NRW-Ringelschwanzprojekt: Neue Daten mahnen zum behutsamen Vorgehen
In der vergangenen Woche wurden die neuesten Zahlen aus dem NRW-Ringelschwanzprojekt im Rahmen einer Veranstaltung auf Haus Düsse veröffentlicht.
Während unter intensiver Beratungsbegleitung im ersten Durchgang gut 50 % der Schweine in 15 Betrieben es mit völlig unversehrtem Ringelschwanzprojekt bis zum Mastende schafften, lag der Anteil im zweiten Durchgang in neun Betrieben bei unter 40 %.
Zielmarke 95 % noch in weiter Ferne
Der zweite Durchgang des nordrhein-westfälischen Ringelschwanzprojektes zur Umsetzung der NRW-Erklärung zum Kupierverzicht ist abgeschlossen und ausgewertet. Während im ersten Durchgang in 15 Betrieben noch 73,1 % der unkupierten Schweine nach der Ferkelaufzucht und 53,6 % nach der Mast einen unversehrten Ringelschwanz hatten, lagen die Erfolgsquoten im zweiten Durchgang in neun Betrieben lediglich bei 51,4 % nach der Aufzucht und 38,8 % nach der Mast. Damit wurde die selbst gesetzte Zielmarke von 95 % nicht einmal annähernd erreicht. Von den insgesamt 24 Durchgängen in den Betrieben waren mit diesem Maßstab nur sechs im grünen Bereich. Nur ein einziger Betrieb schaffte den Erfolg zweimal.
Ursachen vielfältig – Maßnahmen mit Wirkung
Die Ursachen für das Schwanzbeißen waren vielfältig und zum Teil erst im Nachhinein erkennbar. Störungen in der Fütterung, Mykotoxine, Güllerühren und die Reiniung im Nachbarabteil wurden u.a. als Ursachen angeführt. Als ein positives Ergebnis der Untersuchung zeigte sich, dass der Beginn des Schwanzbeißgeschehens (in der Regel ab der zweiten/dritten Woche der Ferkelaufzucht) durch gezielte Maßnahmen (z.B. Beschäftigung, offene Tränken und intensive Tierbetreuung) deutlich herausgezögert werden konnte . Positiv ist auch, dass die Betriebe bei einem Ausbruch des Schwanzbeißens mit den Maßnahmen die Kontrolle über das Geschehen zurückerlangen konnten.
Remmel: Eine Blaupause gibt es nicht
NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel kommentierte in einer Pressemeldung die Ergebnisse folgendermaßen: Eine Blaupause wird es jedoch nicht geben, weil die Haltungsbedingungen in den Betrieben sehr unterschiedlich sind. Jeder Landwirt und jede Landwirtin sollte zunächst mit einer kleinen Gruppe unkupierter Tiere beginnen und sich dazu fachkundigen Rat holen
. In der Meldung heißt es weiter: In der dritten Projektphase soll von Oktober 2016 bis Ende Mai 2017 das Pilotprojekt auf circa 50 Praxisbetriebe ausgeweitet werden mit der REWE-Group als weiterem Projektpartner. Der Lebensmittel-Einzelhandel spielt eine wichtige Rolle bei der Preisgestaltung und Vermarktung und ist somit in ökonomischer Hinsicht ein wichtiger Schlüssel für mehr Tierschutz in der Tierhaltung. Unser Ziel muss eine Schweinehaltung sein, die das Schwänzekürzen überflüssig macht
, sagte Minister Remmel.
Die ISN meint:
Die nun veröffentlichten Zahlen geben kein Anlass zur Euphorie in Sachen Kupierverzicht. Sie unterstreichen einmal mehr, wie wichtig eine behutsame Herangehensweise an das Thema ist. Nicht zu vergessen ist bei den ganzen Ergebnissen, dass es sich immer nur um kleinere, überschaubare Anzahlen unkupierter Schweine in den Betrieben handelte. Eine Übertragung auf die gesamte Tierzahl in den Betrieben, würde den Schwierigkeitsgrad noch einmal weit erhöhen.
Trotzdem: Die Schweinehalter, Berater und Tierärzte haben sich – nicht nur in NRW – mit viel Energie auf den Weg gemacht, das Thema intensiv zu beackern und voranzukommen. Ein steiniger Weg, auf dem es nur in kleinen Schritten vorangeht. Es bestätigt sich: Wer hier zu stark auf das Tempo drückt, der riskiert einen Totalschaden. Das haben inzwischen auch die Landesagrarminister weitgehend erkannt