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Schweinestau  wurden  aber  auch  fast  1  Mio.  bzw.  etwa  ein  Drittel   getriebenen  Einschränkungen  in  Rheda-Wiedenbrück
          weniger  Schlachtschweine  lebend  importiert  (vor  allem  aus  den   waren der Auslöser des Schweinestaus, der sich bis
          Niederlanden  und  Belgien).  Außerdem  konnte  aufgrund  des   zum  Jahresende  auf  über  eine  Million  Schweine
          Schweinestaus ein Teil der Schweine, die bereits 2020 schlachtreif   ausdehnte.  Auch  der  Tönnies-Standort  in  Sögel  war
          waren, erst 2021 geschlachtet werden.                      über  Wochen  stark  eingeschränkt.  Für  das  laufende
          Insgesamt schlachteten die Top 10-Schlachtunternehmen 82,2 % aller   Jahr  lässt  das  weitere  Steigerungen  im  Marktanteil
          Schweine  in  Deutschland.  Vor  einem  Jahr  lag  der  Anteil  noch  ca.   erwarten,  sollten  sich  die  Corona  bedingten
          80,4 %.  Bei  einigen  mittelständischen  Unternehmen  kam  es  zu   Einschränkungen nun in Grenzen halten.
          Zusammenschlüssen. Die Konzentration in der Schlachtbranche hat   Das Unternehmen Tönnies musste 2020 lediglich einen
          also weiter zugenommen.                                    moderaten  Umsatzrückgang  von  3  %  hinnehmen,
                                                                     welcher  größtenteils  auf  die  etwa  9  %  niedrigeren
          Höhere Kosten durch Pandemiebekämpfung                     Schweinepreise   im   Vergleich   zum   Vorjahr
          Durch  die  Corona-Pandemie  stiegen  die  Kosten  aller  Schlacht-  zurückzuführen  war.  Das  Unternehmen  plant  weiter
          unternehmen, auch derer, die nicht direkt von Corona-Infektionen bei   international zu expandieren, beispielsweise sollen in
          Ihren  Mitarbeitern  betroffen  waren,  deutlich  an.  Corona-Tests,   Spanien und China Schlachthöfe errichtet werden.
          Hygienematerial  und  weitere  vorbeugende  Maßnahmen  gegen
          Corona-Infektionen  (z.B.  geringere  Bandgeschwindigkeiten  zur   Vion zurück auf Platz 2
          Gewährleistung  der  Mindestabstände)  sind  hier  beispielhaft  als   Den zweiten Platz im Schlachthofranking holte sich das
          Kostenblöcke zu nennen. Außerdem geriet die gesamte Branche durch   niederländische  Schlachtunternehmen  Vion  zurück,
          punktuell  stark  auftretende  positive  Corona-Tests  bei  Schlachthof-  nachdem es diese Position erst 2019 an die Westfleisch
          mitarbeitern  unter  enormen  medialen  Druck.  Dies  hat  in  letzter   abgegeben  hatte.  Mit  7,6  Mio.  in  Deutschland
          Konsequenz auch das Verbot von Werkverträgen für diesen Sektor   geschlachteten  Schweinen  konnte  das  Unternehmen
          befeuert. In der Folge war Personal noch knapper verfügbar und die   seine Jahresschlachtmenge im Vergleich zum Vorjahr
          Personalkosten stiegen.                                    stabil  halten.  Auch  Vion  war  durch  die  Corona-
          Ein weiterer Rückschlag war Anfang September der erste Fund der   Pandemie  von  deutlichen  Einschränkungen  an
          Afrikanischen Schweinepest bei einem Wildschwein in Deutschland.   einzelnen  Schlachthöfen  betroffen,  konnte  dies  aber
          Durch die unmittelbare Sperrung fast aller wichtiger Drittlandsexporte   offensichtlich  über  seine  in  Deutschland  verteilte
          entfielen  damit  wichtige  Erlösquellen.  Gerade  für  den  Absatz  der   Schlachthofstruktur  auffangen.  Vions  Marktanteil
          Nebenprodukte  wie  Öhrchen,  Pfötchen  und  Schwänzchen,  die   steigerte  sich  um  0,5  %  auf  14,3  %.  Während  die
          hierzulande kaum nachgefragt werden, sind die Drittlandsmärkte von   Unternehmenseinheit  Food  Service,  die  den  Außer-
          großer Bedeutung.                                          Haus-Bereich  bedient,  stark  von  den  Lockdown-
                                                                     Beschränkungen betroffen war, lief die Retail-Schiene
          Niedrigere Erzeugerpreise                                  im  Lebensmitteleinzelhandel  umso  besser.  Der
          Auf der anderen Seite fielen die Schlachtschweinepreise dramatisch.   Jahresgewinn  der  gesamten  Unternehmensgruppe
          So notierte die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und   (Niederlande,  Deutschland,  Belgien)  wurde  im
          Fleisch im März 2020 noch 2,02 €/kg Schlachtgewicht, während es im   Vergleich zum Vorjahr mit 52,9 Mio. € fast verdoppelt.
          Dezember 2020 nur noch 1,19 €/kg Schlachtgewicht waren. Mit diesen
          günstigen Einkaufspreisen dürfte es vielen Schlachtunternehmen ganz   Westfleisch knapp dahinter auf Rang 3
          im Gegensatz zu den Schweinehaltern gelungen sein, das Jahr 2020   Das   genossenschaftliche   Schlachtunternehmen
          finanziell  erfolgreich  zu  bewältigen,  wie  beispielsweise  die   Westfleisch  verzeichnete  im vergangenen  Jahr einen
          Jahresbilanzen von Vion und Westfleisch zeigen.            Rückgang der Schlachtmengen um 3 % auf 7,47 Mio.
                                                                     Schweine. Auch Westfleisch hatte mit Einschränkungen
          Tönnies weiter an der Spitze                               der  Schlachthofkapazitäten  durch  die  Corona-
          Im  vergangenen  Jahr  schlachtete  das  Unternehmen  Tönnies  in   Pandemie  zu  kämpfen.  Beispielsweise  musste  der
          Deutschland  16,3  Mio.  Schweine  -  etwa  400.000  Tiere  bzw.  2,4 %   Westfleisch-Schlachthof in Coesfeld als erster größerer
          weniger als 2019. Damit war der Rückgang weniger stark als der des   Schlachthof  im  Mai  2020  vorübergehend  pausieren.
          gesamten Marktes und Tönnies konnte seinen Marktanteil um 0,3 %   Weil  der  Rückgang  der  Jahresschlachtmengen  im
          auf 30,6 % steigern. Das ist bemerkenswert, denn immerhin war der   Unternehmen ähnlich groß war, wie der Rückgang des
          größte Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück (mit ca. 130.000   gesamten  Marktes,  blieb  der  Marktanteil  unverändert
          Schweineschlachtungen  pro  Woche)  nach  zahlreichen  positiven   bei 14 %. Der Jahresüberschuss des Unternehmens fiel
          Corona-Tests bei Mitarbeitern ab Mitte Juni für vier Wochen komplett   mit 8,1 Mio. Euro etwa 2,6 Mio. Euro geringer aus als
          geschlossen.  Und  auch  danach  war  dort  der  Schlacht-  und   im Vorjahr.
          Zerlegebetrieb für weitere 18 Wochen stark reduziert. Gerade die auch
          im Nachhinein betrachtet in hohem Maße von politischen Machtspielen

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