart. Wichtig ist es aber auch, dass das gemeinsame Niveau auf dem die EU-Staaten sich dann bei den Regulierungen einigen, mit Augenmaß gewählt wird.

 

Nach Konsultationen mit den relevanten Interessengruppen hat sich die französische Regierung zur erwarteten Überarbeitung der europäischen Tierschutzgesetzgebung positioniert. Wie das Landwirtschaftsministerium gestern mitteilte, wurden auf Basis des Dialogs Vorschläge erarbeitet, die jetzt der EU-Kommission zugeleitet wurden.

 

Harmonisierung des Binnenmarkts

Demnach sieht Paris die Brüsseler Behörde insbesondere in der Pflicht, auf eine stärkere Harmonisierung des Binnenmarktes hinzuarbeiten, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen. Eng verbunden ist damit für die französische Regierung die Anwendung europäischer Standards auch auf Importe aus Drittstaaten. Vorgeschlagen wird, diese Spiegelklauseln in den neuen Rechtstexten zu verankern.

 

Betäubung bei Ferkelkastration im Fokus

Ebenfalls im Kontext des innereuropäischen Wettbewerbs dürfte die Forderung nach der Verbesserung der Haltungs- und Transportbedingungen von Nutztieren zu verstehen sein. In diesem Zusammenhang drängt Paris auf ein Verbot des Kükentötens, Vorgaben zur Schmerzbehandlung beziehungsweise -ausschaltung bei Eingriffen wie der Ferkelkastration sowie die Pflicht zur Ernennung eines Tierschutzbeauftragten in den Betrieben, wie es in Frankreich bereits Praxis ist.

 

Freiwillige Tierwohlkennzeichnung

Besonderes Augenmerk sollte aus französischer Sicht auch den zu erwartenden Mehrkosten geschenkt werden. Diese müssten von allen Akteuren der Wertschöpfungskette bis hin zum Verbraucher getragen werden, heißt es. Hinsichtlich einer Tierwohlkennzeichnung spricht sich Frankreich für eine Lösung auf freiwilliger Basis aus.

 

Ausreichend Zeit für die Umsetzung

Grundsätzlich angemahnt wird von Paris ein langsamer Übergang. Die Umstellung der Systeme könne nicht unmittelbar erfolgen und müsse in einer langfristigen Übergangslogik gedacht werden, betont das Ministerium. Berücksichtigung finden müssten zudem neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, alternative Produktionsmethoden sowie Folgenabschätzungen.

 

Vorschläge der EU-Kommission Ende 2023 erwartet

Die Vorschläge der EU-Kommission zur Überarbeitung der europäischen Tierschutzgesetzgebung werden in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Ursprünglich angepeilt worden war der Zeitraum Juli bis September. Allerdings sind wichtige Vorschläge zuletzt mit einiger Verzögerung vorgelegt worden. In Mai und Februar hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Stellungnahmen zur Verbesserung des Tierwohls bei verschiedenen Nutztieren abgegeben, die in die Überarbeitung einfließen sollen.

 

Die ISN meint:

Die Harmonisierung der EU-Vorgaben ist grundsätzlich wichtig und richtig, denn gerade deutsche Schweinehalter trifft das national zusätzlich verschärfte Ordnungsrecht hart. Beispiele für deutsche Alleingänge sind u.a. die Ferkelkastration und die neuen Haltungsvorgaben für Sauen. Und anstehende Regulierungen z.B. zum Kupierverzicht lassen weitere Verzerrungen für deutsche Schweinehalter befürchten. Was wir brauchen, ist ein Gesetzgebung im Gleichschritt der EU-Staaten. Wichtig ist es aber auch, dass das gemeinsame Niveau auf dem die EU-Staaten sich dann bei den Regulierungen einigen, mit Augenmaß gewählt wird. Keinesfalls darf die Harmonisierung dazu führen, dass deutsche Schweinehalter auf ihre ohnehin schon in verschiedenen Bereichen schärferen Vorgaben, noch weitere Verschärfungen im Ordnungsrecht hinzu bekommen. Schon jetzt sind viele deutsche Schweinehalter durch die rasanten Entwicklungen in der Gesetzgebung überfordert und steigen aus. Diese Schraube darf nicht gänzlich überdreht werden.

 


arrow_upward