10.06.2022rss_feed

Chance auf hohe Margen? – Aufbereiteten Wirtschaftsdünger an Hobbygärtner vermarkten

Prof. Dr. Carsten Herbes, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Foto: Privat)

Prof. Dr. Carsten Herbes, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Foto: Privat)

Politisch ist ein Ausstieg aus dem klimaschädlichen Torfabbau zur Nutzung von Gartenerde besiegelt. Erst vor wenigen Tagen bekräftigte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), dass bis 2026 kein Torf mehr im Hobbyanbau verwendet werden soll. Ist die Suche nach Torfersatzstoffen eine Chance für die Vermarktung aufbereiteter Wirtschaftsdünger außerhalb der Landwirtschaft? Welche Anforderungen haben die Verbraucher? Ist die Aufbereitung für eine außerlandwirtschaftliche Verwertung wirtschaftlich? Diese Fragen beantwortete Prof. Dr. Carsten Herbes von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen am Beispiel von Gärprodukten in einem Webinar für das Praktikernetzwerk Wirtschaftsdünger.

 

Auch in privaten Gärten geht der Trend eindeutig weg vom Mineraldünger hin zum Naturdünger bzw. organischen Düngern. Zu den klassischen Naturdüngern im Handel zählen Guano, Hornspäne, Hornmehl und Kompost.

Auch aus festen Gärprodukten lassen sich Pellets oder Körner formen, die an Privatgärtner verkauft werden könnten. Die erzielbaren Kilogramm-Preise von Naturdüngern bei der Abgabe an Privatgärtner bewegen sich auf dem Niveau des Tonnagepreises für die landwirtschaftlichen Verwertung. Im Vergleich lockt dieses hohe Preisniveau mit einer deutlich höheren Marge, erklärt Prof. Herbes und dämpft die Erwartungen sogleich: Die Direktvermarktung von Naturdüngern ist sehr marketingintensiv und etwas für Spezialisten.

 

Bis zu 70% Mehrzahlungsbereitschaft für umweltfreundliche Produkte

Die Anforderungen und Zahlungsbereitschaften der Hobbygärtner hat Prof. Herbes im Jahr 2019 in einer Studie zusammengetragen. Es ist erstaunlich, wie uninformiert und unstrukturiert Hobbygärtner in ihrer Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Produkt sind, meint Herbes. Da keine Recherche vor dem Kauf stattfinde, seien die Informationen auf der Packung, das Aussehen und das Gefühl ausschlaggebend.

In Käufergruppen mit einer starken umweltfreundlichen Einstellung lösen laut Prof. Herbes Labels wie Bio und Torffrei oder auch der Hinweis aus nachwachsenden Rohstoffen eine hohe Mehrzahlungsbereitschaft aus. Bis zu 70% mehr zahlt diese Gruppe für ein umweltfreundliches Produkt im Vergleich zum Basisprodukt. Interessant: Ein Hinweis auf der Verpackung, dass ein Naturdünger als Rohstoffbasis Reststoffen einer Biogasanlage beinhaltet, führte zu einem Preisabschlag von Seiten der potenziellen Kunden. Biogasanlagen werden durch die Kunden gedanklich mit Vermaisung in Verbindung gebracht, erklärt Herbes.

 

Wirtschaftlichkeit steht und fällt mit Wärmekonzept

Welche Aufbereitungsverfahren für Gärprodukte wirtschaftlich tragbar sind, erläuterte Prof. Herbes im Anschluss: Die Wirtschaftlichkeit vieler Verfahren steht und fällt mit einem schlüssigen Wärmekonzept und der damit verbundenen Restwärmeverfügbarkeit.

Das galt schon vor der Ukrainekrise. Die aktuell stark gestiegenen Energiepreise bedeuten bei 10 bis 20 % Strombedarf je nach Verfahren eine deutliche Verteuerung der Aufbereitung. Gleiches gilt für die Anlagentechnik, da die Hersteller aufgrund stark schwankender Rohstoffpreise ihre Angebote nur für wenige Wochen aufrechterhalten.

 

Fazit: Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen bleibt für Prof. Herbes die Vermarktung von Gärprodukten als Naturdünger definitiv eine Option. Einer regionalen Vermarktung an Privatgärtner und lokale Gartencenter räumt Prof. Herbes die besten Chancen ein: Spielen Sie die regionale Karte. Das ist kein Selbstläufer, sondern sehr aufwendig. Aber so haben Sie die Chance von den hohen Margen zu profitieren.

Über das Praktikernetzwerk Wirtschaftsdünger

Das Praktikernetzwerk Wirtschaftsdünger hat die Verbesserung der Nährstoffbilanz in der Modellregion Oldenburger Münsterland im Fokus. In dem im Jahr 2019 gestarteten Netzwerk von Fachexperten, Wissenschaftlern und natürlich Landwirten erfolgt ein intensiver Austausch über verschiedene Separations- und Aufbereitungsmethoden, sowie über weitere Aspekte rund um das Thema Wirtschaftsdünger. Es geht um Erfahrungsaustausch und Information sowie um Hilfestellung für Tierhalter in der Frage der Nährstoffverwertung in den Betrieben.

 

Das Praktikernetzwerk Wirtschaftsdünger wird durch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz gefördert und durch die Stiftung Gewässerschutz Weser-Ems unterstützt. Projektpartner sind das Landvolk Vechta, das Landvolk Cloppenburg, das Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland und die ISN-Projekt GmbH.

 

Ausführliche Informationen zum Praktikernetzwerk, den Veranstaltungen sowie zur Gülleaufbereitung und Separationstechnik finden Sie unter: www.wirtschaftsduenger.info


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