Sögel-Schließung: Ein Politikum der niedersächsischen Sozialministerin auf dem Rücken der Schweinehalter
Niedersachsens Sozialministerin Dr. Carola Reimann verteidigt die beabsichtigte Schließung des Schlachthofs in Sögel. ISN: Hier soll ein weiteres Exempel an der Schlachtindustrie statuiert werden. Maßnahmen des Schlachthofs und sinkende Fallzahlen zählen scheinbar nicht. Ohne Skrupel werden die Schweinehalter mit in den Abgrund gerissen. Wie will die Ministerin das den Landwirten erklären?
Wurde der Weidemarkbetrieb in Sögel geschlossen, nur weil er ein Schlachtbetrieb ist? Würde man beispielsweise VW schließen, wenn es zu ähnlich überschaubaren Fallzahlen (72 Neuinfektionen in 7 Tagen bei 4179 Tests von Mitarbeitern) kommen würde? Beispielsweise haben Corona-Fälle bei einem Logistikdienstleister auf dem BMW-Gelände in München nicht zum Stopp der dortigen Produktion geführt. Aus unserer Sicht ist die vom Landkreis Emsland verfügte Schließung unverhältnismäßig. Man schließt einen für die Schweinehaltung systemrelevanten Betrieb und bringt damit eine ganze Berufsgruppe der Schweinehalter in eine Notsituation. Genau deshalb haben wir in einem offenen Brief an den Landrat des Kreises Emsland Marc-André Burgdorf gefordert, die Schließungsverfügung gegenüber dem Weidemark-Schlachthof in Sögel sofort wieder aufzuheben.
Sozialministerin Reimann unterstützt Schließung
Anders sieht das scheinbar die niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Dr. Carola Reimann, welche die Verfügung heute verteidigt hat. Ihr Statement auf der Internetseite ihres Ministeriums lautet: Die Schließung des Schlachtbetriebs der Tönnies-Gruppe in Sögel halte ich für eine richtige und notwendige Entscheidung des Landrates zur Eindämmung des Infektionsgeschehens vor Ort. Auch wenn die Folgen für die Schweinehalterinnen und -halter sehr ernst sind, hat in dieser schwierigen Situation der Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Betrieb und aller Bürgerinnen und Bürger des Emslandes Priorität. Vor diesem Hintergrund finde ich es empörend, dass der Konzern gerichtlich gegen diese Entscheidung vorgeht und damit demonstriert, dass er wirtschaftliche Interessen über den Gesundheitsschutz seiner eigenen Beschäftigten und der Bevölkerung des Landkreises stellt.
Welche Gefahr geht vom Schlachtbetrieb Sögel aus?
Angesichts der Tragweite für die Schweinehalter muss die Frage erlaubt sein, welche Gefahr geht denn überhaupt vom Schlachthof Weidemark in Sögel aus? Denn der Schutz der Bürgerrinnen und Bürger im Emsland wird ja schließlich auch als Hauptgrund für die angeordnete Schließung genannt. Ein Blick auf die Corona-Fallzahlen, die das Unternehmen veröffentlicht zeigt: In den sieben Tagen vom 1. bis zum 7. Oktober wurden unter den 4.179 Tests bei Mitarbeitern 72 Corona-Neuinfektionen ermittelt. Und die ermittelten Neuinfektionen unter den Schlachthofmitarbeitern sind deutlich rückläufig, so kamen am Dienstag noch neun und gestern nur noch drei Neuinfektionen dazu. Die Lage scheint also unter Kontrolle. Im Vergleich dazu sind die Fallzahlen im Landkreis kontinuierlich weiter angestiegen. Die umfassenden Vorsichtsmaßnahmen im Betrieb greifen also. So werden alle Mitarbeiter täglich durch einen Corona-Schnelltest vor dem Betreten des Geländes getestet. Positiv getestet Mitarbeiter kommen so erst gar nicht in den Betrieb.
Schließung ist ein reines Politikum
Aus Sicht der ISN handelt es sich bei der Schlachthofschließung in Sögel um ein reines Politikum. Was führt Ministerin Reimann im Schilde? Geht es um einen Feldzug gegen die Schlachtindustrie, bei dem die Gesundheit der Bürger vorgeschoben wird? Die Corona-Situation im Schlachtbetrieb scheint jedenfalls nicht so, dass man sie mit der konsequenten Weiterverfolgung der Vorsichtsmaßnahmen bei laufendem Betrieb nicht in den Griff bekommen würde – Im Gegenteil, Maßnahmen wirken schon längst! Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen dafür bestraft wird, dass es auf eigene Initiative viel untersucht und so auch logischerweise mehr findet
, schimpft ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack: Bei jedem anderen Großunternehmen hätte man bei gleicher Lage nicht mit Schließung reagiert. Hier darf man schon die Vermutung anstellen, dass einige Verantwortliche – allen voran Ministerin Reimann – in der Schlachtindustrie ein weiteres Exempel statuieren will. Schlimm, dass hier ohne Skrupel die Schweinehalter mit in den Abgrund gerissen werden.
Und worin soll denn eigentlich der Schutz für die Bevölkerung liegen? Im weiterlaufenden Betrieb würden die Mitarbeiter täglich kontrolliert, bevor es an die Arbeit geht – ab der Einstellung des Betriebes bewegen diese sich außerhalb der Corona-Kontrollen ganz normal inmitten der Bevölkerung. Das hört sich nicht gerade nach einem verbesserten Gesundheitsschutz für die Bevölkerung an, Frau Ministerin
, kritisiert Staack weiter: Deshalb kann es vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit nur einen Weg geben: Der Schlachthof muss in Betrieb bleiben! Frau Ministerin Reimann wird sicherlich noch einige Fragen beantworten müssen, wenn die mit dem Trecker angereisten Landwirte ihr vor ihrem Ministerium genau diese ganzen Fragen zur Verhältnismäßigkeit der Schließung stellen