Schweinepreisfindung in Deutschland: Quo vadis?
Die Preisempfehlung für Schlachtschweine der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) sorgt aktuell wieder einmal für Erstaunen. Viele Marktbeteiligte haben sich vor zwei Wochen die Augen gerieben und zunächst an einen Übertragungsfehler gedacht: Satte 13 Cent legte die Preisempfehlung der VEZG zu. In der vergangenen Woche musste man den Preis dann um 5 Cent nach unten korrigieren, da der überhöhte Preissprung nicht umzusetzen war.
Bei solchen Preissprüngen drängt sich die Frage auf, ob sich die Beteiligten ihrer Verantwortung für den Schweinepreis in Nordwest-Europa bewusst sind? Hält es eine Notierung auf Dauer aus, wenn sie in der einen Situation gnadenlos runter geprügelt wird und in der anderen Situation ebenso gnadenlos versucht wird, sie wieder hochzusetzen? Immer nur vor dem Hintergrund, dass noch eine alte Rechnung offen ist?
Mehr Fingerspitzengefühl gefordert
Um hier nicht falsch verstanden zu werden. Hier geht es nicht darum, dass man eine Marktsituation falsch eingeschätzt hat. Wer sich mit dem Thema Schweinemarkt beschäftigt und in seiner Markteinschätzung noch nicht danebengelegen hat, macht das noch nicht lange. Die aktuelle Kritik richtet sich gegen systematische Bauchentscheidungen. Hier sind sowohl die Grüne Seite, wie auch die Schlachter gefordert, mehr Fingerspitzengefühl zu zeigen.
LEH: Lachender Dritter
Lachender Dritter dürfte der Lebensmitteleinzelhandel sein, der sich den jeweils für ihn besten Preis aussuchen kann. In dieser Woche wird er sicherlich wieder mit sinkenden Preisen aus den Verhandlungen gehen wollen. Der dringend notwendige Preisanstieg für den Rohstoff Schwein wird sich unnötig verzögern.
Die ISN favorisiert eine am Markt orientierte Notierung, die die aktuelle Marktsituation kurzfristig und realistisch wiederspiegelt. Mit der geplanten Verschiebung des Notierungstermins ab dem 02. April 2014 ist zu befürchten, dass viele Melder am Mittwochmittag noch nicht in der Lage sein werden, eine gesicherte eigene Markteinschätzung abzugeben. Gerade Marktmeinungen außerhalb der Nordwestregion drohen damit verloren zu gehen, zudem steigt die Gefahr, dass man noch öfter mit der Einschätzung daneben liegt.
Preismelder: Enorme Verantwortung
Die Erzeugerseite steht angesichts der Konzentration auf der Abnehmerseite vor der Herausforderung, ihre Kräfte zu bündeln und sich den geänderten Marktsituationen anzupassen. Der Schweinemarkt funktioniert heute anders als vor 15 Jahren. Dass Änderungen dringend erforderlich sind, dürfte außer Frage stehen. Der VEZG-Preis ist die Leitnotierung im nordwesteuropäischen Raum, die kein Pendant und damit keinen adäquaten Ersatz hat.
Über diese enorme Verantwortung müssen sich alle Preismelder und auch der Vorstand der VEZG im Klaren sein. Ansonsten läuft die Notierung der VEZG Gefahr, ihre immense Bedeutung zu verlieren. Die Erzeuger hätten das Nachsehen und zahlen die Zeche.