28.11.2018rss_feed

NRW veröffentlicht Erlass zum Nationalen Aktionsplan Kupierverzicht

Auf Druck der EU-Kommission ist der „Nationale Aktionsplan Kupierverzicht“ entstanden

Auf Druck der EU-Kommission ist der „Nationale Aktionsplan Kupierverzicht“ entstanden

Nationaler Aktionsplan Kupierverzicht soll Mitte 2019 scharf geschaltet werden. NRW veröffentlicht als erstes Bundesland einen Erlass zur Umsetzung.

ISN: Das ist ein weiterer großer Brocken für deutsche Schweinehalter. Es braucht eine einheitliche Umsetzung in Deutschland und ganz besonders auch in Europa.

 

Die EU-Kommission macht Druck

Obwohl sich die Gesetzeslage in der EU und in Deutschland zum Kupieren der Schwänze beim Schwein nicht verändert hat, kommen nun auf alle Schweinehalter in Deutschland durch die Umsetzung eines sogenannten Nationalen Aktionsplan Kupierverzicht deutliche Verschärfungen zu. Hintergrund ist der Druck seitens der EU-Kommission auf die Mitgliedsstaaten, beim Verzicht auf das Schwanzkupieren voran zu kommen. So fand im Februar 2018 ein Audit der EU-Kommission in Deutschland (wie zuvor u.a. schon in den Niederlanden, Dänemark, Spanien und Italien) statt, bei dem das Vorgehen der Überwachungsbehörden inspiziert wurde. Wenig verwunderlich ist, dass in allen besuchten EU-Staaten (abgesehen von Finnland und Schweden) beim weit überwiegenden Teil der Ferkel die Schwänze kupiert werden. Alle EU-Mitgliedsstaaten wurden aufgefordert, jeweils einen Aktionsplan einzureichen, in dem das weitere Vorgehen genau festgelegt ist.

 

NRW-Erlass nun veröffentlicht

Ein erster deutscher Entwurf des Aktionsplans wurde bereits im Januar von Deutschland an die EU verschickt und im Verlauf des Jahres weiter konkretisiert. Der so entstandenen aktuellen Version des Aktionsplans haben die deutschen Agrarminister im September einstimmig zugestimmt. Sie haben ebenfalls zugestimmt, den Aktionsplan zum 1. Juli 2019 deutschlandweit scharf zu schalten! Nun ist es Aufgabe der Bundesländer, diesen Aktionsplan umzusetzen. NRW hat dies als erstes Bundesland getan und einen Erlass veröffentlicht. Darin heißt es u.a.: Es wird … den Tierhaltern empfohlen, bis zum 1.Juli 2019 eine gültige Tierhaltererklärung (Gültigkeit: 1 Jahr) bei der für ihn zuständigen Veterinärbehörde vorzulegen. Tierhalter, die dem nicht nachkommen, dürften dann wohl im Sinne der Risikoorientierung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Veterinärkontrolle erwarten.

 


Ablaufplan zum Aktionsplan Kupierverzicht

Was kommt auf die Schweinehalter zu?

Die Richtung des Aktionsplans ist eindeutig – der Anteil unkupierter Schweine in Deutschland soll Schritt für Schritt erhöht werden. Es geht aber auch darum, die Einzelfallentscheidung zur Unerlässlichkeit des Schwänzekupierens plausibel und nachweislich für den jeweiligen Betrieb zu begründen und zu dokumentieren sowie die getroffenen Maßnahmen gegen Schwanzbeißen darzulegen. Damit bleibt es zwar bei den bisherigen Vorgaben, diese werden nun aber von den Amtsveterinären stärker ins Visier genommen. Der Aktionsplan soll eine Möglichkeit des Vorgehens und der Dokumentation anbieten, die bei entsprechender Umsetzung von den Behörden akzeptiert wird.

 

Im Prinzip bleiben den Schweinehaltern zwei Handlungsoptionen: Zum einen über die Reduzierung von Schwanzverletzungen bei kupierten Tieren mit entsprechenden Maßnahmen und zum zweiten über eine Gruppe unkupierter Schweine im Bestand. Jeder schweinehaltende Betrieb (der kupiert) wird zweimal jährlich anhand einer Stichprobe den Status in seinem Betrieb erheben und einmal jährlich eine Risikoanalyse durchführen müssen. Ein Nebenaspekt: Wer die Risikoanalyse macht, kann für seinen Betrieb einen Haken hinter den gesetzlich vorgegebenen Punkt Eigenkontrolle im Sinne des Tierschutzgesetzes machen.

 

Tierhaltererklärung für den Tierverkehr

Am Ende mündet das Ganze in einer Tierhaltererklärung, die im Tierverkehr Berücksichtigung finden muss. Hier kann der Tierhalter angeben, ob er selbst oder einer seiner Partnerbetriebe Probleme mit Schwanzbeißen in seinem Bestand haben oder ob er den Weg einer Gruppe unkupierter Tiere geht. Damit soll gewährleistet sein, dass die unterschiedlichen Formen der Lieferketten die notwendige Flexibilität im Tierverkehr haben. Trotz dieser Flexibilität im Lieferverkehr wird es kein dauerhaftes hin- und herschieben der Verantwortlichkeiten z.B. zwischen Ferkelaufzüchtern und Mästern geben. Denn der Aktionsplan sieht vor, dass Betriebe, die auch nach zwei Jahren immer noch ein bleibendes Schwanzbeißgeschehen haben, Maßnahmenpläne bei den zuständigen Veterinärbehörden einreichen müssen. Dann gibt es möglicherweise auch behördlich auferlegte Maßnahmen.

 


Importferkel sollen einbezogen werden

Ein ganz entscheidender Punkt bei der Umsetzung wird für deutsche Ferkelerzeuger die Einbeziehung der Importferkel sein. Hierzu finden aktuell Gespräche u.a. mit den Niederlanden und Dänemark, also den wichtigsten Herkunftsländern für Ferkelimporte nach Deutschland statt. Im NRW-Erlass ist genau diese Problematik beschrieben. Danach müssen auch Importferkel in die Systematik der Tierhaltererklärung eingebunden werden. Gegebenenfalls sollen die zuständigen deutschen Veterinärbehörden Rückmeldungen an die zuständigen Behörden im Herkunftsland geben. In Dänemark beispielsweise wird hierfür gerade eine gesetzliche Grundlage geschaffen.

 

Die ISN meint:

Der Aktionsplan ist ein weiterer dicker Brocken für deutsche Schweinehalter. Das gilt sowohl für den bürokratischen Aufwand als auch für den Verzicht auf das routinemäßige Schwänzekupieren. Es gibt aber auch positive Aspekte: Der Aktionsplan bringt Rechtssicherheit beim Nachweis der Unerlässlichkeit des Kupierens und er lässt das zwingend gebotene vorsichtige Herantasten an das Thema weiter zu.

Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden ist die Einbindung der Schweinehalter aus anderen Mitgliedsstaaten wichtig. Der Druck darf in der EU (besonders mit Blick auf den Süden und Osten) nicht allein bei den deutschen Schweinehaltern liegen. Aber auch in Deutschland darf es keinen Flickenteppich geben. Die nun wohl folgenden Erlasse anderer Bundesländer sollten sich sehr stark an dem aus NRW orientieren. Deutsche Schweinehalter sind gut beraten, den Aktionsplan nicht als Papiertiger zu sehen, sondern mit Ernsthaftigkeit anzunehmen und so den Spieß gegenüber den europäischen Mitbewerbern umzudrehen.


Wie der Aktionsplan im Detail aussieht, sehen Sie hier im Mitgliederbereich...

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