Meyer im Taz-Interview – Voller Eigenlob und Wahlkampfplattitüden

Eigenlob stinkt bekanntlich – und im Rahmen des Niedersächsischen Landtagswahlkampfs stinkt es derzeit gewaltig. Klar, im Wahlkampf muss jede Partei ihre eigenen Vorzüge herauskehren – das ist normal und trägt zur Meinungsbildung bei. Das, was der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer jedoch am Wochenende in einem Interview gegenüber der taz verlauten ließ, stinkt aus Sicht der ISN jedoch ganz besonders zum Himmel. Dabei geht es nicht nur um das Eigenlob, sondern vielmehr auch darum, dass der Minister in seiner Wortwahl in Wahlkampfplattitüden vergangener Jahre zurückfällt. ISN: Minister Meyer muss endlich klar sagen, was er will – Will er Tierhaltung weiterentwickeln oder herunterfahren?

Niedersächsischer Landwirtschaftsminister Christian Meyer

Meyer auf dem Weg zurück zu alten Wahlkampfplattitüden?

Was wir am Wochenende in der Tageszeitung Taz lesen mussten, war harter Tobak und dürfte für viele Tierhalter und ihre Familien wie Hohn geklungen haben. Es geht um ein Interview von Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer in dem er ganz im Wahlkampfmodus für seine Leserschaft auf eine Frage zum Stand der Agrarwende antwortet: Als ich ins Amt kam, waren noch Hunderte von Mastställen in Niedersachsen geplant, jetzt haben wir drei Millionen weniger Puten und Hühner, die Verbringung von Mist und Gülle wird besser kontrolliert, und wir haben die schlimmsten Quälereien, die Amputationen, beendet. Aber es muss noch viel getan werden. Jetzt geht es darum, wirklich artgerechte Ställe zu machen und Freilandhaltung durchzusetzen. Ich bin froh, dass auch viele Landwirte anerkennen, dass wir uns um sie kümmern und mit ihnen gemeinsam ihre Tierschutz- und Umweltschutzleistungen honorieren wollen. Auf die bevorstehende Landtagswahl bezogen führte Minister Meyer weiter aus: Diese Landtagswahl entscheidet über die Zukunft der Landwirtschaft. Geht es wieder zurück in Masse, billig und Weltmarkt, oder schaffen wir die Wende zu einer Landwirtschaft der Zukunft. Dazu brauchen wir eine andere Verteilung der Agrarförderung. Wir wollen, dass kleine und mittlere Betriebe mehr bekommen, wir wollen ökologische Landwirtschaft und das Tierwohl fördern, wir wollen durch eine bessere Kontrolle der Gülleausbringung unsere Gewässer und das Grundwasser sauber bekommen, und wir wollen, dass die landwirtschaftlichen Böden möglichst in Bauernhand sind – und nicht in der Hand von fremden Investoren, die Landgrabbing betreiben. Dadurch legen wir uns durchaus mit der Massentierhaltungsindustrie, großen Schlachtkonzernen, dem agrarindustriellen Komplex an.

Weiterentwicklung oder Abriss der Tierhaltung - Minister Meyer muss endlich Stellung beziehen

ISN meint:

Also ist seit seinem Amtsantritt des grünen Ministers alles besser geworden? Das scheint wohl eine Frage der Perspektive zu sein. Sind 1.200 Schweinehalter, die in den letzten 4 Jahren ihren Betrieb aufgeben mussten, oder 21 % weniger Ferkelerzeuger in Niedersachsen in nur vier Jahren wirklich ein Erfolg? Oder ist die Ausweitung der Bürokratie und des Ordnungsrechts, sowie die größere Zahl an Kontrolleuren ein Erfolg? Das alles hat zumindest dazu geführt, dass aktuell die Stimmung unter den Schweinehaltern mies und die Verunsicherung groß ist – insbesondere bei den Ferkelerzeugern und (insbesondere) bei den kleinen und mittleren Familienbetrieben. Jegliche Weiterentwicklung in der Schweinehaltung wird so gelähmt. Das lässt für den weiter bevorstehenden Strukturwandel in Niedersachsen schlimmes ahnen und genau diesen wird sich der Minister dann auf die Fahnen schreiben lassen müssen – als Erfolg? Gerade jene bäuerlichen Familienbetriebe, die der Minister mit seiner sanften Agrarwende eigentlich schützen wollte, sind die ersten Opfer. Wo sind denn bitteschön konkret die praktikablen Lösungen und Entwicklungsperspektiven für die Breite der schweinehaltenden Betriebe in Niedersachsen? Wohin und vor allen Dingen wie sollen Schweinehalter Ihre Betriebe denn angesichts der Zielkonflikte weiterentwickeln? Welche Zielkonflikte wurden denn in den vergangenen Jahren (u.a. durch die Aktivitäten des interministeriellen Arbeitskreises) tatsächlich gelöst? Beim Verzicht auf das Kupieren der Schwänze ist man, anders als der Minister es darstellt, bei aller Anerkennung der gesammelten Erfahrungen in einigen Betrieben mit wenigen Tieren von generellen Lösungen für die Betriebe noch meilenweit entfernt. Beim Verzicht auf die betäubungslose Kastration steuern wir angesichts nicht ausreichender Lösungen in Deutschland auf einen Crash zu. Und so könnte man die Aufzählung fortführen … Um es klarzustellen: Die konstruktiven Diskussionen im Tierschutzplan, im interministeriellen Arbeitskreis und auf verschiedenen anderen Ebenen sind richtig und wichtig – die sollte der Minister aber nicht durch unbedachte Wahlkampf-Äußerungen über Bord werfen. Minister Meyer muss endlich klar sagen, was er will. Will er die Tierhaltung in Niedersachsen weiterentwickeln und Niedersachsen als Agrarland Nummer 1 erhalten oder will er die Agrarwirtschaft in Niedersachsen herunterfahren? Wenn der Minister zu den Tierhaltern in Niedersachsen steht, muss er endlich der Normenkontrollklage seiner Parteikollegen aus Berlin eine klare Absage erteilen. Dieses Thema vor der Wahl auszusitzen geht nicht, Herr Meyer.