Tönnies-Livestock - Viehhandelsbranche vor stürmischen Zeiten?
Es war ein Paukenschlag in der Branche: Tönnies, Deutschlands größter Schweineschlachter, steigt mit der Tönnies Livestock GmbH in den Viehhandel ein. Damit nicht genug: Um ein schlagkräftiges Team auf die Beine zu stellen, wurde fast die gesamte Mannschaft des Nutzviehzentrums der Westfleisch, mit ca. 2,4 Mio. vermarkteten Tieren Deutschlands größtem Ferkelhändler, verpflichtet.
In einem Interview berichtet der neue Livestock-Geschäftsführer Heiner Strömer von den Expansionsplänen des neuen Viehhandelsunternehmens, innerhalb kürzester Zeit sollen 20 Beschäftige angestellt werden.
Weitreichende Konsequenzen für Viehhandel und Erzeugergemeinschaften
Die Stimmung unter den Viehhändlern ist angespannt. Verschiedene Unternehmen empfinden den Schritt von Tönnies als Frontalangriff. Obwohl man jahrelang vertrauensvoll zusammengearbeitet habe und Tönnies sich immer für den freien Viehhandel bekannt habe, seien schon jetzt zahlreiche Lieferbeziehungen aufgrund des neuen Wettbewerbers in Frage gestellt. Bei der Westfleisch sieht man die Entwicklung ebenso kritisch. Von einer dreisten Abwerbeaktion ohne Beispiel
spricht man in einem Brief an die Geschäftspartner und Landwirte. Die Westfleisch erwartet nach eigenen Angaben weitreichende Konsequenzen für das Marktgleichgewicht und spricht sogar von einer unersättlichen Dominanz des Marktführers.
Deutsche Ferkel gefragt
In der Branche wird daher heiß über die Hintergründe diskutiert. Tönnies hatte erklärt, dass er mit der Gründung der Livestock GmbH den Anforderungen an kettenübergreifende Systeme %E2%80%A6 begegnen will
. Dies sei der Wunsch der Kunden im Lebensmitteleinzelhandel und der Verarbeitung. Hier darf durchaus die Frage gestellt werden, was man wirklich will: Den Anforderungen des LEH genügen oder Wettbewerber aus dem Markt drängen? Auch der Einstieg über das Ferkelgeschäft dürfte kein Zufall sein. Die Mitarbeiter der Westfleisch hatten gerade in Richtung ostdeutsche Großbetriebe dem Vernehmen nach einen guten Draht. Auch angesichts der wachsenden Nachfrage nach deutschen Ferkeln dürfte sich Tönnies mit diesem Schritt für die Zukunft den Rohstoff sichern wollen.
Schweinehaltung in Nordwestdeutschland vor massivem Umbruch?
Durch den Eintritt des Branchenprimus Tönnies steht jetzt aber das bisherige Geschäftsmodell der nordwestdeutschen Schweinehaltung vor grundlegenden Änderungen: Wird das Unternehmen Tönnies den freien Viehhandel in wenigen Jahren nur noch als Spediteur und für die Mengen an Schlachtschweinen benötigen, die den Grundbedarf übersteigen? Noch streitet man dies vehement ab.