Schweden und der Kupierverzicht – Neue Videoreportagen ermöglichen Blick ins Ausland
Das Team des "Nationalen Wissensnetzwerks Kupierverzicht" hat sich mit einer kleinen Gruppe Fachexperten den Umgang mit dem Kupierverzicht in der Schweinehaltung in Schweden angeschaut. ©ISN, www.ringelschwanz.info
Während Deutschland und andere EU-Staaten nach wie vor intensiv über den Kupierverzicht und die Möglichkeiten der Einhaltung geltender EU-Rechtsvorschriften diskutiert, wird in einzelnen anderen EU-Ländern bereits seit Jahren nicht mehr kupiert – so auch in Schweden. Grund genug für das Nationale Wissensnetzwerk Kupierverzicht
sich nach der Finnland-Exkursion im vergangenen Jahr nun auch vor Ort in Schweden umzusehen.
Mit einer kleinen Gruppe aus Fachexperten in der Schweinehaltung aus verschiedenen Bundesländern hat sich das Projektteam in den Ställen umgesehen und wurde auch dieses Mal wieder von einem Kameramann begleitet. Eine dreiteilige Videoreportage veranschaulicht die Erkenntnisse.
Grundstein wird bereits bei Ferkeln gelegt
Wie auch in Deutschland schreibt das schwedische Recht eine Mindestsäugezeit von vier Wochen für die Ferkel vor. Die meisten Schweinehalter in Schweden gehen dort aber noch einen Schritt weiter und verlängern die Säugezeit auf fünf Wochen. Sie sind davon überzeugt, dass dies für eine stabilere Tiergesundheit sorgt und den Ferkeln nach dem Absetzen bessere Voraussetzungen beschert. Ein langer Trog im sogenannten Froby Pen
ermöglicht Sau und Ferkeln bereits in der Abferkelbucht gleichzeitiges Fressen und Saufen. So lernt der Nachwuchs die spätere Futter- und Wasseraufnahme direkt von der Muttersau. Einen Ferkelschutzkorb gibt es in dieser Abferkelbucht nicht.
Planbefestigte Flächen und Stroh in jedem Stall
In Schweden darf nur ein Teil der Bucht perforiert sein. Planbefestigte Flächen, die meist dünn mit Stroh eingestreut werden, sind Pflicht. Überdies hinaus steht im direkten Vergleich mit Deutschland etwas mehr Platz pro Tier zur Verfügung. Die meisten Landwirte legen das Stroh zweimal täglich frisch per Hand vor und nutzen dieses Ritual, um die Tiere zu beobachten und etwa kranke Tiere schneller zu erkennen. Der Kotbereich ist perforiert und in dem meisten Ställen mit einem Kontaktgitter zur Nachbarbucht versehen. Durch das natürliche Revierabgrenzungsverhalten der Schweine werden so Kot- und Harnabsatz in diesem Bereich zentriert. Stroh, das vom planbefestigten Bereich auf den perforierten Boden und in den Güllekanal gelangt, wird mit einem Schieber unter dem Spaltenboden entfernt.
Die Landwirte sind davon überzeugt, dass der planbefestigte Bereich dabei hilft, Schadgase aus dem Aufenthaltsbereich der Schweine fernzuhalten. Auch Systeme mit natürlicher Ventilation sind in Schweden etwas verbreiteter als in anderen EU-Ländern.
Kupierverzicht hat lange Tradition
Der Kupierverzicht ist in Schweden nicht nur fest etabliert. Vielmehr steht das Kürzen der Schwänze zur Vermeidung von Caudophagie für schwedische Schweinehalter gar nicht mehr zur Debatte, denn bereits vor dem offiziellen EU-weiten Verbot wurde in Schweden nur sehr wenig kupiert. So ist Schweden heute stolz auf seine heimische Schweinefleischerzeugung. Schlachthöfe bevorzugen meist den Traditionseber Hampshire als Vaterrasse und die Verbraucher kaufen bevorzugt schwedische Produkte ein.
Schauen Sie selbst hinein
Alle Stationen der Reise wurden, ganz im Sinne des Wissenstransfers, filmisch begleitet und in eine dreiteilige Videoreportage geschnitten. Die Videos können auf dem YouTube-Kanal von ringelschwanz.info (YouTube/ringelschwanzinfo5430) oder unter www.ringelschwanz.info/videos angesehen werden.
Projektnehmer und Kooperationspartner sind der Förderverein Bioökonomieforschung e.V. (FBF), die ISN-Projekt GmbH (ISN) und die IQ Agrar Service GmbH (IQA). Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert und wird im Rahmen der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz
in der Projektphase Wissen Dialog Praxis
durchgeführt. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).