25.07.2022rss_feed

Özdemir kündigt Haltungskennzeichnung an – ISN: Weiterhin nur Light-Version

Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung kündigt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) die Einführung der staatlichen Haltungskennzeichnung an.

Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung kündigt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) die Einführung der staatlichen Haltungskennzeichnung an.

Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) bekennt sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zur Tierhaltung in Deutschland und verspricht: Die Tierhaltungskennzeichnung kommt, darauf könnten sich die Landwirte verlassen. Beim Thema Finanzierung gibt Özdemir unverblümt zu, dass es bei der FDP noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten gibt.

ISN: Schön und gut, dass Minister Özdemir den Schweinehaltern sein Wort gibt und die verlässliche Einführung der Haltungskennzeichnung zusichert. Doch selbst wenn das Kennzeichen wie angekündigt kommt, bleibt es eine abgespeckte Light-Version, die zentrale Bereiche wie den Außer-Haus-Verzehr ausspart. On top zählt neben der Haltungs- auch die Herkunftskennzeichnung – und zwar beim Ferkel angefangen.

 

Die anfänglichen Hoffnungen, die auf Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gesetzt wurden, sind bei vielen Landwirten inzwischen Enttäuschung und Frustration gewichen. Statt wie angekündigt den Umbau der Tierhaltung voranzubringen, scheint der Minister wichtige Entscheidungen nur zögerlich voranzubringen. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) bekennt sich Özdemir nun zur Tierhaltung in Deutschland und gibt den Tierhaltern sein Wort, dass die Haltungskennzeichnung verlässlich eingeführt wird. Das Kennzeichen kommt, die Bauern können sich darauf verlassen, wird Özdemir von der NOZ zitiert. Die Kennzeichnung befände sich bereits in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung.

 

Verlässliche Finanzierung notwendig

Auf die noch ungesicherte Finanzierung angesprochen, verweist Özdemir auf die eine Milliarde Euro als Anschubfinanzierung. Das sei genug, um auf den Startknopf zu drücken im Bereich der Schweinehaltung. Klar sei aber auch, dass nicht nur für den Umbau der Ställe eine Finanzierung gebraucht werde, sondern auch für die laufenden Mehrkosten, die tierhaltende Betriebe haben, wenn sie auf mehr Tierschutz setzen. Özdemir selbst sei offen, wie man bessere Tierhaltung finanzieren werde.

 

FDP muss noch überzeugt werden

Anders sieht es der Koalitionspartner FDP, der alle von der Borchert-Kommission vorgeschlagenen Finanzierungmodelle ablehnt und laut Özdemir noch überzeugt werden müsse, dass wir auch künftig gutes Fleisch aus Deutschland auf den Tisch bekommen. Özdemir findet gegenüber der NOZ deutlich Worte: Wer weiterhin Fleisch von hier will, muss die heimische Tierhaltung zukunftsfest machen, sonst gibt es sie bald nicht mehr. Wer dann Fleisch isst, bekommt es aus dem Ausland importiert. Das kann auch die FDP nicht wollen.

 

Rechtlicher Rahmen für Stallumbau kein Problem?

Auf den Hinweis, dass beim Umbau der Tierhaltung nicht nur die Finanzierung, sondern auch der rechtliche Rahmen für den Umbau der Ställe fehle, erklärt Özdemir, da sei man dran Die Gespräche mit dem Umwelt- und dem Bauministerium laufen. Das ist nicht das Problem. Der große Wurf könne nur gelingen, wenn die Finanzierung gesichert sei, betonte der Minister mit einem erneuten Seitenhieb in Richtung FDP: Wer jetzt noch blockiert, nimmt weder Rücksicht auf die Landwirtinnen und Landwirte noch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher, denn die wollen Transparenz und bessere Tierhaltung. Und der Klima- und Tierschutz wird gleich mitabgewürgt.

 

Die ISN meint:

Schön und gut, dass Minister Özdemir den Schweinehaltern sein Wort gibt und die verlässliche Einführung der Haltungskennzeichnung zusichert. Bisher bleibt es allerdings bei Ankündigungen und Allgemeinplätzen, denn noch hat der Entwurf zur Haltungskennzeichnung noch nicht einmal die Verbändeanhörung passiert. Selbst wenn das Kennzeichen wie angekündigt kommt, hakt es nicht nur bei der Finanzierung, mahnt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Natürlich muss das Ganze bezahlt werden, aber Stand jetzt bleibt die Kennzeichnung eine sparsame Light-Version, die zentrale Bereiche, wie zum Beispiel den Außer-Haus-Verzehr ausspart, kritisiert Staack. Zur Erinnerung: Die ISN hat frühzeitig kritisiert, dass die staatliche Haltungskennzeichnung, so wie sie vorgestellt wurde, lediglich genau für die Absatzwege und Fleischprodukte verpflichtend wird, die mit wenigen Ausnahmen so oder so bereits über die Haltungsform des Handels gekennzeichnet sind. Daran hat sich inhaltlich nichts getan. On top bleiben weiter wichtige Punkte offen. Wie passt dazu die Herkunftskennzeichnung? Wie wird die Sauenhaltung miteinbezogen?, so Staack weiter.

Auch wenn der Minister die Probleme der Schweinehalter erkennt und die heimische Tierhaltung zukunftsfest machen will, ist für die Schweinehalter bis dato noch nichts dabei herumgekommen, zieht Staack sein Resümee. Entscheidend ist, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium nochmal einmal nacharbeitet. Und natürlich müssen auch die anderen Parteien ihren Beitrag leisten, sei es die FDP in puncto Finanzierung oder die SPD im Bereich Bauen, fordert Staack und führt aus: Es ist keinesfalls so, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Stallumbau kein Problem seien. In der Praxis stellt sich dies ganz anders dar. Zwar laufen dazu auf verschiedenen Ebenen Gespräche und NRW hatte dazu bereits von einigen Monaten einen Antrag im Bundesrat eingebracht, jedoch hat man im Bundeslandwirtschaftsministerium dieses Thema erst mal weit nach hinten geschoben. Staack fordert: Wenn die Ampelparteien nicht bald ihre Hausaufgaben machen, wird es bald keine Schweinehalter mehr geben, die den Umbau der Ställe mitgehen – Die Ausstiegswelle ist in vollem Gange. Hier braucht es schon mehr als Sonntagsreden und Plattitüden!


Özdemir stellt Entwurf zur Haltungskennzeichnung vor – ISN: Erster Schritt mit zu vielen Schlupflöchern

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