Herausforderung Schweinevermarktung – Von der Lebendviehannahme zum Rund-um-Service
Herausforderung Schweinevermarktung – Von der Lebendviehannahme zum Rund-um-Service
– darüber referierte Christoph Hüsing, Geschäftsführender Vorstand der Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland eG beim ISN-Dialogforum anlässlich der ISN-Mitgliederversammlung im Juni in Münster. Wir haben ihm im Nachgang noch einmal fünf zentrale Fragen zu den Veränderungen und Herausforderungen bei der Ferkel- und Schweinevermarktung gestellt:
Herr Hüsing, in den vergangenen Jahren hatte die deutsche Schweinehaltung verschiedene Krisen zu verkraften. Ferkelerzeuger und Mäster stiegen in einer dramatischen Größenordnung aus und auch die Viehbestände sind auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Wie haben Sie sich als Viehvermarkter auf diesen Schrumpfungsprozess eingestellt? Und welche Folgen ergeben sich daraus für die Strukturen in der Schweinevermarktung in Deutschland?
Hüsing: Im täglichen Handeln mit unseren Mitgliedern und Kunden ist genau diese Stimmung auch zu verzeichnen bzw. die Fragen über Stückzahl-Reduzierungen, Umbauten, Investitionen oder auch Betriebsaufgaben sind aktuell die Schwierigsten. Es gibt in dieser Hinsicht kein Patentrezept, sondern nur Lösungen die betriebsindividuell zu sehen sind.
Vorweg ist die Frage zu stellen, warum geben landwirtschaftliche Betriebe auf? Die jeweilige Ertragslage und finanzielle Situation sind selbstverständlich die ausschlaggebendsten Gründe. Oftmals oder hieraus resultierend liegen in den Bereichen Hofnachfolge, die Zukunftsausrichtung bzw. Umstrukturierung des eigenen Betriebes und den behördlichen Hürden und Regularien weitere Treiber des Schrumpfungsprozesses. Auch an diesen Punkten setzen wir an und stehen unseren Mitgliedern zur Seite.
Wir müssen Wege, d.h. auch Vermarktungsmöglichkeiten für den einzelnen Betrieb schaffen und anbieten. Die Visierung von Markenfleischprogrammen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Um dem künftigen Betriebsleiter oder Hofnachfolger gerecht zu werden, versuchen wir ihn bei möglichst vielen Baustellen zu unterstützen – die entsprechenden Maßnahmen hierfür bündeln sich teilweise in unserem Dienstleistungspaket.
Für uns als EZG steht neben allen Maßnahmen für die Betriebe allerdings natürlich unsere eigene Entwicklung hin zu einer regionalen, starken Erzeugergemeinschaft, die durch die Verschmelzung Ende 2022 aus zwei gesunden Unternehmen, künftig weiterhin auf alle Herausforderungen mit einer gewissen Schlagkraft reagieren kann.
Christoph Hüsing von der Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland auf dem ISN-Dialogforum in Münster ©ISN
Von der Lebendviehvermarktung um Rund-um-Service hieß es im Titel Ihres Vortrages. Welche Dienstleistungen bieten Sie als Viehvermarkter an?
Hüsing: An dieser Stelle lohnt es sich aufzuzählen, anstatt jeden Bereich zu erörtern:
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- Vermarktung von Schweinen, Ferkeln, Groß- und Nutzvieh einschließlich der Optimierung von Preisen und anderen Vermarktungskonditionen
- biologische sowie betriebswirtschaftliche Auswertungen (Stallprofi App)
- Bündler im Bereich QS und ITW, Auditvorbereitung und Dokumentationshilfe
- Unterstützung im Bereich Kupier-Verzicht; Teilnehmererklärung
- Entwicklung und Umsetzung von HACCP Konzepten, auch speziell im Bereich Ferkelerzeugung
- Tiertransport
- Teilnahme an unserer Futterausschreibung
- Unterstützung der Schadnager-Bekämpfung inkl. Kostenübernahme
- Angebot an Schulungsmaßnahmen
- Neben der einzelbetrieblichen Beratung bauen wir weitere Dienstleistungen stetig aus
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Tierwohl, Nachhaltigkeit, Transportdauer, 5 X D etc. – welches sind die Topanforderungen an die Schweinehaltung der Zukunft? Vor welchen Herausforderungen stehen Sie dabei als Viehvermarkter?
Hüsing: Meiner Meinung nach werden zwei Anforderungen prägend sein: Auf der einen Seite eine möglichst 100%ige Tiergesundheit. Auf der anderen Seite eine dahinterliegende, möglichst vielseitige Haltung der Tiere, individuell ausgestaltet nach dem entsprechenden Programm, der Marke bzw. somit je nach Abnehmer. Hierzu wird dann auch der CO2-Fußabdruck der jeweiligen Schweinefleischerzeugung zählen.
Wir als Viehvermarkter müssen diesem Blumenstrauß möglichst effizient gerecht werden, da der Kosten- und Wettbewerbsdruck beim Produkt Fleisch national und international sehr hoch ist und auch wohl bleiben wird. Für unsere landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch uns als Erzeugergemeinschaft steht dabei im Fokus, die passenden Fachkräfte für uns zu gewinnen. Der hohe Anspruch sowohl in der Tierhaltung und angelagerten integrativen Wertschöpfung kann nur durch ein starkes Team bewerkstelligt werden.
Wird nach Ihrer Ansicht die Erzeugerkette Schweinefleisch analog zu Geflügelfleisch noch stärker zusammenrücken und sich hin zu einer stärkeren vertikalen Integration bewegen?
Hüsing: Die Frage formuliert es richtig - ich glaube, dass dieses Zusammenrücken
stattfindet. Wir stellen es bereits seit geraumer Zeit fest. Wir sind selber Teil davon und wir benötigen diese starken Wertschöpfungsketten, um Fleisch deutschen Ursprungs zu erhalten. Die vertikale Integration ist dabei ein Mittel der Wahl und wird in unserem Weg von bäuerlicher Seite aus getragen und gelenkt. Ich denke, dass für viele landwirtschaftlichen Betriebe entscheidend ist, aus welcher Perspektive die notwendigen Rahmenbedingungen für integrativere Unternehmensgeflechte vorangetrieben werden.
Wie sehen Sie die Marktchancen für deutsches Schweinefleisch angesichts immer höherer Anforderungen und damit immer höherer Erzeugungskosten?
Hüsing: Mit entsprechendem Einsatz behalten die strukturstarken Regionen, somit auch viehstarke Regionen Deutschlands, meiner Meinung nach immer ihre Chancen. Um sich weniger Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schlachtschweine bzw. des Schweinefleischs zu machen, wäre eigentlich eine Grundvoraussetzung, dass wir europaweit angeglichene Standards für die Haltung der Tiere und Produktion fleischlicher Lebensmittel hätten.