WDR-Markt – Das war kein konstruktiver Journalismus zum Thema Antibiotikaeinsatz
Liebe WDR-Redaktion, das war nichts – Sie wollten konstruktiven Journalismus zeigen, heraus kam aber eine aus unserer Sicht in weiten Teilen einseitige Darstellung.
Sicher ist es nicht einfach, den komplizierten Sachverhalt Antibiotikaeinsatz/Resistenzen in wenigen Sendeminuten umfassend darzustellen, aber die verschiedenen Positionen so einseitig zu Wort kommen zu lassen, zeugt nicht von gutem redaktionellen Handwerkszeug.
Nichts dazu gelernt
Und Täglich grüßt das Murmeltier – dieses Gefühl haben die Schweinehalter einmal mehr. Durch die Diskussionen um dem Zeit-Artikel Die Rache aus dem Stall
hat sich kein Lerneffekt bei den Redakteuren in Bezug auf das Thema Antibiotikaresistenzen und Tierhaltung eingestellt. Die Redaktion von WDR-Markt tappte am vergangenen Mittwoch in die Antibiotikafalle
und reduzierte das Problem der resistenten Keime ab der ersten Sendesekunde auf die landwirtschaftlich assozierten Erreger. Die Humanmedizin und auch die großen Anstrengungen und Erfolge in der Tierhaltung wurden ausgeblendet. Dabei sind Landwirtschaft, Forschung und selbst die Krankenkassen schon viel weiter.
Passend zurecht geschnitten
Sechs Personen, Landwirte, Politiker, Pharmaindustrie und Tierärzte diskutierten eineinhalb Stunden vor laufender Kamera vielschichtig über das Thema. Doch warum? Im fertig geschnittenen 10-Minuten-Beitrag kam fast ausschließlich NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel zu Wort. Dieser präsentiert sich hilflos, was die Lösungssuche angeht. Ganz im Sinne seiner Wählerschaft. Außenreize, genug Platz am Trog und die Kennzeichnung von Fleisch, machte er unter anderem als Ansatzpunkte aus, um multiresistente Keime zu reduzieren – nach dem Motto: Ich bringe mal alles ins Spiel, was ich politisch durchsetzen will
.
Da passt es dann auch wunderbar ins Bild das die Diskutanten in weißen Kitteln im Halbkreis auf Strohballen vor dem Außenklimastall eines Naturland-Schweinehalters saßen, der angab in den vergangenen 25 Jahren lediglich sechs Schweine mit Antibiotika behandelt zu haben.
Herrn Remmel bieten wir als ISN einmal mehr an, sich lieber konstruktiv mit uns fachlich auszutauschen. Dem WDR sagen wir, es ist schon verwerflich landwirtschaftliche Vertreter – und damit die Gegenposition zum Minister – aus dem Beitrag ganz rauszuschneiden.
Wissen ausgeblendet
Es kann wohl kaum an Minister Remmel und dem WDR vorbeigegangen sein, das jene MRSA-Keime, die im Krankenhaus gefunden werden, je nach Untersuchung nur zu 0,8 bis 5% mit Tieren (auch Heimtieren) zu tun haben. Der Großteil stammt aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Die MRSA-Stämme aus der Tierhaltung sind zudem nicht für die schweren Krankheitsverläufe bei Menschen verantwortlich. Die Argumentation könnte noch weiter ausgeführt werden. Das heißt nicht, dass die Landwirte und Tierärzte sich der Verantwortung entziehen – im Gegenteil, sie arbeiten mit aller Macht an Lösungen und an der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes. Nicht in Ordnung ist, dass sie als Hauptschuldige ausgemacht werden, nicht in Ordnung ist, dass der Minister kein Wort über ihre Anstrengungen und Erfolge verliert.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer
Wir wollen aber nicht verschweigen, dass es auch gute Passagen gab. Christoph Selhorst, der sich einen halben Tag für das WDR Team Zeit genommen und ausführlich seinen Umgang mit Antibiotika erklärt hat. Wenigstens kam er zu Wort. Wer gedacht hat der WDR könnte es schaffen in zehn Fernsehminuten, das komplexe Thema Antibiotikaeinsatz und resistente Keime objektiv abzuhandeln und dann auch noch konstruktive Lösungsvorschläge für das Problem anzubieten, der hat sich einfach zu viel erhofft. Ein schöner Ansatz, der leider in diesem Fall der Verkürzung und einer redaktionell schwachen Leistung zum Opfer gefallen ist
, zieht Christoph Selhorst ernüchtert sein Fazit.