Koalitionsvertrag: Haltungs- und Herkunftskennzeichnung kommt – aber auch viel Ordnungsrecht
Die drei Ampel-Parteien haben heute in Berlin ihren Koalitionsvertrag vorgestellt.
ISN: Die verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, so wie wir sie immer wieder gefordert haben, soll nun definitiv kommen. Aus der Sicht der Schweinehalter ist der Koalitionsvertrag trotzdem enttäuschend. Denn in Bezug auf die Weiterentwicklung der Tierhaltung zeigt er über die Kennzeichnung hinaus wenig Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten auf und stützt sich im Gegenteil stark auf das Ordnungsrecht.
Umbau der Tierhaltung in weiten Teilen unkonkret
Die Ampel-Parteien haben heute in Berlin ihren Koalitionsvertrag vorgestellt, der nun noch in den jeweiligen Parteien bestätigt werden muss. Bei der Vorstellung des Vertrages sprach der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck von einem Dokument des Mutes und der Zuversicht
. Aus Sicht der Schweinehalter müssen wir nach der ersten Durchsicht des Vertrages leider resümieren: In Bezug auf die Weiterentwicklung der Tierhaltung ist das Gegenteil der Fall! Zwar gibt es eine klare Aussage zur Absicht, eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung und eine umfassende Herkunftskennzeichnung einzuführen, was wir immer wieder gefordert haben und ausdrücklich begrüßen
, erläutert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Allerdings bleiben alle weiteren Vorstellungen zum Umbau der Tierhaltung und insbesondere auch zur Finanzierung äußerst vage und schwammig. Wenn es aber um Neuregelungen im Ordnungsrecht geht, werden die Koalitionäre äußerst deutlich und konkret.
Staack führt weiter aus: Während man in anderen Bereichen, wie z.B. der Fischerei oder dem Pflanzenbau, zumindest von Zukunftsstrategien oder Zukunftskommissionen spricht, ist bei der Nutztierhaltung kein Wort zu den Ergebnissen der Borchert-Kommission zu finden. Wir gehen aber trotzdem davon aus, dass diese nicht über Bord geworfen werden. Schließlich ist ein Umsetzung der verpflichtenden Haltungskennzeichnung im kommenden Jahr, wie es die Ampelparteien vorsehen, ohne das weit ausgearbeitete Borchert-Konzept zum Umbau der Tierhaltung gar nicht möglich.
Abbau der Tierhaltung durch Ordnungsrecht?
Wie sehr die designierten Koalitionäre scheinbar eine Reduzierung oder gar Abschaffung der Tierhaltung im Blick haben, zeigt sich auch daran, dass man pflanzliche Alternativen stärken und sich für die Zulassung von Innovationen, wie alternative Proteinquellen und Fleischersatzprodukte, in der EU einsetzen will. Auch die Absicht, die Emissionen aus Ammoniak und Methan unter Berücksichtigung des Tierwohls zu mindern, deutet auf das Ziel hin, Bestände abzubauen. Schwammig wird es dann, wenn es um für Tierhalter wichtige Punkte wie Planungs- und Investitionssicherheit geht – hier strebt man an, diese herzustellen. Man wolle die Landwirtschaft dabei unterstützen, die Nutztierhaltung in Deutschland artgerecht umzubauen. Dafür streben wir an, ein durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System, mit dessen Einnahmen zweckgebunden die laufenden Kosten landwirtschaftlicher Betriebe ausgeglichen und Investitionen gefördert werden, ohne den Handel bürokratisch zu belasten,
heißt es äußerst weich formuliert im Vertragsentwurf.
Dafür wird es aber beim Ordnungsrecht umso konkreter. Genannt sind u.a. die Einführung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Stallsysteme, das Schließen von Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung und eine Verbesserung des Tierschutzgesetzes (u.a. Reduzierung nicht kurativer Eingriffe), eine Verbesserung der Rechtsvorschriften zum Schutz von Bränden und technischen Störungen in Ställen, verschiedene Regelungen zum Tiertransport und der Schlachtung und die Überführung von Teilen des Tierschutzrechtes in das Strafrecht.
Fazit:
Auch wenn die von uns immer wieder geforderte verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung nun endlich kommen soll und auch wenn es am Ende auf die Details und die Ausgestaltung ankommt: Der Inhalt des Koalitionsvertrages ist für Schweinehalter überwiegend enttäuschend. Denn das Ordnungsrecht wird leider in den Vordergrund gestellt, dabei sind Schweinehalter heute schon mit den immer wieder neuen Auflagen überfordert – wie jüngst die ISN-Umfrage zur Zukunft der Schweinehaltung deutlich gezeigt hat. Richtigerweise spricht Robert Habeck bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages davon, dass das Höfesterben nach einer Änderung der Politik schreit. Aber doch nicht so, dass das Höfesterben noch beschleunigt wird. Schließlich geht es hier um Bauernfamilien und ihre Existenzen. Wenn an den fixierten Vorstellungen der designierten Koalitionäre nicht noch erheblich bei den Details und der Ausgestaltung gefeilt wird, um mit Augenmaß zu agieren, wird die Abwanderung der Schweinehaltung ins Ausland noch mehr beschleunigt, dabei sollte genau das verhindert werden. Genau daran wird man aber die Erfolge einer Koalition am Ende messen müssen.