Reserveantibiotika in der Tiermedizin - ISN: Generelles Verbot ist nicht zielführend
Die Agrarministerkonferenz (AMK) in Bad Homburg hat auch zur Verwendung von Reserveantibiotika in der Tiermedizin einen Beschluss gefasst. Je nach Interpretation und Intention ist von einem Verbot oder von einer Einschränkung der Reserveantibiotika die Rede.
Während Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer das Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung bereits als beschlossene Sache verkündet, liest sich die AMK-Pressemeldung zur verhandelten Kaskadenregelung wesentlich differenzierter.
Die ISN zieht es vor, sich an den offiziellen Wortlaut der Agrarminister zu halten. Darin heißt es nämlich: Mit großer Sorge sähen die Mitglieder der AMK die zunehmende Herausbildung von Antibiotikaresistenzen in der Human- und Veterinärmedizin. Besonderes Augenmerk werde dabei auf die Verwendung bestimmter Reserveantibiotika gelegt. Wir haben den Bund gebeten, eine Liste zu erstellen, welche Antibiotika künftig nicht mehr oder nur noch in klar definierten Ausnahmefällen durch Tierärzte verabreicht werden dürfen. Das ist auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, die den überbordenden Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung sehr skeptisch bewerten
, wird die Vorsitzende der AMK, Hessens grüne Agrarministerin Priska Hinz zitiert. Damit werde sichergestellt, dass wesentliche Reserveantibiotika dem Einsatz beim Menschen vorbehalten werden.
In diese Richtung zielt auch eine Stellungnahme von Dr. Wilhelm Priesmeier, Tierarzt und SPD-Bundestagsabgeordneter. Unser Ziel ist es, den Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung auf das medizinisch unbedingt notwendige Mindestmaß zu verringern. Die Verwendung von Reserveantibiotika muss strikt beschränkt werden
, so der agrarpolitische Sprecher seiner Fraktion.
Die ISN meint
Es gibt keinen Zweifel an der Notwendigkeit, den Einsatz von Antibiotika zu verringern, um deren Wirksamkeit zu erhalten und Resistenzen vorzubeugen. Human- und Tiermedizin haben hier gleichermaßen Hausaufgaben zu erledigen. Wer glaubt, Haltungs- oder Managementfehler in der Tierhaltung durch Medikamente ‚beheben‘ zu können, handelt verantwortungslos. Allein: Ein generelles Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung ist nicht sinnvoll.
Die Maxime muss lauten: So wenig wie irgend möglich, so viel wie unbedingt nötig. Antibiotika sind Medikamente, die mit großer Vorsicht und Bedacht einzusetzen sind. Zur Therapie schwerwiegender bakterieller Erkrankungen müssen sie auch der Tierhaltung zur Verfügung stehen. Das gebietet der Tierschutz. Und das gilt in wichtigen Fällen auch für Reserveantibiotika.
Der Bundesverband praktizierender Tierhalter (bpt) hält ein pauschales Verbot von Reserveantibiotika übrigens für tierschutzwidrig und prognostiziert in einem solchen Fall einen Therapienotstand.