Zukunftskommission Landwirtschaft gestartet – ISN: Keine Zeit verlieren und auf vorliegenden Ergebnissen aufbauen
Die Zukunftskommission Landwirtschaft kam gestern im Bundeskanzleramt in Berlin zu ihrer Auftaktsitzung zusammen. Unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern und verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren, wie z.B. Umwelt-, Tierschutz- und Verbraucherverbänden, soll die Kommission bestehende Zielkonflikte in der Landwirtschaft lösen und praxistaugliche Empfehlungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft erarbeiten. Am Treffen nahmen u.a. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze teil.
ISN: Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die verschiedenen Beteiligten an einen Tisch kommen und über die Fragen zur Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland beraten. Das gilt aber nur, wenn die Gespräche auf den Ergebnissen der bereits für die Schweinehaltung umfassend geführten Diskussion – z.B. im Rahmen der Borchert-Kommission – aufbauen. Schweinehalter benötigen schnell Planungssicherheit und Perspektive und haben keine Zeit mehr, noch lange darauf zu warten. Je länger das dauert, desto mehr Schweinehalter geben in Deutschland auf.
Hintergrund der Zukunftskommission
Die Einsetzung der unabhängigen Regierungskommission war ein wesentliches Ergebnis des Agrargipfels im Dezember 2019, zu dem die Kanzlerin und Bundesministerin Klöckner rund 40 landwirtschaftliche Verbände eingeladen hatten. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Strohschneider sollen die 31 Mitglieder der Kommission aus den Bereichen Landwirtschaft, Wirtschaft und Verbraucher, Umwelt und Tierschutz sowie Wissenschaft nun einen Ausgleich zwischen den Interessen schaffen. Ziel ist es, dabei zu unterstützen, die bestehenden Zielkonflikte zwischen einer wirtschaftlich tragfähigen Lebensmittelproduktion und Klima- und Umweltschutz sowie zwischen Preisbewusstsein und steigenden Verbrauchererwartungen aufzulösen.
Gremium soll an Vorarbeiten ansetzen
Zielkonflikte lösen, statt Alles-oder-Nichts-Forderungen und Schwarz-Weiß-Debatten zu führen - das ist das Anliegen von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. In ihrem Ministerium wird die Geschäftsstelle der unabhängigen Zukunftskommission angesiedelt sein. Das Gremium fängt nicht bei Null an, Vorarbeiten durch die Borchert-Kommission oder durch das Bundeslandwirtschaftsministerium in Sachen Ackerbaustrategie und Förderung von Tierwohlställen liegen auf dem Tisch und werden zur Diskussion gestellt.
Julia Klöckner betonte bei dem gestrigen Treffen: Wir müssen uns aber klar darüber werden, dass höhere Standards Geld kosten, das kann nicht alleine durch die Familienbetriebe in der Landwirtschaft getragen werden. Unsere Landwirte stehen jeden Tag im Wettbewerb mit Importware, die teilweise unter niedrigeren Produktionsstandards erzeugt wurde und deshalb kostengünstiger ist. Nach wie vor schaut die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher bei Lebensmitteln auf den günstigeren Preis. Was nicht aufgehen wird: Die eine Seite fordert und die andere Seite muss umsetzen. Die gesicherte Versorgung mit Lebensmitteln, familiengeführte Betriebe vor Ort, die von ihrer Arbeit verlässlich leben können, und mehr Ressourcenschutz: Diese Anliegen dürfen sich nicht ausschließen, sie müssen gleichberechtigt berücksichtigt werden in der Debatte.
Agrarpolitiker der Union fordern neuen Gesellschaftsvertrag
Angesichts einer sich vertiefenden Kluft zwischen der Landwirtschaft und ihrem gesellschaftlichen Umfeld sprachen sich die Agrarsprecher von CDU und CSU Ende vergangener Woche für einen neuen Gesellschaftsvertrag aus. Für einen neuen gesellschaftlichen Konsens müssten Leitbilder entwickelt werden, an denen sich Landwirtschaft und Agrarpolitik der Zukunft orientieren könnten, heißt es in der verabschiedeten Hannoverschen Resolution
. Ferner müssten die Mehrkosten beziffert werden, die aus der Umsetzung gesellschaftlich mehrheitsfähiger Leitbilder resultierten. Außerdem müssten Finanzierungs- und Vertragsmodelle entwickelt werden, die landwirtschaftlichen Betrieben die Erbringung von Gemeinwohlleistungen erlaubten und Planungssicherheit böten.
Die Agrarsprecher der Union plädieren in der Resolution dafür, Konzepte für eine soziale Flankierung veränderter Produktionsstandards auszuarbeiten und den Rechtsrahmen für die Umsetzung des neuen Gesellschaftsvertrags zu setzen, um eine gesellschaftlich akzeptierte Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen.
Die ISN meint:
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Vertreter aus Umwelt-, Tierschutz- und Verbraucherverbänden sowie Wissenschaft und Politik mit den Vertretern der Landwirtschaft an einen Tisch kommen und über die Fragen zur Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland beraten. Der Start der Zukunftskommission darf allerdings nicht dazu führen, dass alles bisher Erarbeitete wieder in Frage gestellt wird. So hat das Borchert-Papier für eine nationale Nutztierstrategie bereits eine breite Zustimmung gefunden. Hier muss es jetzt zügig weitergehen! Die Problemlage der Schweinehalter liegt schon lange klar auf der Hand – Es müssen jetzt Rahmenbedingungen her, damit die Schweinehalter die Anforderungen, die an sie gestellt werden, in ihren Betrieben auch umsetzen können. So werden die Fristen aus der Novelle der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zum Umbau der Sauenhaltung schon bald anlaufen, sobald die Verordnungsänderungen von der EU notifiziert und verkündet worden sind. Je länger es dauert, Klarheit bzgl. der weiteren Rahmenbedingungen zu schaffen und für akzeptable Rahmenbedingungen für eine praktikable Umsetzung in den Betrieben zu sorgen, desto mehr Betriebe werden bis dahin aufhören. Hier dürfen nicht mit immer neuen Diskussionsrunden und Gremien weitere Monate oder gar Jahre verstreichen