Agrarminister: Sauen sollen länger in Gruppen gehalten werden
Bei der Agrarministerkonferenz Ende März wurde erneut über die Haltung der Sauen im Deckzentrum (Thema Kastenstand) diskutiert. Zuvor haben bereits die Amtschefs der Länder und eine länderoffene Arbeitsgruppe das Thema vorbereitet. Die Minister waren sich einig, dass Sauen zukünftig den Großteil ihres Lebens in Gruppenhaltung verbringen sollen. Dazu soll die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geändert werden.
Viele Diskussionen um das für Sauenhalter elementare Thema
Als Vorbild für die umfangreich und intensiv diskutierten Alternativen dienten die in Dänemark, den Niederlanden und Österreich gesetzlich verankerten Modelle. Die Gruppierung der Sauen muss dort je nach Variante direkt nach dem Absetzen oder nach dem Ende der Rausche erfolgen. Noch völlig unklar ist, was genau zukünftig in Deutschand umgesetzt werden soll. Zentraler Diskussionspunkt bleiben die Übergangsfristen. Denn das Thema hat große Sprengkraft, die Auswirkungen einer überhasteten Umsetzung auf den Strukturwandel wären in der deutschen Sauenhaltung massiv. Diskutiert werden derzeit verschiedene Varianten als mögliche Haltungssysteme. Dabei ist von der Gruppenhaltung mit Fress-Liege-Buchten, die während der Rausche und Besamung für maximal 10 Tage verschlossen werden dürfen bis zu einer Variante , in der die Sau an nur wenigen Tagen hintereinander bis zu zweimal täglich zur Stimulation und Besamung für 30-60 Minuten fixiert werden kann, alles dabei.
Brisanz erkannt? Übergangsphasen von bis zu 20 Jahren?
Eine Umstellung vom Kastenstand auf die Gruppenhaltung erfordert deutlich mehr Platz pro Sau und zumeist umfangreiche Umbaumaßnahmen bis hin zu erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz. Bei dem Umbau in bestehenden Gebäude wäre also eine Abstockung der Tierzahlen nötig. Um die Tierzahlen beibehalten zu können, müssten die Ställe erweitert werden, was zumeist aufgrund der bestehenden Zielkonflikte kaum möglich ist.
Die Arbeitsgruppe hat auch einen Vorschlag zu den Übergangsphasen formuliert, der mit 10+5+5
betitelt wurde. Demnach werden möglicherweise verschiedene Phasen gesetzt. Aktuell steht im Raum, eine Übergangsphase von 10 Jahren bis zur Umsetzung der Niederländischen Lösung
zu setzen. Diese besagt, dass die Sau nach dem Absetzen max. 10 Tage im Kastenstand verbringt. In einer weiteren Phase von 5 Jahren soll die deutsche Lösung
implementiert werden, die in Anlehnung an das dänische Modell eine Haltung der Sauen im Kastenstand für maximal 5-10 Tage vorsieht. Für Härtefälle soll eine zusätzliche Phasenverlängerung von 5 Jahren (insgesamt also 20 Jahre) gewährt werden.
Verordnungsänderung – auch zum Abferkelbereich?
In ihrem vorläufigen Bericht schlägt die länderoffene Arbeitsgruppe vor, dass auf Basis der skizzierten Eckpunkte eine konkrete Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erarbeitet werden solle. Angekündigt wurde bereits auch, in diesem Zusammenhang ebenfalls das Thema Ferkelschutzkorb anzupacken. Die Agrarminister haben die Arbeitsgruppe aufgefordert, auch hier entsprechende Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Ziel ist es auch hier die Fixierungsdauer der Sauen zu minimieren.
Die ISN meint:
Die nächste Agrarministerkonferenz ist im September – eine Woche nach der Bundestagswahl. Es gibt bis dahin also noch reichlich zu tun für die für dieses Thema extra eingerichtete Arbeitsgruppe. Trotzdem: Die rege Betriebsamkeit zeigt, dass die Minister erkannt haben, dass das kurzfristige Umkrempeln des Deckzentrums auf Druck des Magdeburger Urteils, ohne die Umsetzung seitens der Landwirte zu ermöglichen, die ferkelerzeugenden Betriebe in Deutschland um Kopf und Kragen bringen wird. Um langfristige Planungssicherheit zu bieten, ist es richtig über ganzheitliche Haltungskonzepte und somit auch über den Abferkelstall zu sprechen. Das erklärte Ziel – die Fixierungsdauer der Sauen zu minimieren, ist gerade auch im Abferkelbereich nicht von heute auf morgen machbar. Hier braucht es ebenfalls sehr lange Übergangsfristen. Ansonsten droht wie gesagt ein gewaltiger Strukturbruch in der deutschen Ferkelerzeugung. Und das ist keine Schwarzmalerei, sondern ein leider realistisches Szenario.
Für alle bestehenden Ställe sollten daher ausreichende Übergangsfristen von mindestens 20 Jahren angesetzt werden, damit Landwirte den verbesserten Tierschutz auch hierzulande Schritt für Schritt umsetzen können. Denn wenn Sauenhalter aufgrund überhasteter Umsetzungsanordnungen massiv aussteigen und die Ferkelproduktion in andere Länder abwandert, wird dem Tierschutz ein Bärendienst erwiesen. Wichtig ist in dem Zusammenhang, überhaupt betriebliche Entwicklungen (also Um-, An- und Neubauten von Ställen) zu ermöglichen und umwelt- und baurechtliche Hürden abzubauen.