Tönnies: Höhere Abzüge mit neuer Ebermaske - Eber am Ende der Fahnenstange?
Tönnies passt seine Abrechnungsmaske für unkastrierte Schweine zum 10.07.2017 an. Das hat das Unternehmen am Anfang der Woche bekannt gegeben. Damit will Tönnies nach eigenen Angaben dem vor allem in den letzten Monaten stark gestiegenen Angebot an Jungebern in der Schlachtung Rechnung tragen. Eine Änderung der Bewertung der Masteber im Einkauf ist daher erforderlich
, so der Wortlaut der Unternehmensmitteilung.
Neue Maske dreht an mehreren Stellschrauben
Mit der neuen Maske will das Unternehmen offenbar den Einkaufspreis für Masteber spürbar senken. Um das zu erreichen, wird bei der neuen Maske gleich an mehreren Stellschrauben gedreht. Für verschiedene Teilstücke wird weniger gezahlt. Beispielsweise werden Lachse über 6 kg nur noch mit 3,4 anstatt 3,5 Punkten bewertet. Auch der Schinken verliert, d.h. es gibt noch 2,6 Punkte im optimalen Gewichtsbereich von 16,5 bis 20 kg (vorher 2,7). Die Punktzahl für Bäuche über 60 % BFL reduziert sich ebenfalls um 0,1 auf 1,7 Punkte, während sich die Punktzahl von 57 bis 59,99 % auf 1,6 erhöht. Gleichzeitig verlieren die fetten Bäuche mit 0,9 Punkten in der Bewertung.
Auch die Gewichtsgrenze verschiebt sich mit einer Obergrenze im Optimalbereich von zukünftig 103 kg. Über 103 kg wird künftig 1 Indexpunkt je kg Abweichung vom Optimalbereich abgezogen. Sehr schmerzhaft für die Lieferanten ist auch die Senkung der Systemgrenze von max. 1,05 Punkten auf 1,03 Punkte.
Auszahlungspreise sinken spürbar
Erste Kalkulationen zeigen eindeutig, dass die Folgen für die Bewertung gravierend sein dürften. Durchschnittliche Eberpartien dürften bei dem aktuellen Preisniveau rund vier bis fünf Euro je Tier verlieren.
Marktdominanz wird ausgenutzt
Wie auch die letzte Änderung der Ebermaske im Februar 2016 erfolgt die Ankündigung der Änderung wieder einmal kurzfristig. Einen Vorlauf, sich auf die angepassten Bedingungen einzustellen, haben die Ebermäster so gut wie nicht. Auch Vermarktungsalternativen gibt es für die Masteber faktisch kaum. Tönnies nutzt also seine Marktdominanz, die speziell für Masteber noch weitaus größer ist als bei Mastschweinen allgemein, schamlos aus. Wieder einmal zeigt sich, dass die von Tönnies großspurig verkündete Abnahmegarantie eben noch lange keine Preisgarantie ist.
Eberschlachtung: Tönnies auf der Bremse?
Dass Tönnies bei der Eberannahme so stark auf die Bremse tritt, ist darüber hinaus ein deutliches Signal für einen begrenzten Markt für Eberfleisch. Nach der letzten Anpassung der Ebermaske im Februar 2016 betonte das Unternehmen noch, nicht auf der Bremse, sondern nur
auf der Kupplung zu stehen. Die jüngste Maskenänderung ist jedoch eindeutig. Ist das Eberboot Deutschland voll? Ein Bekenntnis der roten Seite zur verlässlichen bzw. sogar größeren Eberabnahme sieht anders aus.
Bemühungen um weitere Alternativen zur Ferkelkastration dringend nötig
Gleichzeitig rückt der Tag des gesetzlich verankerten Verzichts auf die betäubungslose Ferkelkastration unaufhaltsam näher. Die Bemühungen um jede weitere Alternative zur Umsetzung müssen daher dringend weiter verfolgt werden, um den drohenden Strukturbruch in der Schweinehaltung zu verhindern.